So.., nachdem das alles schon fast nicht mehr wahr ist kommt dann auch von mir noch was.
Mein erster Eindruck war: Was ein riesiger bzw. langer Griff!
Das Messer ist mit seiner Kupferzwinge und 163 g auch ziemlich schwer, deutlich schwerer als alle meine anderen Santokus bis auf das Twin Cermax und das Wüsthof Ikon, die als Vollintegrale mit Micarta-Griffschalen 202 g bzw. 181 g auf die Waage bringt.
Alle anderen liegen zwischen 100 g und 136 g.
Es kam hier wirklich sehr scharf an, hatte mich gleich mal ordentlich an der Ago geschnitten.
Die Schneidfase war damals ziemlich groß, die Höhe betrug rechts zwischen 0,4 und 1,04 mm, links war´s ähnlich.
Der gesamte Anschliff war sehr ungleichmäßig auf beiden Seiten, warum werden wir noch sehen, dies ist dem Hersteller anzulasten und hat nichts mit vorausgegangenem Schärfen zu tun.
Auch die Klingenstärke schwankt über die gesamte Länge und Höhe ständig und verläuft nicht linear zu- oder abnehmend.
In der Kehlansicht erscheint das Messer lasertypisch extrem dünn ausgeschliffen, isses aber nich..
Der Schliff ist am Kehl dünner als am ganzen Rest der Klinge.
Meßwerte: über Wate 1 cm über Wate
Kehl 0,24 0,65
+2 cm 0,34 0,94
Mitte 0,36 0,93
vorderes Drittel 0,34 0,97
ca. 2cm vor Spitze 0,24 0,84
Aua.., aber von den Werten her immer noch besser als real.
Die Klinge hatte dermaßen viele High- und Lowspots fröhlich über beide Klingenseiten oben(nicht so schlimm) und unten(ziemlich Sch..) verteilt, sowas liefert man normalerweise nicht aus.
Man sieht das auch schön an den Damastseitenlagen die teilweise in die Schneidlage laufen und teilweise richtig weit weg sind.
Hier wurde anscheinend nach schlampiger Vorarbeit beim Schmieden der Schliff soweit angepasst, daß wenigstens überall die Schneidlage den tiefsten Punkt bildet und nicht die Seitenlagen.
Das Ergebnis kann man sich denken
Kleiner Auszug aus meinen damalige Notizen:
Ein Messer das mich, zumindest in dem Zustand, in dem es bei mir angeliefert wurde, doch etwas ratlos dastehen lässt.
Hier wäre ein komplettes Ausdünnen/Angleichen der Flanken auf den ersten paar cm über der Wate und Setzen einer neuen, kleinen Schneidfase angebracht, wenn es eines von meinen wäre.
Ich hatte dann mit maddin zusammen ein paar Testkarotten geschnitten, noch mit dem Kamo Shinko Seilan AS Santoku als Vergleich und wir haben uns angeschaut und beide gesagt "nö, das ist garnix".
Abends nochmal eine Mahlzeit zubereitet, regelmäßig bei höherem Schnittgut stecken geblieben, da war die Sache für mich eigentlich erledigt, mit sowas muß ich mich nicht eine Woche rumquälen (ja, ich weiß, ich bin verwöhnt..Ruhe!).
Da ich ja, ich meine nach dem ersten Review, angeboten hatte das Messer bei Bedarf auszudünnen, kam es dann auch dazu.
War dann doch deutlich langwieriger als geplant, nicht weil das Material schwer auszudünnen ginge, es war eher das Gegenteil der Fall, aber die vielen Lowspots (die natürlich meist auf der anderen Seite als Gegenpart einen Highspot hatten) direkt über der Wate haben das Ganze doch mächtig erschwert, es sollte ja schon noch mit der Schneidlage geschnitten werden.
Links waren deutlich mehr Lowspots als rechts.
Verwendete Steine:
Shapton Pro 120/Chosera Disk 320/King Hyper 1000/Yotoishi 1200/ Aotoishi 2000/Slurry vom 2000er Aotoishi/Zielinsky Putzstein.
Kurzum, ich mußte 4 mal Schlittschuh laufen und quasi wieder weiter vorne anfangen um die Ausgangsgeometrie zu erhalten und das ganze halbwegs vernünftig auf die Reihe zu kriegen.
Zudem sollte die Schmiedehaut und Oberflächenstruktur erhalten bleiben und das Messer hinterher wieder in etwa so aussehen wie vorher.
Dazu habe ich die Schmiedehaut und die rauhen Bereiche mit starkem Klebeband abgeklebt beim Ausdünnen, danach mit Löskaffeebrühe + einem Schuß weißem Essig patiniert, die Schmiedehaut sollte sich ja nicht auflösen.
Dann mit Stahlwolle 000 abgerieben und nochmal in die selbe Brühe.
Danach mit dem Suehiro Rika 5000 eine schöne kleine Schneidfase gesetzt, dann Snowwhite 8000, Abzug auf Naniwa Superstone 12000 + Abzug auf Naturleder.
Ergebnis: Ein völlig anderes Messer, das um ein Vielfaches besser schneidet.
Die Standzeit scheint laut Aussagen des Besitzers immer noch nicht so toll zu sein, aber wenigstens schneidet es gut.
So und nun die Bilderflut:
vorher (kleine Fehlstelle)
vorher
Nach Shapton Pro 120
Nach Shapton Pro 120, man sieht schön die Ungleichmäßigkeit des Originalanschliffs bzw. die High- und Lowspots
fertig mit 120er
links fertig vermutl. mit Chosera 320
links vor Patinierung
rechts nach Chosera 320
rechts vor Patinierung
links, der Schliff ist gerade, auch wenn´s nicht so aussieht, man sieht schön die Unregelmäßigkeiten
1. Patinieren
rechts
links
rechts nach Stahlwolle 000
links nach Stahlwolle 000
links nach 2. Patinieren
rechts nach 2. Patinieren
Leider habe ich die ganzen Zwischenschritte nach dem 320er Chosera nicht mehr fotografiert, das war zuviel rumgesaue und ich hatte auch ehrlichgesagt keinen Nerv mehr dazu.
Das Ganze war schon eine ziemliche Gratwanderung immer an der Grenze zum Overgrind oder auch mal mittendrin, wenn auf einmal auf der Rückseite nichts mehr da war.
Ende gut, alles gut.
Gruß Jürgen