Post by mmm1294 on Jun 4, 2018 19:21:56 GMT
Hi,
ich möchte euch meinen neuen Härteofen nicht vorenthalten, allerdings ist der nicht so schick wie der von Uwe, einfach aus Geld- und Zeitgründen. Funktioniert aber einwandfrei
Der Ofen hat mich ca. 2 Wochen Bauzeit (nebenbei) und ungefähr 120€ gekostet - weil ich viele Dinge für den Bau schon da hatte.
Angefangen hat alles mit einem alten Schornsteinrohr, das ja schon eine Isolierung besitzt. Das kam mir sehr gelegen, und da sowieso eine Art Rohrofen geplant war, wurde das direkt hergenommen.
Um das Schornsteinrohr habe ich ein Gestell aus Stahl geschweißt - nicht schön, dafür aber selten. Es besteht aus alten Resten, die ich im Keller von Ralf fand.
Die Tür habe ich aus 3mm Stahlblech geschweißt und mit einer sehr einfachen mechanischen Konstruktion mit Gegengewicht versehen, die aber einwandfrei funktioniert und die Tür schön auf/zu hält - da kommt einem nichts entgegen wenn man mit dem Härtegut hantiert. Wichtig war mir auch, dass die Tür nach unten aufgeht, da ich zur Seite immer doof fand.
Nun zum Herzstück des Ofens: Das Heizelement. Hier Kanthaldraht A1 in 1,2mm Durchmesser mit einem spezifischen Widerstand von 1,28 Ohm/m. Kurz die alte Formelsammlung aus der Schule rausgekramt und nachgerechnet: Mit ~12m des Drahtes kommt man auf ca. 3kW, was meine Zielleistung war, damit ich auch sehr hohe Temperaturen in angemessener Zeit erreichen kann.
Den Heizdraht habe ich um ein 110er Abflussrohr gewickelt und gut mit Schraubzwingen fixiert. Das Wickeln und Fixieren war ne ganz schön anstrengende Sache, da der Draht störrisch ist bis zum geht nicht mehr. Danach so korrigiert, dass alle Wicklungen ungefähr den gleichen Abstand haben und vorn und hinten ein Stück über stehen lassen (für den Anschluss; Gesamtlänge des Drahtes daher eher 12,7m mit Reserve). Anschließend habe ich den Draht mit Tiegelmasse (200% schamottierter Ton) ca 1cm dick eingekleidet und das ganze trocknen lassen.
Das würde ich, sollte ich jemals wieder eine solche Konstrukion bauen, jetzt anders machen. Das Abflussrohr lässt sich nämlich kaum aus dem Tonrohr rausziehen, beim ersten Versuch ist mir der Draht direkt mitgekommen und das war ärgerlich. Ich habs dann aber nochmal genau so gemacht, nur das Rohr vorher geteilt und mit Tape fixiert, es ging aber trotzdem beschissen. In Zukunft würde ich einfach das Tonrohr formen und wenn das trocken ist, den Heizdraht außen draufwickeln. Ob das nun von innen durchheizt oder von außen ist ja schließlich komplett Wumpe!
Egal, beim zweiten mal hat's dann auch geklappt, der Draht ist drin geblieben und das Rohr zum Glück auch heile! Damit das auch so funktioniert, habe ich das Tonrohr (als es getrocknet war und noch das Abflussrohr zum Stützen drin war) mit zwei Lagen feuerfester Keramikwolle umwickelt und in das Schornsteinrohr gestopft.
Als das Abflussrohr draußen war, habe ich auf den Draht eine dünne Schicht (4-5mm oder so) feuerfesten Mörtel geschmiert, damit der Draht auch ja nicht mehr verrutschen kann.
Das ganze wurde dann ordentlich durchgetrocknet (mit einem Heißluftföhn zur Unterstützung) und nach zwei Tagen dann langsam angeworfen.
Erst immer nur ganz kurze Heizperioden, dann bis 100°C, dann bis 200°C, dann 400°C, 500°C und anschließend der Testlauf auf 830°C. Die Temperaturen wurden jeweils pro Tag gefahren und dazwischen war immer ein Tag Pause zum durchtrocknen.
Auf die Elektrik möchte ich hier nicht spezifisch eingehen, einfach aus Gründen der Sicherheit für euch und für mich. Ich bin kein Elektriker, es funktioniert zwar alles so wie ich es angeschlossen habe, allerdings würde ich kein Gewähr dafür geben und aus diesem Grund werde ich hier auch keine detaillierten Bilder/Beschreibungen dazu posten - Strom ist eben gefährlich!
Geregelt wird der Ofen mit einem PID-Regler, SSR-Relais und einem Thermoelement Typ K (ich habe mich hier für ein schön dickes und somit träges Thermoelement mit 6mm Durchmesser entschieden, damit die Steuerung nicht so viel schaffen muss) von sensorshop24.de. Dies wird zusammen mit dem Heizelement per Hauptschalter geschaltet (Ist hier nicht zu sehen, da mir der durchgebrannt ist, ist aber mittlerweile durch einen stärkeren ersetzt worden).
Der Türhebel steuert einen Endlagenschalter an, der per 2-phasigem Relais zuverlässig beide Phasen beim Öffnen der Tür trennt und somit verhindert, dass man sich einen Schlag holt, wenn man mit dem Härtegut umgeht.
Hier einfach mal ein paar ungeordnete Bilder vom Bau, die unterstreichen den Text ein wenig und machen vielleicht das ein oder andere etwas klarer.
Hier das Schornsteinrohr, welches den Anfang des Ofens gemacht hat
Die fertig gewickelte und ausgerichtete Heizspriale
Hier das Rohr mit Gestell und daneben das "Heizrohr" aus Ton, am trocknen. Wer das nachbauen will braucht Nerven wie Kevlarseile, der Ton reißt wie blöd ein. lässt sich aber flicken und wenn er einmal gebrannt ist, ist der brutal fest!
Die Tür ist fertig konstruiert, der Hebel noch nicht ganz
und Tür offen. Die Keramikfasermatte habe ich vorn absichtlich blank gelaseen, da diese so elastisch bleibt und als Dichtlippe fungiert
Hier mal der Fühler und das Herzstück, die PID-Steuerung im Größenvergleich mit meiner Hand
Hinten habe ich den Ofen mit Ytongsteinen und einer Schicht Keramikfasermatte davor isoliert und die Enden des Heizdrahtes hindruchgeführt. So wird ein elektrischer Anschluss ohne Bestromung des Gehäuses gewährleistet. Gehäuse ist trotzdem geerdet! (Das sieht mittlerweile auch ordentlicher aus!). Hier ist auch noch das SSR zu erkennen.
Ein Blick in das frisch mit feuerfestem Mörtel eingestrichene Tonrohr beim trocknen
Hier der Ofen in der Seitansicht. Sieht leider kacke aus, ganz ohne Schalter, aber ist nunmal so - funktioniert trotzdem
Und nochmal von vorn bei geöffneter Türe mit dem endgültigen Hebel, hier beim Abkühlen vom Testlauf auf 1180°C mit schnuckeligen ~950°C
Und zu guter Letzt ein Blick in die "Hölle des kleinen Mannes": Erfolgreicher Testlauf auf 1180°C. Damit geht schon was
Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass das nicht mein erster (und sicher auch nicht mein letzer ) Härteofen war, den ich selbst gebaut habe. Ist als Student immer eine schön preiswerte Alternative zum teuren Kauf und wer ne Glühbirne anschließen kann, kann auch das.
Der Ofen braucht auf 830°C genau 30 Minuten und auf 1180°C ca. 50 Minuten bis 1h (das habe ich noch nicht gemessen von RT ab). Er hält die eingestellte Temperatur zielgenau um +-2°C und scheint auch in der °C-Anzeige sehr präzise zu sein (erste Härtungen haben perfekt funktioniert, 1.2419 auf 63HRC nach dem Anlassen).
Viel Spaß beim Schauen,
Marius
Edit: Bilder beschriftet und bisschen Ordnung geschaffen.
ich möchte euch meinen neuen Härteofen nicht vorenthalten, allerdings ist der nicht so schick wie der von Uwe, einfach aus Geld- und Zeitgründen. Funktioniert aber einwandfrei
Der Ofen hat mich ca. 2 Wochen Bauzeit (nebenbei) und ungefähr 120€ gekostet - weil ich viele Dinge für den Bau schon da hatte.
Angefangen hat alles mit einem alten Schornsteinrohr, das ja schon eine Isolierung besitzt. Das kam mir sehr gelegen, und da sowieso eine Art Rohrofen geplant war, wurde das direkt hergenommen.
Um das Schornsteinrohr habe ich ein Gestell aus Stahl geschweißt - nicht schön, dafür aber selten. Es besteht aus alten Resten, die ich im Keller von Ralf fand.
Die Tür habe ich aus 3mm Stahlblech geschweißt und mit einer sehr einfachen mechanischen Konstruktion mit Gegengewicht versehen, die aber einwandfrei funktioniert und die Tür schön auf/zu hält - da kommt einem nichts entgegen wenn man mit dem Härtegut hantiert. Wichtig war mir auch, dass die Tür nach unten aufgeht, da ich zur Seite immer doof fand.
Nun zum Herzstück des Ofens: Das Heizelement. Hier Kanthaldraht A1 in 1,2mm Durchmesser mit einem spezifischen Widerstand von 1,28 Ohm/m. Kurz die alte Formelsammlung aus der Schule rausgekramt und nachgerechnet: Mit ~12m des Drahtes kommt man auf ca. 3kW, was meine Zielleistung war, damit ich auch sehr hohe Temperaturen in angemessener Zeit erreichen kann.
Den Heizdraht habe ich um ein 110er Abflussrohr gewickelt und gut mit Schraubzwingen fixiert. Das Wickeln und Fixieren war ne ganz schön anstrengende Sache, da der Draht störrisch ist bis zum geht nicht mehr. Danach so korrigiert, dass alle Wicklungen ungefähr den gleichen Abstand haben und vorn und hinten ein Stück über stehen lassen (für den Anschluss; Gesamtlänge des Drahtes daher eher 12,7m mit Reserve). Anschließend habe ich den Draht mit Tiegelmasse (200% schamottierter Ton) ca 1cm dick eingekleidet und das ganze trocknen lassen.
Das würde ich, sollte ich jemals wieder eine solche Konstrukion bauen, jetzt anders machen. Das Abflussrohr lässt sich nämlich kaum aus dem Tonrohr rausziehen, beim ersten Versuch ist mir der Draht direkt mitgekommen und das war ärgerlich. Ich habs dann aber nochmal genau so gemacht, nur das Rohr vorher geteilt und mit Tape fixiert, es ging aber trotzdem beschissen. In Zukunft würde ich einfach das Tonrohr formen und wenn das trocken ist, den Heizdraht außen draufwickeln. Ob das nun von innen durchheizt oder von außen ist ja schließlich komplett Wumpe!
Egal, beim zweiten mal hat's dann auch geklappt, der Draht ist drin geblieben und das Rohr zum Glück auch heile! Damit das auch so funktioniert, habe ich das Tonrohr (als es getrocknet war und noch das Abflussrohr zum Stützen drin war) mit zwei Lagen feuerfester Keramikwolle umwickelt und in das Schornsteinrohr gestopft.
Als das Abflussrohr draußen war, habe ich auf den Draht eine dünne Schicht (4-5mm oder so) feuerfesten Mörtel geschmiert, damit der Draht auch ja nicht mehr verrutschen kann.
Das ganze wurde dann ordentlich durchgetrocknet (mit einem Heißluftföhn zur Unterstützung) und nach zwei Tagen dann langsam angeworfen.
Erst immer nur ganz kurze Heizperioden, dann bis 100°C, dann bis 200°C, dann 400°C, 500°C und anschließend der Testlauf auf 830°C. Die Temperaturen wurden jeweils pro Tag gefahren und dazwischen war immer ein Tag Pause zum durchtrocknen.
Auf die Elektrik möchte ich hier nicht spezifisch eingehen, einfach aus Gründen der Sicherheit für euch und für mich. Ich bin kein Elektriker, es funktioniert zwar alles so wie ich es angeschlossen habe, allerdings würde ich kein Gewähr dafür geben und aus diesem Grund werde ich hier auch keine detaillierten Bilder/Beschreibungen dazu posten - Strom ist eben gefährlich!
Geregelt wird der Ofen mit einem PID-Regler, SSR-Relais und einem Thermoelement Typ K (ich habe mich hier für ein schön dickes und somit träges Thermoelement mit 6mm Durchmesser entschieden, damit die Steuerung nicht so viel schaffen muss) von sensorshop24.de. Dies wird zusammen mit dem Heizelement per Hauptschalter geschaltet (Ist hier nicht zu sehen, da mir der durchgebrannt ist, ist aber mittlerweile durch einen stärkeren ersetzt worden).
Der Türhebel steuert einen Endlagenschalter an, der per 2-phasigem Relais zuverlässig beide Phasen beim Öffnen der Tür trennt und somit verhindert, dass man sich einen Schlag holt, wenn man mit dem Härtegut umgeht.
Hier einfach mal ein paar ungeordnete Bilder vom Bau, die unterstreichen den Text ein wenig und machen vielleicht das ein oder andere etwas klarer.
Hier das Schornsteinrohr, welches den Anfang des Ofens gemacht hat
Die fertig gewickelte und ausgerichtete Heizspriale
Hier das Rohr mit Gestell und daneben das "Heizrohr" aus Ton, am trocknen. Wer das nachbauen will braucht Nerven wie Kevlarseile, der Ton reißt wie blöd ein. lässt sich aber flicken und wenn er einmal gebrannt ist, ist der brutal fest!
Die Tür ist fertig konstruiert, der Hebel noch nicht ganz
und Tür offen. Die Keramikfasermatte habe ich vorn absichtlich blank gelaseen, da diese so elastisch bleibt und als Dichtlippe fungiert
Hier mal der Fühler und das Herzstück, die PID-Steuerung im Größenvergleich mit meiner Hand
Hinten habe ich den Ofen mit Ytongsteinen und einer Schicht Keramikfasermatte davor isoliert und die Enden des Heizdrahtes hindruchgeführt. So wird ein elektrischer Anschluss ohne Bestromung des Gehäuses gewährleistet. Gehäuse ist trotzdem geerdet! (Das sieht mittlerweile auch ordentlicher aus!). Hier ist auch noch das SSR zu erkennen.
Ein Blick in das frisch mit feuerfestem Mörtel eingestrichene Tonrohr beim trocknen
Hier der Ofen in der Seitansicht. Sieht leider kacke aus, ganz ohne Schalter, aber ist nunmal so - funktioniert trotzdem
Und nochmal von vorn bei geöffneter Türe mit dem endgültigen Hebel, hier beim Abkühlen vom Testlauf auf 1180°C mit schnuckeligen ~950°C
Und zu guter Letzt ein Blick in die "Hölle des kleinen Mannes": Erfolgreicher Testlauf auf 1180°C. Damit geht schon was
Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass das nicht mein erster (und sicher auch nicht mein letzer ) Härteofen war, den ich selbst gebaut habe. Ist als Student immer eine schön preiswerte Alternative zum teuren Kauf und wer ne Glühbirne anschließen kann, kann auch das.
Der Ofen braucht auf 830°C genau 30 Minuten und auf 1180°C ca. 50 Minuten bis 1h (das habe ich noch nicht gemessen von RT ab). Er hält die eingestellte Temperatur zielgenau um +-2°C und scheint auch in der °C-Anzeige sehr präzise zu sein (erste Härtungen haben perfekt funktioniert, 1.2419 auf 63HRC nach dem Anlassen).
Viel Spaß beim Schauen,
Marius
Edit: Bilder beschriftet und bisschen Ordnung geschaffen.