Einschlüsse in Japanischen Naturschleifsteinen
Feb 18, 2018 16:31:37 GMT
Gabriel, woka, and 12 more like this
Post by blee on Feb 18, 2018 16:31:37 GMT
Hallo liebe Community,
ich bin ganz neu hier. Nach dem ich hier einige sehr interessante Beiträge gelesen habe, wollte ich auch etwas beitragen, dass ich schon in einem anderen Forum veröffentlich habe. Da hier ja auch der ein oder andere Geologen (wie ich) rumirrt, werde ich es hier ein wenig ausführlicher Erklären.
Am letzten Wochende habe ich einen Ohira Renge Suita geschossen und begonnen mich etwas intensiver mit Einschlüssen beschäftigen.
Ohira Renge Suita
Was sind Einschlüsse?
Ganz grob gibt zwei Arten von Einschlüssen: Linien (Suji = Sehne oder Faser) und Flecken (hari = Nadel). Dabei handelt es sich um Anreicherungen eines Minerals oder unterschiedlicher Mineralien, die sich in ihrer Härte und/oder ihrer Korngröße vom umgebenden Gestein unterscheiden. Wie entstehen Einschlüsse? Um zu verstehen wie sich Einschlüsse bilden, muss man die Entstehungsgeschichte des Gesteins kennen. Wie vielleicht einige von euch schon wissen, handelt es sich speziell bei den japanischen Naturschleifsteinen um Chert bzw. Radiolarit. Diese pelagisch gebildeten Sedimentgesteine bestehen zum großen Teil aus Quarz und Tonmineralen (Das hat ja MathiasM bereits in seinem Mythbusters Beitrag analysiert). Der Radiolarit trägt seine Namen von den gleichnamigen Einzellern: Radiolarien. Diese bestehen neben einer organischen Komponente aus einem SiO2 haltigen Endoskelett. Sterben diese ab sinken sie allmählich auf den Meeresboden und lagern sich ab. Je nach Sedimentationsrate kommt es zur Kompaktion und Diagenese dieser Radiolarien Schlämme, was zum Auflösen der Endoskelette führt. Dabei kommt es zur Umwandlung von amorphen SiO2 in Form von einfachen Opal-A zu Opal-CT und Chalzedon bis hin zur Bildung von kryptokristallinen Quarz. Dies bezeichnet man als authigene Bildung, da sich Quarz erst nach der Ablagerung des Sediments bildet. Er ist sehr irregulär und mikrokristallin (<50 μm) und bildet Cluster, die mit fortlaufender Quarzbildung größer werden und zusammenwachsen. Innerhalb dieser Cluster können sich Tonminerale und organische Komponenten einlagern, die dann für die Farbgebung des Gesteins verantwortlich sind. (Ein weiteres interessantes Thema wenn man an „Kan“ denkt. Das erkläre ich vielleicht mal in einem anderen Beitrag)
Durch die Phasen Änderung des SiO2 kommt es zu einer sukzessiven Verringerung der Porosität, die zur Kompaktion des jungen Sedimentgesteins führt. Das hat zur Folge, dass Risse innerhalb des Gestein entstehen, die durch unterschiedliche Verfüllt werden. Neben Quarz können auch weitere Minerale authigen gebildet werden und sich innerhalb des Sediments ablagern. Eine weitere Möglichkeit der Bildung von Einschlüssen sind Luft Einschlüsse, die trotz Diagenese und Kompaktion im Sediment verharren. Diese Hohlräume können unverfüllt bleiben und werden als „Su“ bezeichnet. Sie bitten aber auch Raum zur Kristallisation und können so Entstehungsort von Einschlüssen sein.
Welchen Einfluss haben diese Einschlüsse auf das Schleifen?
Hier unterscheidet man zwischen „toxische“ und „nicht-toxische“ Einschlüsse. Wobei sich das Wort „toxisch“ lediglich auf die Auswirkung auf die Facette bezieht und nicht auf die Gesundheit des Nutzers. Demzufolge sind toxische Einschlüsse Gift für den Schleifprozess und sollten beim Schleifen nicht in Kontakt mit dem Messer kommen, da sie sich in ihrer Härte bzw. Korngröße deutlich vom umgebenden Gestein unterscheiden und zu Schäden an der Facette führen. Nicht-toxische Einschlüsse haben keinen großen Einfluss auf den Schleifprozess, da ihre Härte geringer oder gleich dem umgebenen Gestein ist. Beim Schleifen unterscheidet man zu dem zwischen "lebenden" Einschlüssen, also solchen die beim Schleifen die Klinge des Messers beschädigen können und zu vermeiden sind und "toten" Einschlüssen, die die Klinge beim Schleifen nicht berühren, da sie nur am Rand des Schleifsteins auftreten.
Woraus bestehen Einschlüsse?
Ganz allgemein gehalten bestehen toxischen Einschlüsse meist aus SiO2 in unterschiedlichen Variationen. Es kann sich in den durch die Kompaktion verursachten Rissen auskristallisieren oder auch in Hohlräumen und so idiomorphe Quarzkristalle bilden (Hari= Nadel). Zusätzlich können Hämatit und andere Verwitterungsminerale auftrete. Hauptursache für ihre toxische Eigenschaft ist vermutlich ihre Härte von etwa 7 (Mohs’sche Härteskala) und ihre gröbere Korngröße, die zum verkratzen des Metalls führen kann.
Nicht-toxische Einschlüsse bestehen meist aus Sulfiden und Carbonaten die meist eine Härte von unter 4 haben und so keinen Einfluss auf den Schleifprozess nehmen. Sie bilden sich authigen und haben unterschiedliche Ursprünge (Ich gehe jetzt mal nicht näher auf die Carbonat Bildung ein, da es bei den japanischen Natursteinen häufig eine untergeordnete Rolle spielt).
Ein sehr häufiges Sulfid in Japanischen Schleifsteinen ist Pyrit (Härte 6). Es tritt meist fromboidal (beerenförmig) auf und entsteht auf Unterschiedliche Arten. Zum einen kann es so wie auch Quarz in Rissen entstehen aber auch die Endoskelette der Radiolaren ausfüllen. Eine weitere Entstehungsmöglichkeit ist die zeitgleiche Bildung währende der Ablagerung des Radiolaren Schlamms, in einem unverfestigten Zustand des Sediments. Pyrit kann größere Konkretion bilden in Form von Flecken bis hin zu Wolken und Adern. Diese werden oft als sehr ästhetisch erachtet, haben aber keinerlei Einfluss auf den Schleifprozess an sich. Oft ist Pyrit verwittert und bekommt eine rostbraune Farbe
Kleine Pyrit Einschlüsse (nicht-toxisch)
Pyrit in der Nahaufnhame
Ohira Renge mit Pyrit (nicht-toxisch)
Wie erkennt man ob Einschlüsse toxisch oder nicht-toxisch sind?
Nun das ist nicht immer einfach zu sagen. Oft sind nicht-toxische Einschlüsse mit den Fingern nicht spürbar. Wenn der Schleifstein jedoch frisch abgerichtet wurde, ist eine haptische Unterscheidung unmöglich. Hier gilt die Regel: Probieren geht über Studieren. Ist man sich unsicher ob eine verdächtige Verfärbung im Gestein oder eine dünne Linie toxisch oder nicht toxisch ist, sollte man erste Schleifversuche mit einem günstigen Messer vornehmen. Man erkennt recht schnell ob die Facette eines Messers stark verkratzt, wenn man gezielt über eine bestimmte Stelle schleift. Man könnte sich dem ganzen auch wissenschaftlich nähren und beispielweise mit schwacher Salzsäure auf Calcit testen. Sollte der Schleifstein an sich aber karbonatisch sein, wird Ergebnis natürlich nicht eindeutig. Der einfachste Weg bleibt das simple Ausprobieren.
Japanische Begriffe:
Harike – toxische nadel-, punkt- oder fleckenförmige Einschlüsse
Atarazuno hari – nicht-toxische nadel-, punkt- oder fleckenförmige Einschlüsse
Goma – kleine schwarze Punkte die aussehen wie Sesamkörner. Sie können toxisch und nicht-toxisch sein
Goma in der Nahaufnahme
Kanesuji – toxische Haarrisse/Klüfte die oft über die gesamte Länge des Schleifsteins gehen
Kesuji – nicht toxische Haarrisse/Klüfte
Iwatani Karasu mit Kesuji und Atarazuno hari
Kanesuji
Kanesuji
Kanesuji
Der Beitrag entspricht natürlich nicht der Vollständigkeit und darf gern ergänzt und korrigiert werden.
- Jan
ich bin ganz neu hier. Nach dem ich hier einige sehr interessante Beiträge gelesen habe, wollte ich auch etwas beitragen, dass ich schon in einem anderen Forum veröffentlich habe. Da hier ja auch der ein oder andere Geologen (wie ich) rumirrt, werde ich es hier ein wenig ausführlicher Erklären.
Am letzten Wochende habe ich einen Ohira Renge Suita geschossen und begonnen mich etwas intensiver mit Einschlüssen beschäftigen.
Ohira Renge Suita
Was sind Einschlüsse?
Ganz grob gibt zwei Arten von Einschlüssen: Linien (Suji = Sehne oder Faser) und Flecken (hari = Nadel). Dabei handelt es sich um Anreicherungen eines Minerals oder unterschiedlicher Mineralien, die sich in ihrer Härte und/oder ihrer Korngröße vom umgebenden Gestein unterscheiden. Wie entstehen Einschlüsse? Um zu verstehen wie sich Einschlüsse bilden, muss man die Entstehungsgeschichte des Gesteins kennen. Wie vielleicht einige von euch schon wissen, handelt es sich speziell bei den japanischen Naturschleifsteinen um Chert bzw. Radiolarit. Diese pelagisch gebildeten Sedimentgesteine bestehen zum großen Teil aus Quarz und Tonmineralen (Das hat ja MathiasM bereits in seinem Mythbusters Beitrag analysiert). Der Radiolarit trägt seine Namen von den gleichnamigen Einzellern: Radiolarien. Diese bestehen neben einer organischen Komponente aus einem SiO2 haltigen Endoskelett. Sterben diese ab sinken sie allmählich auf den Meeresboden und lagern sich ab. Je nach Sedimentationsrate kommt es zur Kompaktion und Diagenese dieser Radiolarien Schlämme, was zum Auflösen der Endoskelette führt. Dabei kommt es zur Umwandlung von amorphen SiO2 in Form von einfachen Opal-A zu Opal-CT und Chalzedon bis hin zur Bildung von kryptokristallinen Quarz. Dies bezeichnet man als authigene Bildung, da sich Quarz erst nach der Ablagerung des Sediments bildet. Er ist sehr irregulär und mikrokristallin (<50 μm) und bildet Cluster, die mit fortlaufender Quarzbildung größer werden und zusammenwachsen. Innerhalb dieser Cluster können sich Tonminerale und organische Komponenten einlagern, die dann für die Farbgebung des Gesteins verantwortlich sind. (Ein weiteres interessantes Thema wenn man an „Kan“ denkt. Das erkläre ich vielleicht mal in einem anderen Beitrag)
Durch die Phasen Änderung des SiO2 kommt es zu einer sukzessiven Verringerung der Porosität, die zur Kompaktion des jungen Sedimentgesteins führt. Das hat zur Folge, dass Risse innerhalb des Gestein entstehen, die durch unterschiedliche Verfüllt werden. Neben Quarz können auch weitere Minerale authigen gebildet werden und sich innerhalb des Sediments ablagern. Eine weitere Möglichkeit der Bildung von Einschlüssen sind Luft Einschlüsse, die trotz Diagenese und Kompaktion im Sediment verharren. Diese Hohlräume können unverfüllt bleiben und werden als „Su“ bezeichnet. Sie bitten aber auch Raum zur Kristallisation und können so Entstehungsort von Einschlüssen sein.
Welchen Einfluss haben diese Einschlüsse auf das Schleifen?
Hier unterscheidet man zwischen „toxische“ und „nicht-toxische“ Einschlüsse. Wobei sich das Wort „toxisch“ lediglich auf die Auswirkung auf die Facette bezieht und nicht auf die Gesundheit des Nutzers. Demzufolge sind toxische Einschlüsse Gift für den Schleifprozess und sollten beim Schleifen nicht in Kontakt mit dem Messer kommen, da sie sich in ihrer Härte bzw. Korngröße deutlich vom umgebenden Gestein unterscheiden und zu Schäden an der Facette führen. Nicht-toxische Einschlüsse haben keinen großen Einfluss auf den Schleifprozess, da ihre Härte geringer oder gleich dem umgebenen Gestein ist. Beim Schleifen unterscheidet man zu dem zwischen "lebenden" Einschlüssen, also solchen die beim Schleifen die Klinge des Messers beschädigen können und zu vermeiden sind und "toten" Einschlüssen, die die Klinge beim Schleifen nicht berühren, da sie nur am Rand des Schleifsteins auftreten.
Woraus bestehen Einschlüsse?
Ganz allgemein gehalten bestehen toxischen Einschlüsse meist aus SiO2 in unterschiedlichen Variationen. Es kann sich in den durch die Kompaktion verursachten Rissen auskristallisieren oder auch in Hohlräumen und so idiomorphe Quarzkristalle bilden (Hari= Nadel). Zusätzlich können Hämatit und andere Verwitterungsminerale auftrete. Hauptursache für ihre toxische Eigenschaft ist vermutlich ihre Härte von etwa 7 (Mohs’sche Härteskala) und ihre gröbere Korngröße, die zum verkratzen des Metalls führen kann.
Nicht-toxische Einschlüsse bestehen meist aus Sulfiden und Carbonaten die meist eine Härte von unter 4 haben und so keinen Einfluss auf den Schleifprozess nehmen. Sie bilden sich authigen und haben unterschiedliche Ursprünge (Ich gehe jetzt mal nicht näher auf die Carbonat Bildung ein, da es bei den japanischen Natursteinen häufig eine untergeordnete Rolle spielt).
Ein sehr häufiges Sulfid in Japanischen Schleifsteinen ist Pyrit (Härte 6). Es tritt meist fromboidal (beerenförmig) auf und entsteht auf Unterschiedliche Arten. Zum einen kann es so wie auch Quarz in Rissen entstehen aber auch die Endoskelette der Radiolaren ausfüllen. Eine weitere Entstehungsmöglichkeit ist die zeitgleiche Bildung währende der Ablagerung des Radiolaren Schlamms, in einem unverfestigten Zustand des Sediments. Pyrit kann größere Konkretion bilden in Form von Flecken bis hin zu Wolken und Adern. Diese werden oft als sehr ästhetisch erachtet, haben aber keinerlei Einfluss auf den Schleifprozess an sich. Oft ist Pyrit verwittert und bekommt eine rostbraune Farbe
Kleine Pyrit Einschlüsse (nicht-toxisch)
Pyrit in der Nahaufnhame
Ohira Renge mit Pyrit (nicht-toxisch)
Wie erkennt man ob Einschlüsse toxisch oder nicht-toxisch sind?
Nun das ist nicht immer einfach zu sagen. Oft sind nicht-toxische Einschlüsse mit den Fingern nicht spürbar. Wenn der Schleifstein jedoch frisch abgerichtet wurde, ist eine haptische Unterscheidung unmöglich. Hier gilt die Regel: Probieren geht über Studieren. Ist man sich unsicher ob eine verdächtige Verfärbung im Gestein oder eine dünne Linie toxisch oder nicht toxisch ist, sollte man erste Schleifversuche mit einem günstigen Messer vornehmen. Man erkennt recht schnell ob die Facette eines Messers stark verkratzt, wenn man gezielt über eine bestimmte Stelle schleift. Man könnte sich dem ganzen auch wissenschaftlich nähren und beispielweise mit schwacher Salzsäure auf Calcit testen. Sollte der Schleifstein an sich aber karbonatisch sein, wird Ergebnis natürlich nicht eindeutig. Der einfachste Weg bleibt das simple Ausprobieren.
Japanische Begriffe:
Harike – toxische nadel-, punkt- oder fleckenförmige Einschlüsse
Atarazuno hari – nicht-toxische nadel-, punkt- oder fleckenförmige Einschlüsse
Goma – kleine schwarze Punkte die aussehen wie Sesamkörner. Sie können toxisch und nicht-toxisch sein
Goma in der Nahaufnahme
Kanesuji – toxische Haarrisse/Klüfte die oft über die gesamte Länge des Schleifsteins gehen
Kesuji – nicht toxische Haarrisse/Klüfte
Iwatani Karasu mit Kesuji und Atarazuno hari
Kanesuji
Kanesuji
Kanesuji
Der Beitrag entspricht natürlich nicht der Vollständigkeit und darf gern ergänzt und korrigiert werden.
- Jan