Post by schmirgel on May 20, 2018 18:53:06 GMT
Neues aus der Serie mit Vernunft und Verstand. Naja, so halbwegs ...
Meine Frau und ich (und die Kids) haben seit ein paar Jahren ein kleines Holzhäusschen in den Osttiroler Bergen (bzw. im Tal), wo wir quasi jeden Urlaub verbringen, uns aber irgendwie auch vorstellen könnten, da mal ganz hinzuziehen.
Und wo man gerne ist, braucht man(n) Messer. Bislang hatte ich da ausrangierte Kais, ein paar olle Aldi-VG10s und ein bissel Herder-Kleinkram á la Buckels in der Schublade rumfliegen. Nun war mir aber danach, das etwas stilvoller aufzurüsten. Also habe ich mir erstmal eine kleine Magnetleiste gesägt und gefräst. Und dann überlegt, was Sinn macht. Ich hätte zwar zu Hause genug „Staubiges“ in der Schublade, aber das ist eben alles teuer. Oder empfindlich. Oder rostend. Oder alles zusammen. Wir vermieten das Haus zwar nicht, aber lassen unsere Familie und Freunde hin und wieder da wohnen. Und das sind alles Messer-Barbaren. Es musste also etwas Robustes, nicht zu Edles her, das alles für den Normalo abdeckt, das aber zumindest in Teilen auch mir als Freak Spaß macht. Ohne dass ich Weinkrämpfe bekomme, wenn eines der Messer dann doch reif für die Tonne ist.
Die Wahl fiel eh schnell auf Victorinox in Palisander/Rose Wood. A) Weil mein erstes Taschenmesser als Kind genauso wie mein erstes Kochmesser als Student von Victorinox war B) Weil die Qualität zum Preis super ist C) Weil ich alles bei einem kleinen, uralten Messerladen vor Ort kaufen konnte und das zu Preisen nur knapp über den saubilligen Amazon-Kursen (25er-Kochmesser = 30 Euro …).
Klar, Fibrox wäre noch mal pflegeleichter gewesen, aber das konnte ich mir nicht antun … Wobei die Palisander-Griffe leider OOTB alle etwas unangenehm stinken. Aber ich habe sie eh alle geschliffen, geölt und versiegelt – dann war der Geruch auch weg. Dazu Fehlstellen verkittet – was man halt so macht bei billigen Holzgriffen. Als fixes Schärfsystem habe ich mir einen Ruxin-III-EP-Clone auf diverse Art und Weise getunet und in der Garage deponiert. Dazu liegt ein Eicker-Wetzstahl in der Schublade. Und ein paar ausrangierte, halbwegs feedback-freundliche Banksteine zum freihand schärfen gibt es auch noch.
Das komplette Set besteht aus:
Palisander 5.2000.12 Office 120
Palisander 5.2000.19 Carving 190
Palisander 5.2000.25 Chef 250
Palisander 5.2390.26 Pastry 260
Palisander 5.3000 Vegetable 85
Palisander 5.3100 Paring 60
Palisander 5.4400.25 Slicer 250
Palisander 5.6616.15 Boning 150
Und dann mal als Mini-Review:
1. Die langen Spezialisten, Schinkenmesser und Konditorsäge
Zur Konditorsäge muss man ja hier nicht mehr viel sagen. Das beste Brotmesser für kleines Geld. Dünn, scharf, ausreichend lang
Das Schinkenmesser habe ich mir von Jürgen ausdünnen lassen. Und er hat es gut gemeint, das ist jetzt so dünn, da kann man durchgucken. Und so flexibel, dass man einen Konten reinmachen kann. Und so scharf, dass es an der Schnur hängende Tomaten in hauchdünne Scheiben schneidet. Dabei soll es eigentlich nur meinen Osttiroler Speck in zarte Scheiben schneiden. Ich habe jetzt eine halbwegs stabile Fase und 38°-Gesamtwinkel (EP, bis 6K Kitayama) drauf geschliffen, so dass es Feindkontakt halbwegs aushalten wird. Ich tippe aber, dass keiner meiner Gäste zu dem Ding greifen wird. Das Finish muss ich noch machen, habe aber meine Rhynowets zu Hause vergessen.
2. Die beiden Kochmesser
Das kleine 19er habe ich im Originalschliff belassen bzw. diesen bis auf 6k verfeinert, weil meine in Sachen Schneidtechnik etwas „grobe“ Frau es nutzt. Und weil ich tippe, dass es auch die bucklige Verwandtschaft zum Erstmesser erkoren wird. Und das Ding ist super. Leicht, handlich, super führig, sehr scharf (und mit drei Zügen über dem Eicker sofort wieder ein Tomatenkiller). Klar, durch Möhren knackt es – kein Wunder bei der breiten Fase.
Das große 25er ist, logo, MEIN MESSER. Das war auch bei Jürgen, ist jetzt komplett und höchstgradig nagelgängig und ein Laser durch und durch (mit leider auch bissel gruseligem Food Release), zudem mit gerundetem Rücken. Dazu habe ich den Griff extrem ausgedünnt, vorne weit beschnitten und mit dem Dremel einen Fingerrest gebaut. Finish hatte ich noch zu Hause gemacht, ist aber noch nicht perfekt, aber nicht so übel, wie es auf den Bildern aussieht. Und abgesehen vom Food Release ist auch das Ding ein verdammt gutes Kochmesser. Punkt. Ich habe auch einen 38°-Schliff aufgesetzt, es hält also einiges aus – aber auch hier glaube ich eh nicht, dass das Ding jemand anderes außer mir in die Hand nimmt. Und wenn es doch jemand zum Brennholz hacken nimmt (wobei es in der Garage vor Äxten, Macheten und Haumessern nur so wimmelt …), ist der Schaden halt wenigstens finanziell überschaubar.
3. Die kleinen Schnibbler und Spezialisten
Das Ausbeinmesser ist ganz neu, noch nicht ausprobiert. Auch das ist wieder ein Messer, das vom Rest sicher unbeachtet wird. Die meisten wissen vermutlich gar nicht, was das ist … Und ich habe Spaß, damit ein Bio-Huhn vom Nachbarshof zu zerlegen. Ist arg scharf, flexible Klinge, wuchtiger Amerikaner-Griff. Bin mal gespannt, wie ich damit zurechtkomme.
Das 12er-Office ist ein Messer, das ich selber gar nicht nutze. Oder höchstens, um Bergkäse zu schneiden. Aber meiner Frau gefällt es. Auch das ist im Originalschliff, wird jetzt auch noch einen bissel verbesserten, aber genauso robusten Grundschliff bekommen – und dann nur noch den Eicker sehen.
Das 85-Knippchen ist gut. Bissel sehr flach, also wirklich nur in der Hand zu gebrauchen, aber schön leicht und führig. Leider hat mir da jemand (Ehefrau?) schon jetzt den Klingenspiegel völlig zerkratzt. Braucht also bei Zeiten auch ein neues Finish. Ansonsten wetzen, wetzen, wetzen …
Den 60er-Vogelschnabel mag ich irgendwie sehr. Der ist schärfer/führiger als mein K0 zu Hause … Kein Messer, was man haben muss. Aber um meinem Kurzen mal schnell einen Apfel zu entkernen und zu schälen einfach nett. Die Schlieren auf dem Bild sind Öl/Fett …
Noch ein paar Bilder, der Kehlshot ist vom 25er.