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Post by christian on Mar 22, 2019 5:57:16 GMT
Servus, die Spitze vom PA-Messer ist wieder gerichtet. Bevor es mich heute verlässt, hab ich nochmal ein paar Rippchen damit zerlegt. Jetzt liegt es frisch abgezogen im Karton und wartet darauf verschickt zu werden. Außer gefressen habe ich gestern auch gearbeitet und die nächsten drei Klingen im Elektroofen normalisiert und anschließend auf feines Korn behandelt. Das Fleisch ist vom Edeka aus Ismaning. Dieser wiederum bezieht es von einem Bauern gleich in der Nähe. Ich bin gerade am Schauen, ob man dort direkt einkaufen kann. War nämlich richtig fein.
Die Klingen sind schon im Ofen und normalisieren sich bei 870° für 10 Minuten. Und ich weiß, dass wir schon Ende März haben.
Leider nicht viel zu sehen. Ist aber ganz praktisch.
Frisch aus der Schutzfolie. Der Stahl hat jetzt ein Gefüge aus feinem Perlit und lässt sich gut zerspanen. Als Nächstes wird geschliffen, gefräst und gefeilt.
Viele Grüße
Christian
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Post by Dr. Rock on Mar 25, 2019 10:54:55 GMT
Hallo Christian,
nimmst Du (neuerdings) Härteschutzfolie sowohl fürs Normalisieren, als auch fürs Härten?
Grüße vom Häuslebauer
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Post by christian on Mar 26, 2019 7:02:39 GMT
Hallo Christian, nimmst Du (neuerdings) Härteschutzfolie sowohl fürs Normalisieren, als auch fürs Härten? Grüße vom Häuslebauer Servus,
nur zum Normalisieren und Gefüge feinern. Der 80CrV2 ist etwas empfindlich in Sachen Randschichtentkohlung. Beim Schmieden fällt das nicht so ins Gewicht, da die Atmosphäre im Ofen leicht fett ist. Im E-Ofen ist das natürlich nicht der Fall. Ich packe jetzt immer drei Klingen in ein Paket zusammen. So bleibt auch der Zunder an der Klinge und Platzt beim Abkühlen an der Luft nicht ab. Der hilft mir nämlich später beim Härten auch gegen die Entkohlung.
Zum Härten mache ich das nicht, da ich so schnell wie möglich ins Öl will und es schon eine Frickelei ist die Klingen aus der Folie zu befreien. Außerdem bleiben die Klingen nur 10min bei moderater Temperatur im Ofen. Durch die Schmiedehaut bestehend aus der bereits vorhandenen Randschicht und dem Zunder passiert da aber nicht mehr viel.
Viele Grüße
Christian
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Post by Dr. Rock on Mar 27, 2019 9:00:40 GMT
Danke Dir. Beim StockRemoval, wo ja keine Schmiedehaut schützt, wäre das dann aber auch beim Härten eine Sache?
Lese ich das richtig? Die Klingen sind beim Härten 10 min im Ofen? Gehst Du auf Nummer "SICHER" oder ist die Haltezeit so lang? Dachte imm er bei den dünnen Klingen an 2-3 min?
(Frage am Rande: da Du ja auch ältere Maschinen in Deinem Fuhrpark hast, kennst Du Dich mit der NAchrüstung von Not-Halt"-Tastern an alten Weiler Drehmaschinen aus?)
Grüße Heiko
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Post by christian on Mar 27, 2019 15:18:34 GMT
Wie gesagt, stört mich beim Härten die Folie. Ich hätte da immer ein ungutes Gefühl, da ich vermute, dass ich nicht schnell genug an der Perlitnase vorbei kommen würde. Außerdem ist die Klinge rot glühend schon ziemlich weich und gerade der filigrane Erl verbiegt sich schon, wenn man die Klinge schief hält. Wenn dann die Klinge noch aus der Folie geschält werden muss, ist sie sehr wahrscheinlich verbogen.
Ich habe an der Schneide genügend Material, das weg geschliffen werden muss. Deshalb ist das nicht so tragisch.
Beim Stock Removal habe ich die Klingen früher auch bei voller Materialstärke gehärtet und somit genug Stahl an der Schneide gehabt, der dann weg geschliffen wurde. Außerdem verzieht es die dünnen Klingen nicht, wenn überall der selber Durchmesser vorhanden ist. Leider schleift es sich dann aber nicht mehr so entspannt.
Ich weiß nicht, welchen Stahl Du verwendest. Der 80CrV2 ist da schon extrem.
Beim Thema Haltezeit scheiden sich die Geister. Vieles ist auch Wortklauberei. Theoretisch ist für einfache Stähle gar keine Haltezeit nötig. Bei reinen Kohlenstoffstählen kann man sogar mehr kaputt machen, als gut. Ich weiß, dass die von mir verwendeten Stähle aufgrund ihrer Legierung bei moderaten Temperaturen kein Grobkorn bilden. Die Amis haben den 1.2510 sogar schon mehrere Stunden im unteren Austenitgebiet gehalten und das Bruchbild sah nicht schlechter aus, als eine normal gehärtete Probe.
Es würde also reichen die Klinge so lange im Ofen zu lassen, bis sie im Kern die gewünschte Temperatur erreicht hat. Da ich das aber nicht messen kann, gehe ich auf Nummer sicher, weil ich eben weiß, dass ich nichts kaputt machen kann. Und schaden tut es auch nicht. Beim Normalisieren z.B. ist etwas Haltezeit von Nöten, da der Kohlenstoff einige Zeit braucht, bis er gelöst wird und sich Verteilt hat. Das grobe Matrixkorn nimmt man in Kauf, da es sich im Anschluss relativ einfach feinern lässt.
Mit Not-Halt Tastern kenne ich mich nicht aus.
Viele Grüße
Christian
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Post by lars78 on Mar 27, 2019 15:29:14 GMT
Einen externen Nothalt (Unterbrechung der Stromversorgung) zu konstruieren ist kein Problem. Entweder mit einem zwischen Stromanschluss und Maschine geschalteten Schütz plus Notausschalter.
Wenn in der Maschine ausreichend Platz ist, kann man das Schütz auch innerhalb der Maschine montieren und direkt nur den Antrieb und nicht die gesamten Maschine abschalten.
VG
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Post by suntravel on Mar 27, 2019 16:15:34 GMT
Wie gesagt, stört mich beim Härten die Folie. Ich hätte da immer ein ungutes Gefühl, da ich vermute, dass ich nicht schnell genug an der Perlitnase vorbei kommen würde. Außerdem ist die Klinge rot glühend schon ziemlich weich und gerade der filigrane Erl verbiegt sich schon, wenn man die Klinge schief hält. Wenn dann die Klinge noch aus der Folie geschält werden muss, ist sie sehr wahrscheinlich verbogen. Ich habe an der Schneide genügend Material, das weg geschliffen werden muss. Deshalb ist das nicht so tragisch. Beim Stock Removal habe ich die Klingen früher auch bei voller Materialstärke gehärtet und somit genug Stahl an der Schneide gehabt, der dann weg geschliffen wurde. Außerdem verzieht es die dünnen Klingen nicht, wenn überall der selber Durchmesser vorhanden ist. Leider schleift es sich dann aber nicht mehr so entspannt. Ich weiß nicht, welchen Stahl Du verwendest. Der 80CrV2 ist da schon extrem. Beim Thema Haltezeit scheiden sich die Geister. Vieles ist auch Wortklauberei. Theoretisch ist für einfache Stähle gar keine Haltezeit nötig. Bei reinen Kohlenstoffstählen kann man sogar mehr kaputt machen, als gut. Ich weiß, dass die von mir verwendeten Stähle aufgrund ihrer Legierung bei moderaten Temperaturen kein Grobkorn bilden. Die Amis haben den 1.2510 sogar schon mehrere Stunden im unteren Austenitgebiet gehalten und das Bruchbild sah nicht schlechter aus, als eine normal gehärtete Probe. Es würde also reichen die Klinge so lange im Ofen zu lassen, bis sie im Kern die gewünschte Temperatur erreicht hat. Da ich das aber nicht messen kann, gehe ich auf Nummer sicher, weil ich eben weiß, dass ich nichts kaputt machen kann. Und schaden tut es auch nicht. Beim Normalisieren z.B. ist etwas Haltezeit von Nöten, da der Kohlenstoff einige Zeit braucht, bis er gelöst wird und sich Verteilt hat. Das grobe Matrixkorn nimmt man in Kauf, da es sich im Anschluss relativ einfach feinern lässt. Mit Not-Halt Tastern kenne ich mich nicht aus. Viele Grüße Christian Find die Quelle grad nicht, aber bei niedrig oder mittel legiertem C-Stahl sollte bei 850° die Entkohlung etwa bei 0,1mm / h liegen, also nix wo für man Folie oder Schutzgas bräuchte beim härten. Bei Versuchen die Simon und ich mal gemacht haben hat sich bei 1.2510 bis 7min Haltezeit jeweils eine höhere Härte eingestellt. Also das Gefuckel mit Folie beim C-Stahl härten spare ich mir auch, kostet eh nur Zeit und Härte und Kohle für die Folie. Hochlegierten Stahl härte ich mit Folie, ist immer noch schnell genug beim abschrecken in Oel und pack die erst bei um die 500° aus Gruß Uwe
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Post by christian on Mar 28, 2019 9:01:12 GMT
Die Amis empfehlen ebenfalls den 1.2510 etwas zu halten, um "sein volles Potential auszuschöpfen, da er sonst nicht besser als ein 1084 wäre".
Leider habe ich noch keine Aussage gefunden, die belegt warum das so ist. Ich denke zur Zeit viel über die Legierungselemente und die daraus resultierenden Karbide nach. Vielleicht wäre das jetzt ein gutes Beispiel, um gemeinsam etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Der 1.2510 hat etwa folgende Zusammensetzung: 0,95% Kohlenstoff, 1,1% Mangan, 0,6% Chrom, 0,6% Wolfram, 0,1% Vanadium
Man sieht, dass er etwas mehr Kohlenstoff als 0,8% hat und somit leicht übereutektoid ist. Bei einem reinen Kohlenstoffstahl mit 0,95% wäre die Rechnung recht einfach. Es fände eine Zwei-Phasen Austenitisierung statt, d.h. beim überschreiten der Umwandlungstemperatur entsteht Austenit + Zementit (Eisenkarbid). Je höher die Temperatur steigt, umso mehr zerfällt der Zementit und der dabei frei gewordene Kohlenstoff wird im Austenit gelöst.
Kleiner Exkurs: Theoretisch ist ein Stahl am Härtesten, wenn 0,8% Kohlenstoff gelöst werden und dann Abgeschreckt wird. Das erklärt sich dadurch, dass bei C>0,8% immer nach dem Abschrecken Restaustenit vorhanden ist. Das ist aber kein Beinbruch, da der Restaustenit beim Anlassen zerfällt und Zementit ausgeschieden wird, welcher eine höhere Härte hat als die Grundmasse (angelassener Martensit).
Zurück zum 1.2510: Die zulegierten Elemente machen die Sache aber komplizierter. Hier kann ich nur Mutmaßen, da mir hier das Fachwissen fehlt. Grundsätzlich können die Legierungselemente als reine Elemente im Stahl vorliegen. Das ist z.B. in der Schmelze so. Oder sie sind als Kohlenstoffverbindungen vorhanden. Das ist eher der Normalfall, da sie sich mehr oder weniger stark mit Kohlenstoff verbinden wollen. Alle haben aber gemeinsam, dass die Bindung stärker als bei Zementit ist und dieser deshalb beim Austenitisieren schneller (bei geringerer Temperatur) gelöst wird.
Wolfram und Vanadium sind so stark mit dem Kohlenstoff verbunden, dass Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt nötig wären. Diese Karbide würde ich bei meiner Überlegung deshalb außen vor lassen. Bleibt noch Mangan und Chrom. Mangan habe ich jetzt nicht im Kopf. Chromkarbide gehen etwa bei 900° in Lösung. Natürlich spielt auch die Zeit eine Rolle. Die Temperatur überwiegt aber hier so stark, dass diese der entscheidende Faktor ist. Folglich würden beim Härten diese Karbide ebenfalls nicht in Lösung gehen.
Es bliebe deshalb nur der Rest an Kohlenstoff, der am besten vollständig gelöst werden muss. Wie viel das ist ließe sich bestimmt berechnen, ich hasse seit meiner Schulzeit chemische Gleichungen und habe in diese Richtung noch keine Recherche betrieben. Nun ist es aber so, dass meiner Meinung nach unterm Strich, der 1.2510 ähnlich eines sagen wir 1095 gehärtet werden muss (nur als schnelles Beispiel, die Temperaturen werden aufgrund der Legierungselemente schon etwas verschoben sein), da nur der Kohlenstoff von 0,95%-x (x für den Kohlenstoff, der mit den Legierungselementen verbunden ist) in Lösung gebracht werden muss. Wieso also eine Haltezeit?
Meine Überlegung wäre, dass zum einen die vorhandenen Karbide die Kohlenstoffdiffusion stören. Das ist auch der Grund warum z.B. der 1.2510 so gutmütig gegeüber der Grobkornbildung ist. Bei Niob-Stählen verfolgt man das gleiche Prinzip.
Den Hauptgrund würde ich aber in der Vorgeschichte des Stahls suchen. Ich gehe davon aus, dass Uwe und Simon den Stahl nicht geschmiedet haben und die Versuchsproben in dem Zustand gehärtet wurden, den der Stahl vom Werk aus hatte. Das ist in der Regel weichgeglüht, um den Stahl gut zerspanen zu können. Was bedeutet das? Der Stahl wird dahingehend geglüht, dass sich der Zementit zu Kugeln formt. (Der Stahl besteht zum Großteil aus Perlit + Zementit, wobei Perlit nur eine "Mischung" aus Eisen mit 0,02% Kohlenstoff und Zementit mit 6,67% ist.) So lässt er sich am besten bearbeiten und die Werkzeuge bleiben länger scharf.
Das heißt aber auch, dass beim Austenitisieren dieser kuglige Zementit wieder gelöst werden muss und das ist, wenn die Austenitisierungstemperatur erreicht ist ein Diffusionsprozess, der Zeit braucht. Und das ist meiner Meinung nach der Grund, weshalb Uwe und Simon bei einer Haltezeit einen höheren Härtewert gemessen haben. Es wurde vorher einfach nicht genug Kohlenstoff in Lösung gebracht. Die Amis hatten mit einer Charge 80CrV2 das selbe Problem. Der Stahl war so derart weichgeglüht, dass auch Stock Removler vor dem Härten erst mal normalisieren mussten, um ein ideales Gefüge für die Härtung einzustellen.
Unterm Strich heißt das, dass bei diesen Stählen eine Haltezeit von etwa 10 Minuten nichts schadet, aber viel gut machen kann, wenn die Umstände entsprechend schlecht sind.
Ich würde mich freuen, wenn hier jemand aus der Metallurgenecke etwas Ergänzen kann. Oder auch berichtigen, da ich hier nur etwas Grundwissen habe und gerade bei den Legierungselementen und deren Karbiden noch mehr lernen möchte.
Viele Grüße
Christian
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Post by severus on Mar 28, 2019 11:00:51 GMT
Moin Christian, Vielen Dank für deine interessanten Infos und plausiblen Überlegungen! Simons simon Proben waren tatsächlich nicht geschmiedet, sondern einfach vom Blech runtergeschnitten und kurz an den Kanten beschliffen. Der Effekt zunehmender Härte mit Haltedauer trat bei 1.2510 und 1.2519 auf. Die Härtung wurde mit einfachen Mitteln (Gasesse, Magnettest und Glühfarbe, abschrecken in Rapsöl) durchgeführt, war aber konsistent mit sehr guten Ergebnissen über mehrere Proben. Die von Uwe suntravel mit Haltedauer im Ofen gehärteten Messer sind bisher in der Benutzung nicht negativ aufgefallen (eher positiv). Sowohl bei uns im Haushalt wie in Wastls BastlWastl Test zeigten sie überdurchschnittliche Schnitthaltigkei und keine Neigung zu Ausbrüchen. Das Gefüge scheint also mindestens "gut genug" zu sein. Viele Grüße Severus
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Post by suntravel on Mar 28, 2019 11:16:20 GMT
Ich normalisiere die vor her ja, zum Schluss 3x scharf, sollte schon ein feines Gefüge ergeben.
Gruß
Uwe
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Post by christian on Mar 28, 2019 13:02:47 GMT
Ich normalisiere die vor her ja, zum Schluss 3x scharf, sollte schon ein feines Gefüge ergeben. Gruß Uwe Garantiert. Schreckst Du beim scharfen Normalisieren zwischendurch in Öl ab?
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Post by suntravel on Mar 28, 2019 13:13:28 GMT
jep, dat soll ja schnell gekühlt werden Gruß Uwe
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Post by christian on Mar 29, 2019 7:13:27 GMT
Das ist natürlich ideal. Ich hab da etwas angst vor den Spannungen, die auftreten können. Außerdem stinkt sonst das ganze Haus nach Pommesbude.
Viele Grüße
Christian
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Post by suntravel on Mar 29, 2019 7:49:48 GMT
Das ist natürlich ideal. Ich hab da etwas angst vor den Spannungen, die auftreten können. Außerdem stinkt sonst das ganze Haus nach Pommesbude. Viele Grüße Christian Ich nehme ja kein Frittenfett Ein Kochmesser so um die 750° eingetaucht macht aber auch kaum ein Wölkchen im Quendilla AN22 Nur als ich mal ne 8mm Platte fürn Bandschleifer aus HSS bei 1200° abgeschreckt habe gabs den Nebel des Grauens Gruß Uwe
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Post by christian on Mar 29, 2019 8:43:22 GMT
"Quendilla AN22" hört sich jetzt aber auch nicht nach Olivenöl an. In meiner Werkstatt hab ich keine Fenster und der Gestank muss zwangsläufig über das Treppenhaus zur Haustür raus. Ich verwende Rapsöl zum Abschrecken.
Wie würdest Du den Gestank Deines Öls beschreiben. Wäre das evtl. eine Alternative für mich? Ich schrecke auch nur 50-80° höher ab. Das sollte das Kraut nicht fett machen.
Viele Grüße
Christian
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