Das Freihandschärfen - Meine Erfahrungen
Jun 14, 2018 23:37:25 GMT
kiam, Mighty, and 8 more like this
Post by caponsky on Jun 14, 2018 23:37:25 GMT
Das Freihandschärfen wird ja an vielen Stellen im großen und ganzen recht gut beschrieben. Dabei wird aber häufig nicht auf Dinge eingegangen, die für einen Anfänger eventuell hilfreich sein könnten. Was mir so mit der Zeit aufgefallen ist möchte ich hier gerne niederschreiben. Einiges versteht man vielleicht besser aus der Erfahrung heraus, aber die Hoffnung bleibt, dass es dem einen oder anderen doch helfen könnte.
1. Ein nicht zu unterschätzender Faktor beim Freihandschärfen ist die Stimmung in der man gerade ist. Jeder will ein scharfes Messer, aber deswegen hat man nicht immer den Nerv oder die Zeit sich wirklich auf die Tätigkeit zu konzentrieren und solange dran zu bleiben, bis das Ergebnis passt. Ich werde dann gerne schlampig und fange an mich selber zu bescheißen. Das äußert sich zum Beispiel in Gedanken wie 'Nur weil ich da noch keinen richtigen Grad fühle muss es ja nicht heißen, dass da keiner ist. Immerhin ist er ja sonst schon fast überall...'.
2. Das Messer ist enorm wichtig. Es gibt wirklich widerspenstigen Stahl. Mit billigen Messern schärfen üben kann so auf jeden Fall zu viel Frustration führen. Ist bei mir so mit Zwilling Twin Pollux und Ikea Messern gewesen. Victorinox Fibrox z.B. ist hingegen gut zu schärfen, falls man was zum Üben braucht.
3. Messer schärfen besteht ja im Prinzip aus zwei Phasen. Den Grat aufbauen und den Grat entfernen/reduzieren. Während den Grad aufbauen für mich eher kein größeres Problem darstellt, war entgraten für mich, wie ich heute weiß ein erhebliches Problem. Ein Grat kann sehr viele Schärfetests bestehen, vor allem den einfachen Papiertest mit Druckerpapier und den Küchenpapierknödeltests. Laut Leos Messerseite schafft es ein Grat nicht Haare mit und gegen den Strich zu rasieren. So weit scheint das richtig zu sein. Wenn ein scharfes Messer nach wenigen Schnitten/wenigen Gemüsen/einer Mahlzeit nicht mehr schön scharf ist, dann wurde vermutlich nicht richtig entgratet und der Grat hat sich umgelegt. Ein richtig entgratetes Messer bleibt deutlich länger scharf. Ein richtig entgratetes Messer fühlt sich mit dem Daumen an der Schneide knackig fest an. Wenn da was biegt/wobbelt, dann steht wahrscheinlich noch ein Grat. Eine entgratete Schneide hält im allgemeinen richtigem Choppen auf einem Holzbrett stand. Eine Möglichkeit zu entgraten ist daher mit der Schneide auf ein Schneidebrett zu schlagen. Der Grat legt sich dann in der Regel um und kann nun mit Wechselseitigen Zügen auf dem Schleifstein besser entfernt werden. Man kann das auch mehrmals wiederholen. Eine weitere Möglichkeit zu entgraten ist die Schneide durch ein Holzbrett zu ziehe und zu schieben (beide richtungen), und/oder durch einen Korken.
4. Bevor man auf den nächst feineren Stein wechselt kann es sich lohnen schon mal zu entgraten. Vor allem wenn man von einem groben Stein (400 JIS) kommt.
5. Was die linke und die rechte Hand beim Schleifen machen (oder umgekehrt). Die rechte Hand hält bei mir den Griff. Das Handgelenk wird mit relativ viel Muskelspannung steif gemacht. Der Daumen auf den Messerrücken gesetzt. Die Finger der liegen Hand liegen Dicht an der Schneidkante des Messers. Ich Schärfe einmal mit der Schneide zu mir und dann mit der Schneide von mir weg zeigend. Wenn die Schneide zu mir zeigt, ist es am einfachsten den Schleifwinkel mit den Fingern zu führen. Einmal keilt man das Messer fest, indem die Finger der linken Hand an der Schneide druck ausüben/halten, währen der Daumen das gleiche am Rücken tut. Dann funktionieren die Finger der linken Hand noch als Winkelführung, vor allem, wenn ich an dem Kurve einer Messerschneide schleife.
6. Bei nicht zu dünnen Messergeometrien kann man spüren, wann man eine saubere Facette angeschliffen hat, weil der Winkel in dem Bereich stabiler aufliegt. Wenn das Gefühl noch nicht da ist, dann hat man noch nicht genug geschliffen. Bei Messern mit Dünnschliff ist die Auflagefläche aber so klein, dass es schwieriger wird dies zu merken.
7. Wenn man im richtigen Winkel schärft fühlt es sich so an, als ob man den Stein Schichtweise abschürft.
8. Wenn man ein im V-Schliff geschliffenes Messer wetzt und man setzt den Winkel zu flach an, dann hat man ein sehr leicht gleitendes Gefühl und ein hohes Geräusch, da man die Kante trifft, die den Übergang zum V markiert uund diese eine sehr kleine Auflagefläche bietet. Wenn man den Winkel trifft, dann kann man ein wenig Widerstand/ein leichtes Schaben wahrnehmen und hören, da man eine größere Auflagefläche, eine Seite des Vs hat Wenn man den Winkel deutlich zu steil wählt, dann gibt das ein kratzendes Gefühl und Geräusch. Ich Wetze mit dem Wetzstab in der linken Hand und dem Messer in der rechten. Dabei halte ich den Wetzstab in einer annähernd natürlichen Position, also nicht etwa mit der Spitze nach oben, sondern eher horizontal. Wenn ich die rechte Seite der Schneide abziehe, also das Messer über den Stab zu mir ziehe, dann liegt das Messer auf dem Stab und ich kann den Winkel gut sehen und die Bewegung gut einschätzen. Häufig verfahre ich mit dem abziehen der linken Schneidenseite auch so. Wenn ich damit aber keinen Erfolg habe oder der Schneidenverlauf das Einschätzen des Abziehwinkels wegen Kurven schwierig macht oder ich mich gerade nicht in der Lage sehe eine saubere Bewegung hinzubekommen, dann halte ich häufig das Messer fix und Schiebe den Stab über die Schneide. Dann kann ich den Winkel ähnlich zur Ziehbewegung sehen und einschätzen, was mir deutlich leichter fällt. Ich muss dabei nur langsamer vorgehen, weswegen ich meist zuerst die erstere Variante wähle und gucke, ob ich damit Erfolg habe.
9.Wenn man ein Messer auf einem groben Stein schon schön scharf hatte, und auf einem feinen Stein die schärfe wieder verloren gegangen ist, dann reicht es vermutlich nochmal ruhig und konzentriert auf den feinen Stein zu gehen um eine schöne Schärfe zu erreichen.
10. Man verwackelt den Winkel weniger, wenn man das Messer nicht im 90 Grad winkel zum Stein führt, sondern Diagonal auf dem Stein schleift. Die Auflagefläche ist dann größer und die Vor- und Zurückbewegung des Schleifens bewegt sich zum Schleifwinkel annähernd rechtwinklig, sodass die Kräfte den nicht so stark verwackeln. Es bietet sich dann an den Stein ca. im 45 Grad winkel zu positionieren.
11. Ein auf einem groben Stein gut geschärftes Messer ist bereits ein sehr scharfes Messer.
12. An einer Schneide kann es Ausbrüche geben und sie kann sich umlegen. Wenn sich die Schneide umgelegt hat, dann kann man sie mit einem Wetzstahl/-stab wieder aufrichten. Das geht sehr gut, wenn man am Anfang mit so viel Druck arbeitet, dass die Schneide buckelt,also in dem Bereich eine Welle macht, in dem man sie über den Wetzstahl zieht. So kann man auch rausfinden, ob sie sich umgelegt hat. Wenn sie bloß verbogen war sind die vermeintlichen Ausbrüche dann weg. Das funktioniert aber nur bei Messern die dünn genug sind, sodass die Schneide buckeln kann. Hat bei mir noch bei einem ca. 60 HRC harten Messer sehr gut funktioniert.
13. Um mühelos Tomaten zu schneiden und Basilikumblätter ohne eindrücken sauber und mühelos zu schneiden genügt ein Freihandwinkel von 20 Grad (Abschlusstein ist bei mir ein 6000er Suehiro Cerax/ danke für das bestehen auf stumpfere Winkel @bastlwastl).
Ich werde hier immer mal wieder updaten, wenn mir was einfällt/auffällt.
Liebe Grüße
1. Ein nicht zu unterschätzender Faktor beim Freihandschärfen ist die Stimmung in der man gerade ist. Jeder will ein scharfes Messer, aber deswegen hat man nicht immer den Nerv oder die Zeit sich wirklich auf die Tätigkeit zu konzentrieren und solange dran zu bleiben, bis das Ergebnis passt. Ich werde dann gerne schlampig und fange an mich selber zu bescheißen. Das äußert sich zum Beispiel in Gedanken wie 'Nur weil ich da noch keinen richtigen Grad fühle muss es ja nicht heißen, dass da keiner ist. Immerhin ist er ja sonst schon fast überall...'.
2. Das Messer ist enorm wichtig. Es gibt wirklich widerspenstigen Stahl. Mit billigen Messern schärfen üben kann so auf jeden Fall zu viel Frustration führen. Ist bei mir so mit Zwilling Twin Pollux und Ikea Messern gewesen. Victorinox Fibrox z.B. ist hingegen gut zu schärfen, falls man was zum Üben braucht.
3. Messer schärfen besteht ja im Prinzip aus zwei Phasen. Den Grat aufbauen und den Grat entfernen/reduzieren. Während den Grad aufbauen für mich eher kein größeres Problem darstellt, war entgraten für mich, wie ich heute weiß ein erhebliches Problem. Ein Grat kann sehr viele Schärfetests bestehen, vor allem den einfachen Papiertest mit Druckerpapier und den Küchenpapierknödeltests. Laut Leos Messerseite schafft es ein Grat nicht Haare mit und gegen den Strich zu rasieren. So weit scheint das richtig zu sein. Wenn ein scharfes Messer nach wenigen Schnitten/wenigen Gemüsen/einer Mahlzeit nicht mehr schön scharf ist, dann wurde vermutlich nicht richtig entgratet und der Grat hat sich umgelegt. Ein richtig entgratetes Messer bleibt deutlich länger scharf. Ein richtig entgratetes Messer fühlt sich mit dem Daumen an der Schneide knackig fest an. Wenn da was biegt/wobbelt, dann steht wahrscheinlich noch ein Grat. Eine entgratete Schneide hält im allgemeinen richtigem Choppen auf einem Holzbrett stand. Eine Möglichkeit zu entgraten ist daher mit der Schneide auf ein Schneidebrett zu schlagen. Der Grat legt sich dann in der Regel um und kann nun mit Wechselseitigen Zügen auf dem Schleifstein besser entfernt werden. Man kann das auch mehrmals wiederholen. Eine weitere Möglichkeit zu entgraten ist die Schneide durch ein Holzbrett zu ziehe und zu schieben (beide richtungen), und/oder durch einen Korken.
4. Bevor man auf den nächst feineren Stein wechselt kann es sich lohnen schon mal zu entgraten. Vor allem wenn man von einem groben Stein (400 JIS) kommt.
5. Was die linke und die rechte Hand beim Schleifen machen (oder umgekehrt). Die rechte Hand hält bei mir den Griff. Das Handgelenk wird mit relativ viel Muskelspannung steif gemacht. Der Daumen auf den Messerrücken gesetzt. Die Finger der liegen Hand liegen Dicht an der Schneidkante des Messers. Ich Schärfe einmal mit der Schneide zu mir und dann mit der Schneide von mir weg zeigend. Wenn die Schneide zu mir zeigt, ist es am einfachsten den Schleifwinkel mit den Fingern zu führen. Einmal keilt man das Messer fest, indem die Finger der linken Hand an der Schneide druck ausüben/halten, währen der Daumen das gleiche am Rücken tut. Dann funktionieren die Finger der linken Hand noch als Winkelführung, vor allem, wenn ich an dem Kurve einer Messerschneide schleife.
6. Bei nicht zu dünnen Messergeometrien kann man spüren, wann man eine saubere Facette angeschliffen hat, weil der Winkel in dem Bereich stabiler aufliegt. Wenn das Gefühl noch nicht da ist, dann hat man noch nicht genug geschliffen. Bei Messern mit Dünnschliff ist die Auflagefläche aber so klein, dass es schwieriger wird dies zu merken.
7. Wenn man im richtigen Winkel schärft fühlt es sich so an, als ob man den Stein Schichtweise abschürft.
8. Wenn man ein im V-Schliff geschliffenes Messer wetzt und man setzt den Winkel zu flach an, dann hat man ein sehr leicht gleitendes Gefühl und ein hohes Geräusch, da man die Kante trifft, die den Übergang zum V markiert uund diese eine sehr kleine Auflagefläche bietet. Wenn man den Winkel trifft, dann kann man ein wenig Widerstand/ein leichtes Schaben wahrnehmen und hören, da man eine größere Auflagefläche, eine Seite des Vs hat Wenn man den Winkel deutlich zu steil wählt, dann gibt das ein kratzendes Gefühl und Geräusch. Ich Wetze mit dem Wetzstab in der linken Hand und dem Messer in der rechten. Dabei halte ich den Wetzstab in einer annähernd natürlichen Position, also nicht etwa mit der Spitze nach oben, sondern eher horizontal. Wenn ich die rechte Seite der Schneide abziehe, also das Messer über den Stab zu mir ziehe, dann liegt das Messer auf dem Stab und ich kann den Winkel gut sehen und die Bewegung gut einschätzen. Häufig verfahre ich mit dem abziehen der linken Schneidenseite auch so. Wenn ich damit aber keinen Erfolg habe oder der Schneidenverlauf das Einschätzen des Abziehwinkels wegen Kurven schwierig macht oder ich mich gerade nicht in der Lage sehe eine saubere Bewegung hinzubekommen, dann halte ich häufig das Messer fix und Schiebe den Stab über die Schneide. Dann kann ich den Winkel ähnlich zur Ziehbewegung sehen und einschätzen, was mir deutlich leichter fällt. Ich muss dabei nur langsamer vorgehen, weswegen ich meist zuerst die erstere Variante wähle und gucke, ob ich damit Erfolg habe.
9.Wenn man ein Messer auf einem groben Stein schon schön scharf hatte, und auf einem feinen Stein die schärfe wieder verloren gegangen ist, dann reicht es vermutlich nochmal ruhig und konzentriert auf den feinen Stein zu gehen um eine schöne Schärfe zu erreichen.
10. Man verwackelt den Winkel weniger, wenn man das Messer nicht im 90 Grad winkel zum Stein führt, sondern Diagonal auf dem Stein schleift. Die Auflagefläche ist dann größer und die Vor- und Zurückbewegung des Schleifens bewegt sich zum Schleifwinkel annähernd rechtwinklig, sodass die Kräfte den nicht so stark verwackeln. Es bietet sich dann an den Stein ca. im 45 Grad winkel zu positionieren.
11. Ein auf einem groben Stein gut geschärftes Messer ist bereits ein sehr scharfes Messer.
12. An einer Schneide kann es Ausbrüche geben und sie kann sich umlegen. Wenn sich die Schneide umgelegt hat, dann kann man sie mit einem Wetzstahl/-stab wieder aufrichten. Das geht sehr gut, wenn man am Anfang mit so viel Druck arbeitet, dass die Schneide buckelt,also in dem Bereich eine Welle macht, in dem man sie über den Wetzstahl zieht. So kann man auch rausfinden, ob sie sich umgelegt hat. Wenn sie bloß verbogen war sind die vermeintlichen Ausbrüche dann weg. Das funktioniert aber nur bei Messern die dünn genug sind, sodass die Schneide buckeln kann. Hat bei mir noch bei einem ca. 60 HRC harten Messer sehr gut funktioniert.
13. Um mühelos Tomaten zu schneiden und Basilikumblätter ohne eindrücken sauber und mühelos zu schneiden genügt ein Freihandwinkel von 20 Grad (Abschlusstein ist bei mir ein 6000er Suehiro Cerax/ danke für das bestehen auf stumpfere Winkel @bastlwastl).
Ich werde hier immer mal wieder updaten, wenn mir was einfällt/auffällt.
Liebe Grüße