Post by Gabriel on Oct 5, 2016 22:10:58 GMT
Moin,
wieder ein Review (Juni 2015) aus dem Archiv, diesmal über ein damals heiß diskutiertes Messer, das Yoshiaki Fujiwara Kato 240 Ho Gyuto "Workhorse":
...viel wurde über das Messer in den letzten Monaten hier diskutiert... "Kann ein so dickes Messer wirklich gut schneiden?"... "Ist es einfach nur ein gehyptes mittelmäßig verarbeitetes Messer?"... "Welcher Stahl ist es denn nun?"... sind nur einige immer wieder auftauchende Fragen.
Auch wenn ich in der Vergangenheit eher ein Fan der "Laser" ware, geht die Tendenz bei mir immer mehr hin zu eher geometrisch ausgeglichenen Messern mit guten Food-Release-Eigenschaften. Deshalb hat mich das Kato Workhorse Gyuto interessiert, seit ich das erste Mal davon gehört habe. Ich musste es einfach haben....
Nur das Problem mit der Verfügbarkeit... die einzigen Messer in den letzten paar Monaten, die Maksim vorrätig hatte, waren entweder Sujihikis oder ein 210er Gyuto Aber ich wollte unbedingt auf ein 240iger warten und letzte Woche war es soweit und ich konnte (vermutlich durch Glück, Zufall, ...) eins ergattern.
Gestern konnte ich es endlich entgegen nehmen und so sieht es nun aus
Zunächst fielen die extrem schlichte Verpackung (schwarzer Karton ohne Kanji etc.) und die Tatsache auf, dass das komplette Messer in einer dicken Schicht Fett eingerieben ist. Das sorgte zunächst für Verwirrung, aber immerhin kam es so gut vor Rost geschützt bei mir an
Nach Entfernen des Fetts kam ein sehr anständiges Finish zum Vorschein, dass den Namen "Workhorse" im verarbeitungstechnischen Sinne eigentlich garnicht verdient. Es ist - und das überrascht mich selbst - ein wirklich schönes Messer. Klingenfinish sehr gut, Griffverschluss perfekt, Klingenrücken sauber geschliffen und Kehl ebenfalls relativ gut gearbeitet. Die beidseitige Kanji ist tatsächlich die zweitschönste (nach meinem Gesshin Honyaki Suji) die ich bisher gesehen hab.
Nicht ganz 100%ig ist das Grifffinish. Das Ho-Holz ist typischerweise nicht sehr glatt und stellt die Fasern bei Feuchtigkeit auf. Ich persönlich mag diese Haptik. Wer nicht, sollte lieber zu einem Kato mit anderem Griffmaterial greifen. Das Griffende ist der bedeutendste Makel, der mir jetzt bisher aufgefallen ist. Hier werde ich wohl nochmal kurz mit Schleifleinen bei gehen. Dramatisch finde ich das nicht (Fehler im Klingenfinish würden mich eher stören).
Vollzeit-Finish-Fanatikern würde ich in der Preisklasse eher andere Messer empfehlen. Mein Sakai Takayuki Syousin Sakura Kirisuke Gyuto beispielsweise ist, was das Finish angeht, doch deutlich vorne zu sehen, insbesondere was den Griff angeht. Wenn man jetzt den gewissen Nachfrage-Angebot-JNS-Faktor rausrechnet könnte man die beiden Messer relativ auf gleicher finanzieller Ebene sehen. Daher halte ich den Vergleich durchaus für fair.
Das Kato wirkt dank seines Gewichts und auch seiner Abmaße (die angegebenen Maße von Maksim/ JNS kommen aber recht gut hin bei meinem) recht groß. Das Gefühl es in der Hand zu haben ist schwer zu beschreiben. Heute mittag hatte ich wohl geschrieben "wie ein Schwert" und ich finde das trifft es auch. Hier ein paar Vergleichsbilder mit der sonstigen 230-250mm Gyuto/Kochmesser-Riege:
(von oben nach unten: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Herder 1922 230 Kochmesser Carbon, Hiromoto AS 240 Yo-Gyuto mit Ätzung und Griff von Wabocho, Koraat 1.3505 Custom Gyuto, Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
Die Klingenstärke des Kato's nimmt dabei spürbar in Richtung der Spitze ab. Hier im Vergleich zwischen Kehlbereich und Spitze zu sehen...
Die Geometrie kann durchaus als "einzigartig" beschrieben werden. Ich hatte bislang jedenfalls noch kein Messer mit einem ähnlichen Schliff in der Hand (ok, mein einziges Shigefusa ist auch ein Mukimono, vielleicht wäre hier sonst Ähnlichkeit...). Trotz der Klingenstärke ist die Schneide über die komplette Länge nagelgängig. Nicht so sehr wie mein Syousin Sakura aber doch schon spürbar.
Heute Abend gab es - wie auch im Kono HD-Kurzreview schon beschrieben - eine bunte Schnippelsession. Dran glauben (mit dem Kato habe ich etwas mehr getestet...) mussten eine Gurke, Fenchel, Staudensellerie, weiche Tomaten, frischer Knoblauch, Zwiebeln, Schalotten, Schafskäse, harte große Möhren und junge kleine Möhren und ein älterer Kohlrabi.
Die Auslieferungsschärfe war sehr gut, man konnte also gleich loslegen.
Das Kato liegt für Größe und Gewicht überraschend gut und ausbalanciert in der Hand. Der Balancepunkt ist ziemlich genau 2,5-3cm vor dem Kehl. Ich habe versucht unterschiedliche Schnitttechniken bei unterschiedlichem Schnittgut auszuprobieren und muss wirklich sagen... das Messer hat in keinster Weise meine doch sehr hohen Erwartungen enttäuscht, ganz im Gegenteil
Druckschnitt funktioniert sehr gut, auch zum Wiegen und Choppen ist das Messer dank seines etwas bauchigen Profils im vorderen Bereich und dennoch dem ausreichenden "sweet spot" hinten ebenfalls geeignet. Bei dem Gewicht des Messers ist das natürlich ein etwas anderes Gefühl beim Choppen als mit einem Laser. Der Kraftaufwand liegt beim Kato da eher im Anheben und weniger im Schnitt. Durch das meiste Schnittgut fällt die Klinge einfach durch dann...
Aber die wahre Stärke, insbesondere beim Möhren schneiden, zeigt das Kato IMHO beim Zugschnitt. Da der vordere Klingenbereich doch spürbar dünner ausgeführt ist als hinten, lassen sich somit auch sehr dicke und widerspenstige Möhren gut zerteilen.
Aprospos Möhren... ja, das Kato kann auch Möhren diverser Art und Größe schneiden, und das "knackfrei"
Allerdings kommt es ein wenig darauf an wie man es macht. Im reinen Druckschnitt mit dem hinteren Bereich der Klinge kann es schon mal knacken. Mit dem vorderen und mitteleren Bereich lassen sich aber sehenswerte Resultate erzielen.
Um wieder den Vergleich mit dem Syousin Sakura heranzuziehen (da es grad frisch ist bei mir)... Möhren schneiden mit dem Kato macht mir persönlich da mehr Spaß, auch wenn sich das Syousin auch nicht schlecht schlägt. Aber hier machen sich eben doch die spürbar besseren food release-Eigenschaften des Kato's bemerkbar. Ja, manche Dinge kleben etwas an der Klinge und ich hatte vielleicht auch schon ein oder zwei Messer mit noch weniger Klebwirkung, insgesamt würde ich das aber definitiv als eine der Stärken des "Workhorse" ansehen.
Die Reaktivität ist auf mittlerem bis etwas hohem Niveau würde ich sagen. Wobei ich auch hier relativieren muss. Das Messer bildet schnell eine Patina, ja. Allerdings sind die Reaktionen, die Verfärbung am Schnittgut und der entsprechende Geruch deutlich geringer ausgeprägt als beispielsweise bei einem Aoki, einem Konosuke Fujiyama oder Messern aus 1.3505 frisch und ohne Patina (beispiel Hohenmoorer ohne Kaffeepatina).
Hier ein Bild der geschnittenen Zwiebel nach ca. 15min:
Und die Patina des Kato's... die kann sich sehen lassen. Insgesamt hat die heutige Session schon sichtbare Spuren hinterlassen. Ich mag sowas ja ...wer aber ein Patinafrei-zu haltendes Messer sucht, der ist hier denke ich falsch.
Ich bin gespannt, wie sich das Messer im Hinblick auf Standzeit und Schärfverhalten zeigt. Die ausgiebige Session vorhin hat jedenfalls nicht zu einer nennenswerten Abnahme der Schärfe geführt. Das hätte mich aber auch sehr überrascht.
Hat sich das Warten, die Mühe, der Preis also gelohnt? ...ich denke das werde ich erst ein einem Jahr oder so sagen können. Die Tendenz ist auf jeden Fall sehr sehr positiv und das Kato ist zurecht ein heißer Anwärter auf den Posten als mein absolutes Lieblings-Gyuto
Natürlich kann es sein, dass nach der "Honeymoon"-Phase etwas von der Magie verfliegt. Ich denke aber definitiv, dass die Qualitäten und das Potenzial da sind. Ob sich das bestätigt, werde ich natürlich gerne berichten.
Nachtrag 1 (entsprechende Diskussionen natürlich etwas ausgekürzt):
Frage: Interessieren würde mich die Frage, ob man den leichten Spalteffekt des Katos im hinteren Drittel gezielt nutzen kann, also den Druckschnitt vorne oder an der Mitte ansetzt und dann die Klinge zügig vorwärts schiebt mit dem Effekt, dass das Schneidgut einfach nur an Ort und Stelle liegen bleibt. Diese Art der Nutzung der Geometrie bei traditionellen Gyutos empfinde in Hinsicht auf den food release inszwischen als großen Vorteil gegenüber den Lasern...
Ja, das ist definitiv der Fall. Im vorderen Bereich schneidet die Klinge wirklich äußerst leicht in das Schnittgut ein, im hinteren Drittel ist eine leichte Spaltwirkung durchaus erkennbar. Ich habe gestern alle mir einfallenden Schnitttechnik-Varianten ausprobiert und das funktioniert recht gut, insbesondere bei mittelhartem Schnittgut. Was sich bei hartem Schnittgut wie großen alten dicken Möhren hervorragend nutzen lässt, ist die Klinge im hinteren Drittel anzusetzen und dann im zügigen Zugschnitt die Tatsache auszunutzen, dass die Geometrie im vorderen Drittel deutlich dünner ist. So lassen sich komplett knackfrei Möhren/Kohlrabi/... sehr einfach und effizient schneiden.
Was übrigens auch sehr gut funktioniert mit dem Kato, wo das Sakai Takayuki und mein Suisin etwas Schwierigkeiten haben, ist die Katsuramuki-Schneidtechnik hervorragend funktioniert. Die Klinge gleitet einfach ohne Anbappen durch die Gurke. Da bekommt dafür mein Tokujho Nakiri jetzt eindeutig Konkurrenz
Nachtrag 2:
Für eine komplette Geometrievermessung fehlt mir leider die Zeit. Aber hier ein paar Anhaltswerte zur Geometrie und anderen gefragten Messwerten:
Klingenlänge: 261 mm
davon scharf: 246 mm
Grifflänge: 151 mm
Klingenrückenstärke am Kehl: 4,6 mm
Klingenrückenstärke Klingenmitte: 2,7 mm
Klingenrückenstärke 1cm vor Spitze: 0,9 mm
Klingendicke 1mm hinter der Wate (Kehl, Mitte, 1cm vor Spitze) [mm]: 0,24 - 0,20 - 0,18
Klingendicke 1cm hinter der Wate (Kehl, Mitte, 5cm vor Spitze) [mm]: 1,40 - 1,38 - 1,2
Dünn ist das nicht, ich weiß. Irgendwie schon komisch, dass das Messer trotzdem leichter durch die Möhre geht als ein Schanz-ausgedünntes Messer oder Konsorten
Balancepunkt:
Ich denke um die Geometrie des Messers richtig zu erfassen bräuchte es schlicht mehr Messpunkte als die üblichen "1, 5, 10, 20 mm hinter der Schneide". Konvexitäten etc. werden dadurch nicht exakt abgebildet. Deshalb finde ich in solchem Fall das Kehlbild dann doch aussagekräftiger ...oder besser noch das Schneidgefühl
Nachtrag 3:
Mir gelingt es anscheinend auch nicht wirklich das irgendwie objektiv und allgemein verständlich rüberzubringen. Vielleicht ist das einer dieser Fälle von "man muss es selbst getestet haben" aber dass das zwecks unserer Datenbasis hier nicht förderlich ist, ist klar...
Wenn mir irgendwann mal ein für meine Schneidtechnik, Gewohnheit, Vorlieben etc. besseres Messer unter die Finger kommt, wäre ich auf jeden Fall überrascht... jedenfalls wenn es ein Serienmesser ist.
Allerdings kann ich mir wirklich vorstellen, dass es für manche Leute nichts ist. Es ist schon irgendwie ein Schwert von Messer, hat eine gewisse Masse (was aufgrund der Balance aber nicht negativ auffällt) und nach Aussagen von Langzeit-Nutzern ist es wohl nicht ganz einfach auf lange Jahre gesehen scharf zu halten. Greg meinte mal sowas wie "er würde es nur empfehlen, wenn man selbst in der Lage ist auch Klingen nach diversen Schärfvorgängen in ähnlicher Art nachzudünnen da sonst irgendwann einfach die Schneidfähigkeit verloren geht".
Also wohl nicht etwas für die Einsteiger-Kaufberatung
Nachtrag 4:
Zitat Wastl:...das mit dem besten mir bekannten Japanschmied mithalten kann...
Dieser Satz spricht bei deiner Erfahrung aber auch Bände, aber das nur am Rande
Übrigens hat mein Kato letzte Woche einen Grundschliff bekommen, da durch einen fremdverschuldeten kleinen Arbeitsunfall (etwas ist auf die auf der Anrichte liegende Klinge gefallen...) es zu einem kleinen Ausbruch kam. Habe bei der Gelegenheit gleich meinen neuen JNS 1200 ausgepackt und entweder es lag am Stein oder am Kato oder (wie ich vermute) beidem, aber das ging extrem flott und einfach von der Hand.
Danach auf White Binsui mit Botan Nagura und abschließend gefinished auf meinem Honyama. Mit dem Ergebnis bin ich äußerst zufrieden. Der Stahl ist wirklich sehr dankbar, wenn es ums Schärfen geht. Noch mehr als die meisten mir bekannten Shirogami-Klingen...
Update (heute)
Ich denke inzwischen kann ich noch etwas mehr zum Kato sagen, insbesondere dazu, wie es sich langfristiger verhält. Im Zuge einer Konzentrationsphase auf jeweils nur ein Messer für min. 3-4 Wochen um wieder etwas mehr Routine in meine Schneidtechnik zu bekommen, hatte ich ca. einen Monat ausschließlich (außer Schälmesser etc.) nur das Kato Workhorse im Einsatz. Dabei sind mir folgende Punkte aufgefallen/Aspekte klar geworden:
- Ergonomisch liegt das Kato für mich ganz weit vorne - Größe, Profil und Balance passen sehr gut zu meiner Arbeitsweise.
- Der Begriff "Workhorse" ist etwas zwiespältig. Einerseits ist es schon ein richtiges Arbeitstier, womit man gut viel arbeiten kann (im Sinne effektiver Schneidleistung und guter Ergonomie) und was auch einen souveränen Eindruck hinterlässt. Andererseits ist das Kato in Sachen Schneidkantenstabilität definitiv nicht das letzte Wort. Setzt man das Messer einigen eher schwierigen Aufgaben bzw. solchen Aufgaben, die gerne mal Spuren an der Schneide hinterlassen, aus, dann quittiert das Kato dies auch gerne mal mit kleinen Mikroausbrüchen. Eine Mikrofase hat hier einigermaßen Abhilfe geschaffen. Sehr stabil ist das Kato somit aber nicht.
- Dafür ist der Stahl wirklich enorm schnell wieder auf eine enorm hohe Schärfe zu bekommen, da können nur ganz wenige meines Sortiments mithalten.
- Die Reaktivität ist für ein japanisches 3-Lagen-Messer nicht sehr hoch, ist aber auf jeden Fall dauerhafter als bei Monostahlmessern etc.
Das Kato Workhorse ist aus meiner Sicht also immer noch ein außerordentlich gutes Exemplar japanischer Messerschmiedekunst. Perfekt ist es bei weitem nicht und es gibt schon ein zwei Aspekte, die wirklich besser sein könnten (insbesondere die Schneidkantenstabilität). Die Diskussion über aktuelle Preisentwicklungen beim Kato (oder auch Shigefusa) ist in anderen Foren ja fast schon ein Dauerbrenner. Ich hatte "damals" ja noch ein gutes Stück weniger bezahlt als heute aufgerufen werden würde. Ob ich diesen Preis noch zahlen würde kann ich nicht sagen, eventuell nicht. Den Preis mancher Händler für ein "Original Kato" würde ich wohl sicher nicht bezahlen... das entbehrt langsam wirklich jeder Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu anderen Messern wie z.B. europäischen Customs wie z.B. von Xerxes oder auch anderen japanischen Messern. Aber ich bin durchaus immer noch froh, dass ich mein Kato habe und bereue es nicht, es gekauft zu haben. Es hat auch einfach irgendwie Flair...
BastlWastl: Würde mich freuen wenn du vielleicht deine Reviews zu den Katos hier auch ranhängen könntest! Danke
Gruß und gute Nacht,
Gabriel
wieder ein Review (Juni 2015) aus dem Archiv, diesmal über ein damals heiß diskutiertes Messer, das Yoshiaki Fujiwara Kato 240 Ho Gyuto "Workhorse":
...viel wurde über das Messer in den letzten Monaten hier diskutiert... "Kann ein so dickes Messer wirklich gut schneiden?"... "Ist es einfach nur ein gehyptes mittelmäßig verarbeitetes Messer?"... "Welcher Stahl ist es denn nun?"... sind nur einige immer wieder auftauchende Fragen.
Auch wenn ich in der Vergangenheit eher ein Fan der "Laser" ware, geht die Tendenz bei mir immer mehr hin zu eher geometrisch ausgeglichenen Messern mit guten Food-Release-Eigenschaften. Deshalb hat mich das Kato Workhorse Gyuto interessiert, seit ich das erste Mal davon gehört habe. Ich musste es einfach haben....
Nur das Problem mit der Verfügbarkeit... die einzigen Messer in den letzten paar Monaten, die Maksim vorrätig hatte, waren entweder Sujihikis oder ein 210er Gyuto Aber ich wollte unbedingt auf ein 240iger warten und letzte Woche war es soweit und ich konnte (vermutlich durch Glück, Zufall, ...) eins ergattern.
Gestern konnte ich es endlich entgegen nehmen und so sieht es nun aus
Zunächst fielen die extrem schlichte Verpackung (schwarzer Karton ohne Kanji etc.) und die Tatsache auf, dass das komplette Messer in einer dicken Schicht Fett eingerieben ist. Das sorgte zunächst für Verwirrung, aber immerhin kam es so gut vor Rost geschützt bei mir an
Nach Entfernen des Fetts kam ein sehr anständiges Finish zum Vorschein, dass den Namen "Workhorse" im verarbeitungstechnischen Sinne eigentlich garnicht verdient. Es ist - und das überrascht mich selbst - ein wirklich schönes Messer. Klingenfinish sehr gut, Griffverschluss perfekt, Klingenrücken sauber geschliffen und Kehl ebenfalls relativ gut gearbeitet. Die beidseitige Kanji ist tatsächlich die zweitschönste (nach meinem Gesshin Honyaki Suji) die ich bisher gesehen hab.
Nicht ganz 100%ig ist das Grifffinish. Das Ho-Holz ist typischerweise nicht sehr glatt und stellt die Fasern bei Feuchtigkeit auf. Ich persönlich mag diese Haptik. Wer nicht, sollte lieber zu einem Kato mit anderem Griffmaterial greifen. Das Griffende ist der bedeutendste Makel, der mir jetzt bisher aufgefallen ist. Hier werde ich wohl nochmal kurz mit Schleifleinen bei gehen. Dramatisch finde ich das nicht (Fehler im Klingenfinish würden mich eher stören).
Vollzeit-Finish-Fanatikern würde ich in der Preisklasse eher andere Messer empfehlen. Mein Sakai Takayuki Syousin Sakura Kirisuke Gyuto beispielsweise ist, was das Finish angeht, doch deutlich vorne zu sehen, insbesondere was den Griff angeht. Wenn man jetzt den gewissen Nachfrage-Angebot-JNS-Faktor rausrechnet könnte man die beiden Messer relativ auf gleicher finanzieller Ebene sehen. Daher halte ich den Vergleich durchaus für fair.
Das Kato wirkt dank seines Gewichts und auch seiner Abmaße (die angegebenen Maße von Maksim/ JNS kommen aber recht gut hin bei meinem) recht groß. Das Gefühl es in der Hand zu haben ist schwer zu beschreiben. Heute mittag hatte ich wohl geschrieben "wie ein Schwert" und ich finde das trifft es auch. Hier ein paar Vergleichsbilder mit der sonstigen 230-250mm Gyuto/Kochmesser-Riege:
(von oben nach unten: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
(von links nach rechts: Herder 1922 230 Kochmesser Carbon, Hiromoto AS 240 Yo-Gyuto mit Ätzung und Griff von Wabocho, Koraat 1.3505 Custom Gyuto, Sakai Takayuki Syousin Sakura 240 Kirisuke Gyuto, KATO, Suisin Inox Honyaki 240 Wa-Gyuto)
Die Klingenstärke des Kato's nimmt dabei spürbar in Richtung der Spitze ab. Hier im Vergleich zwischen Kehlbereich und Spitze zu sehen...
Die Geometrie kann durchaus als "einzigartig" beschrieben werden. Ich hatte bislang jedenfalls noch kein Messer mit einem ähnlichen Schliff in der Hand (ok, mein einziges Shigefusa ist auch ein Mukimono, vielleicht wäre hier sonst Ähnlichkeit...). Trotz der Klingenstärke ist die Schneide über die komplette Länge nagelgängig. Nicht so sehr wie mein Syousin Sakura aber doch schon spürbar.
Heute Abend gab es - wie auch im Kono HD-Kurzreview schon beschrieben - eine bunte Schnippelsession. Dran glauben (mit dem Kato habe ich etwas mehr getestet...) mussten eine Gurke, Fenchel, Staudensellerie, weiche Tomaten, frischer Knoblauch, Zwiebeln, Schalotten, Schafskäse, harte große Möhren und junge kleine Möhren und ein älterer Kohlrabi.
Die Auslieferungsschärfe war sehr gut, man konnte also gleich loslegen.
Das Kato liegt für Größe und Gewicht überraschend gut und ausbalanciert in der Hand. Der Balancepunkt ist ziemlich genau 2,5-3cm vor dem Kehl. Ich habe versucht unterschiedliche Schnitttechniken bei unterschiedlichem Schnittgut auszuprobieren und muss wirklich sagen... das Messer hat in keinster Weise meine doch sehr hohen Erwartungen enttäuscht, ganz im Gegenteil
Druckschnitt funktioniert sehr gut, auch zum Wiegen und Choppen ist das Messer dank seines etwas bauchigen Profils im vorderen Bereich und dennoch dem ausreichenden "sweet spot" hinten ebenfalls geeignet. Bei dem Gewicht des Messers ist das natürlich ein etwas anderes Gefühl beim Choppen als mit einem Laser. Der Kraftaufwand liegt beim Kato da eher im Anheben und weniger im Schnitt. Durch das meiste Schnittgut fällt die Klinge einfach durch dann...
Aber die wahre Stärke, insbesondere beim Möhren schneiden, zeigt das Kato IMHO beim Zugschnitt. Da der vordere Klingenbereich doch spürbar dünner ausgeführt ist als hinten, lassen sich somit auch sehr dicke und widerspenstige Möhren gut zerteilen.
Aprospos Möhren... ja, das Kato kann auch Möhren diverser Art und Größe schneiden, und das "knackfrei"
Allerdings kommt es ein wenig darauf an wie man es macht. Im reinen Druckschnitt mit dem hinteren Bereich der Klinge kann es schon mal knacken. Mit dem vorderen und mitteleren Bereich lassen sich aber sehenswerte Resultate erzielen.
Um wieder den Vergleich mit dem Syousin Sakura heranzuziehen (da es grad frisch ist bei mir)... Möhren schneiden mit dem Kato macht mir persönlich da mehr Spaß, auch wenn sich das Syousin auch nicht schlecht schlägt. Aber hier machen sich eben doch die spürbar besseren food release-Eigenschaften des Kato's bemerkbar. Ja, manche Dinge kleben etwas an der Klinge und ich hatte vielleicht auch schon ein oder zwei Messer mit noch weniger Klebwirkung, insgesamt würde ich das aber definitiv als eine der Stärken des "Workhorse" ansehen.
Die Reaktivität ist auf mittlerem bis etwas hohem Niveau würde ich sagen. Wobei ich auch hier relativieren muss. Das Messer bildet schnell eine Patina, ja. Allerdings sind die Reaktionen, die Verfärbung am Schnittgut und der entsprechende Geruch deutlich geringer ausgeprägt als beispielsweise bei einem Aoki, einem Konosuke Fujiyama oder Messern aus 1.3505 frisch und ohne Patina (beispiel Hohenmoorer ohne Kaffeepatina).
Hier ein Bild der geschnittenen Zwiebel nach ca. 15min:
Und die Patina des Kato's... die kann sich sehen lassen. Insgesamt hat die heutige Session schon sichtbare Spuren hinterlassen. Ich mag sowas ja ...wer aber ein Patinafrei-zu haltendes Messer sucht, der ist hier denke ich falsch.
Ich bin gespannt, wie sich das Messer im Hinblick auf Standzeit und Schärfverhalten zeigt. Die ausgiebige Session vorhin hat jedenfalls nicht zu einer nennenswerten Abnahme der Schärfe geführt. Das hätte mich aber auch sehr überrascht.
Hat sich das Warten, die Mühe, der Preis also gelohnt? ...ich denke das werde ich erst ein einem Jahr oder so sagen können. Die Tendenz ist auf jeden Fall sehr sehr positiv und das Kato ist zurecht ein heißer Anwärter auf den Posten als mein absolutes Lieblings-Gyuto
Natürlich kann es sein, dass nach der "Honeymoon"-Phase etwas von der Magie verfliegt. Ich denke aber definitiv, dass die Qualitäten und das Potenzial da sind. Ob sich das bestätigt, werde ich natürlich gerne berichten.
Nachtrag 1 (entsprechende Diskussionen natürlich etwas ausgekürzt):
Frage: Interessieren würde mich die Frage, ob man den leichten Spalteffekt des Katos im hinteren Drittel gezielt nutzen kann, also den Druckschnitt vorne oder an der Mitte ansetzt und dann die Klinge zügig vorwärts schiebt mit dem Effekt, dass das Schneidgut einfach nur an Ort und Stelle liegen bleibt. Diese Art der Nutzung der Geometrie bei traditionellen Gyutos empfinde in Hinsicht auf den food release inszwischen als großen Vorteil gegenüber den Lasern...
Ja, das ist definitiv der Fall. Im vorderen Bereich schneidet die Klinge wirklich äußerst leicht in das Schnittgut ein, im hinteren Drittel ist eine leichte Spaltwirkung durchaus erkennbar. Ich habe gestern alle mir einfallenden Schnitttechnik-Varianten ausprobiert und das funktioniert recht gut, insbesondere bei mittelhartem Schnittgut. Was sich bei hartem Schnittgut wie großen alten dicken Möhren hervorragend nutzen lässt, ist die Klinge im hinteren Drittel anzusetzen und dann im zügigen Zugschnitt die Tatsache auszunutzen, dass die Geometrie im vorderen Drittel deutlich dünner ist. So lassen sich komplett knackfrei Möhren/Kohlrabi/... sehr einfach und effizient schneiden.
Was übrigens auch sehr gut funktioniert mit dem Kato, wo das Sakai Takayuki und mein Suisin etwas Schwierigkeiten haben, ist die Katsuramuki-Schneidtechnik hervorragend funktioniert. Die Klinge gleitet einfach ohne Anbappen durch die Gurke. Da bekommt dafür mein Tokujho Nakiri jetzt eindeutig Konkurrenz
Nachtrag 2:
Für eine komplette Geometrievermessung fehlt mir leider die Zeit. Aber hier ein paar Anhaltswerte zur Geometrie und anderen gefragten Messwerten:
Klingenlänge: 261 mm
davon scharf: 246 mm
Grifflänge: 151 mm
Klingenrückenstärke am Kehl: 4,6 mm
Klingenrückenstärke Klingenmitte: 2,7 mm
Klingenrückenstärke 1cm vor Spitze: 0,9 mm
Klingendicke 1mm hinter der Wate (Kehl, Mitte, 1cm vor Spitze) [mm]: 0,24 - 0,20 - 0,18
Klingendicke 1cm hinter der Wate (Kehl, Mitte, 5cm vor Spitze) [mm]: 1,40 - 1,38 - 1,2
Dünn ist das nicht, ich weiß. Irgendwie schon komisch, dass das Messer trotzdem leichter durch die Möhre geht als ein Schanz-ausgedünntes Messer oder Konsorten
Balancepunkt:
Ich denke um die Geometrie des Messers richtig zu erfassen bräuchte es schlicht mehr Messpunkte als die üblichen "1, 5, 10, 20 mm hinter der Schneide". Konvexitäten etc. werden dadurch nicht exakt abgebildet. Deshalb finde ich in solchem Fall das Kehlbild dann doch aussagekräftiger ...oder besser noch das Schneidgefühl
Nachtrag 3:
Mir gelingt es anscheinend auch nicht wirklich das irgendwie objektiv und allgemein verständlich rüberzubringen. Vielleicht ist das einer dieser Fälle von "man muss es selbst getestet haben" aber dass das zwecks unserer Datenbasis hier nicht förderlich ist, ist klar...
Wenn mir irgendwann mal ein für meine Schneidtechnik, Gewohnheit, Vorlieben etc. besseres Messer unter die Finger kommt, wäre ich auf jeden Fall überrascht... jedenfalls wenn es ein Serienmesser ist.
Allerdings kann ich mir wirklich vorstellen, dass es für manche Leute nichts ist. Es ist schon irgendwie ein Schwert von Messer, hat eine gewisse Masse (was aufgrund der Balance aber nicht negativ auffällt) und nach Aussagen von Langzeit-Nutzern ist es wohl nicht ganz einfach auf lange Jahre gesehen scharf zu halten. Greg meinte mal sowas wie "er würde es nur empfehlen, wenn man selbst in der Lage ist auch Klingen nach diversen Schärfvorgängen in ähnlicher Art nachzudünnen da sonst irgendwann einfach die Schneidfähigkeit verloren geht".
Also wohl nicht etwas für die Einsteiger-Kaufberatung
Nachtrag 4:
Zitat Wastl:...das mit dem besten mir bekannten Japanschmied mithalten kann...
Dieser Satz spricht bei deiner Erfahrung aber auch Bände, aber das nur am Rande
Übrigens hat mein Kato letzte Woche einen Grundschliff bekommen, da durch einen fremdverschuldeten kleinen Arbeitsunfall (etwas ist auf die auf der Anrichte liegende Klinge gefallen...) es zu einem kleinen Ausbruch kam. Habe bei der Gelegenheit gleich meinen neuen JNS 1200 ausgepackt und entweder es lag am Stein oder am Kato oder (wie ich vermute) beidem, aber das ging extrem flott und einfach von der Hand.
Danach auf White Binsui mit Botan Nagura und abschließend gefinished auf meinem Honyama. Mit dem Ergebnis bin ich äußerst zufrieden. Der Stahl ist wirklich sehr dankbar, wenn es ums Schärfen geht. Noch mehr als die meisten mir bekannten Shirogami-Klingen...
Update (heute)
Ich denke inzwischen kann ich noch etwas mehr zum Kato sagen, insbesondere dazu, wie es sich langfristiger verhält. Im Zuge einer Konzentrationsphase auf jeweils nur ein Messer für min. 3-4 Wochen um wieder etwas mehr Routine in meine Schneidtechnik zu bekommen, hatte ich ca. einen Monat ausschließlich (außer Schälmesser etc.) nur das Kato Workhorse im Einsatz. Dabei sind mir folgende Punkte aufgefallen/Aspekte klar geworden:
- Ergonomisch liegt das Kato für mich ganz weit vorne - Größe, Profil und Balance passen sehr gut zu meiner Arbeitsweise.
- Der Begriff "Workhorse" ist etwas zwiespältig. Einerseits ist es schon ein richtiges Arbeitstier, womit man gut viel arbeiten kann (im Sinne effektiver Schneidleistung und guter Ergonomie) und was auch einen souveränen Eindruck hinterlässt. Andererseits ist das Kato in Sachen Schneidkantenstabilität definitiv nicht das letzte Wort. Setzt man das Messer einigen eher schwierigen Aufgaben bzw. solchen Aufgaben, die gerne mal Spuren an der Schneide hinterlassen, aus, dann quittiert das Kato dies auch gerne mal mit kleinen Mikroausbrüchen. Eine Mikrofase hat hier einigermaßen Abhilfe geschaffen. Sehr stabil ist das Kato somit aber nicht.
- Dafür ist der Stahl wirklich enorm schnell wieder auf eine enorm hohe Schärfe zu bekommen, da können nur ganz wenige meines Sortiments mithalten.
- Die Reaktivität ist für ein japanisches 3-Lagen-Messer nicht sehr hoch, ist aber auf jeden Fall dauerhafter als bei Monostahlmessern etc.
Das Kato Workhorse ist aus meiner Sicht also immer noch ein außerordentlich gutes Exemplar japanischer Messerschmiedekunst. Perfekt ist es bei weitem nicht und es gibt schon ein zwei Aspekte, die wirklich besser sein könnten (insbesondere die Schneidkantenstabilität). Die Diskussion über aktuelle Preisentwicklungen beim Kato (oder auch Shigefusa) ist in anderen Foren ja fast schon ein Dauerbrenner. Ich hatte "damals" ja noch ein gutes Stück weniger bezahlt als heute aufgerufen werden würde. Ob ich diesen Preis noch zahlen würde kann ich nicht sagen, eventuell nicht. Den Preis mancher Händler für ein "Original Kato" würde ich wohl sicher nicht bezahlen... das entbehrt langsam wirklich jeder Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu anderen Messern wie z.B. europäischen Customs wie z.B. von Xerxes oder auch anderen japanischen Messern. Aber ich bin durchaus immer noch froh, dass ich mein Kato habe und bereue es nicht, es gekauft zu haben. Es hat auch einfach irgendwie Flair...
BastlWastl: Würde mich freuen wenn du vielleicht deine Reviews zu den Katos hier auch ranhängen könntest! Danke
Gruß und gute Nacht,
Gabriel