Post by Fabstar on Sept 23, 2016 14:15:53 GMT
Liebe Mitforuminten,
aller Anfang ist schwer. Damit sich gerade Küchenmessereinsteiger und Hilfesuchende mit wenig Erfahrung in den Beiträgen dieses Forums zurechtfinden und eben nicht nur "Bahnhof" verstehen, wenn die Experten sich mal wieder auf Fachchinesisch unterhalten, haben wir dieses Küchenmesser-Lexikon erstellt.
Das Lexikon ist dabei thematisch sortiert, damit sich jeder schnell zurechtfinden kann. Erweiterungen, Korrekturen und sonstige Anmerkungen bitte als Antwort unter diesen Post setzen. Die Vollständigkeit und Genauigkeit hängt am Input aller Mitforumiten. Das Lexikon wird entsprechend regelmäßig bei Bedarf aktualisiert.
Klingenaufbau
Was ist der Erl, was eine Fase und was der Kehl.
Messerarten und -formen (siehe im Detail auch hier mit ausführlichen Erläuterungen und Bildern)
Europäische Küchenmesser
Ausbeinmesser: Messer zum Auslösen von Knochen aus (großen) Fleischstücken. Die Klinge ist ewa 15 cm lang.
Brotmesser: Wie der Name schon sagt. Ein großes Messer mit gezackter Schneide zum Brot schneiden.
Filier-/Filetiermesser: Das Messer zum filetieren von Fisch und Fleisch. Meist recht dünnes und flexibles Messer.
Fleischmesser/Schinkenmesser: Ein Messer, das wie schon der Name sagt, insbesondere beim Schneiden von Fleisch/Schinken eingesetzt wird. Hierzu hat es eine lange und schmale Klinge. Die Schneide hat in der Regel einen sehr flachen Verlauf. die Spitze hingegen ist sehr rund und bis zu einem meist gerade verlaufenden Klingenrücken hochgezogen.
Gemüsemesser: Der kleine Helfer in der Küche für die kleinen Arbeiten. Bei "Mutti" wird das auch als "Kneipchen" bekannte Messer gerne auch zum Hauptmesser umfunktioniert... Hat eine Klingenlänge von um die 10 cm. Hat in der Regel eine gerade nicht gebogene Schneide.
Kochmesser (link): Das Hauptmesser in der europäischen Küche für praktisch alle Arbeiten. Aufgrund des Klingenprofils besonders gut für den Wiegeschnitt geignet. Wird in herkömmlichen Fachgeschäften um die 20 cm angeboten.
Lachsmesser (link): Sehr langes Messer um von einer Laschsseite feine dünne Scheiben ind einem Zug zu schneiden.
Officemesser (link): ähnlich dem Gemüsemesser mit einer leichten
Schälmesser: auch aufgrund der Form "Vogelschnabel" genannt, ist ein sehr kleines Küchenmesser mit nach innen gebogener Klinge zum Schälen und verzieren von Obst und Gemüse.
Spickmesser: mehr oder weniger eine andere Bezeichnung für ein Officemesser.
Tomatenmesser: Messer mit geriffelter Klinge (Wellenschliff). Gut geeignet zum Schneiden von Tomaten.
Japanische Küchenmesser
Bunka (link): Sonderform des Santokus mit deutlich ausgeprägterer, spitz abgeflachter Spitze.
(chinesischer) Cleaver (link): Das Standardmesser der chinesischen Küche. Erinnert an ein Fleischerbeil.
Deba (link): erinnert von der Klingenform ein wenig an ein Santoku, jedoch mit einseitig geschliffener Klinge. Die Klinge ist zudem wesentlich dicker und robuster und eignet sich insbesondere zum Zerteilen aber auch filetieren von Fleisch.
Funayuki (link): Funayuki’s sind eine archaische japanische Messerform, man sagt sogar, sie sei der Vorläufer der heute etablierten und beliebten Santoku’s. Der Ursprung liegt in der japanischen Fischerei und Schifffahrt. Funayuki’s sind Allzweckmesser auf Fischerbooten und werden zum Zerlegen von Fischen genau so verwendet, wie zum Schneiden von Gemüse zu den Mahlzeiten.Funayuki's haben in der klassischen Form einen Klingenblatt in Bootform (Schneide und Messerrücken laufen nahezu symetrisch auf die Spitze zu). Es gibt hier aber auch andere Formen, Schliffe und Merkmale, die je nach Region oder Hersteller freier interpretiert werden. Funayuki’s gehören zur Familie der Deba’s, nur nicht mit dessen spezialisierten Eigenschaften. Der Schliff ist traditionell einseitig, aber eben nicht immer. Die Klingenlänge ist traditionell zwischen 120 und 190mm, aber eben nicht immer.
Gyuto (link): Der japanische Allrounder und die japanische Version des europäischen Standardkochmessers. In der Regel ist das Klingenprofil zur Spitze hin jedoch etwas flacher als das europäische Pendant. Die Messer werden in der Regel mit einer Länge von knapp 20 cm bis 30 cm hergestellt.
Mukimono (link): Mukimono ist die traditionelle japanische Kunst Speisen mit ungewöhnlichen Schnitttechniken zu dekorieren. Eher ein Exot in der Küche. Ein in der Regel einseitig geschliffenes Gemüsemesser ähnlich dem Usuba. Unterscheidet sich jedoch durch seine schräg abgeflachte und dadurch Spitze Klinge.
Nakiri (link): japanisches zweiseitig geschliffenes Messer speziell für Gemüse. Characteristisch ist die rechteckige Klinge ohne Spitze mit in der Regel 15 - 18 cm Länge.
Petty (link): Die etwas kleinere Version des Gyuots mit ähnlichem Klingenprofil. Pettys findet man in der Regel zwischen 11cm und 15 cm , teilweise bis 17 cm Länge.
Sabaki (link): Das japanische Ausbeinmesser.
Santoku (link): Bedeutet: "Messer der drei Tugenden". Wie das Gyuto ein Messer für Fisch, Fleisch und Gemüse. Meist etwas kürzer als das Gyuto und die Klinge deutlich flacher mit weniger ausgeprägter Spitze.
Sujihiki (link): beidseitig geschliffener Slicer. Zum Portionieren von Fisch und Fleisch.
Usuba: einseitig geschliffenes Gemüsemesser. Entspricht von der Form her dem Nakiri. Durch die einseitig geschliffene Klinge besonders für sehr feine Schnitte geeignet.
Yanagiba (link): einseitig geschliffener Slicer. Insbesondere zum Portionieren und Schneiden von rohem Fisch. DAS Messer für jedes Sushi-Restaurant.
Verarbeitungsvarianten:
Hamon:Einfach ausgedrückt die herauspolierte und/oder geätzte Trennlinie zwischen hartem und weichem Stahl, hervorgerufen durch differentielles Härten z.B. im Lehmmantel oder auch durch differentielles Anlassen der Klinge. Durch das Abdecken mit einem Lehmmantel (Feuerfestbeton etc.) kühlt die Klinge nur an den nicht bestrichenen Teilen während des Härtens soweit ab, dass sich nur dort ein martensisches (also vereinfacht ausgedrückt hartes) Gefüge bildet. Klassisch bei Honyaki Messern bzw. bei Japanischen Samurai Schwerten angewandte Methode.
Hohlkehle: Erstmals von DICK um die Jahrhundertwende angewandte Methode, um Küchenmesser einen gewissen Food Release zu ermöglichen. Entstanden aus der sog. Blutkehle bei Schwertern im europäischen Mittelalter und in Japan, aber nicht wie der Name vermuten lässt zum Blut abfließen, sondern eher um den Klingen (der Schwerter) zu einer guten Balance zu verhelfen und um Material einzusparen (wenn es sich um geschmiedete Hohlkehlen handelt) ohne dabei die Stabilität des Schwertes zu verringern...... Erste mir bekannte "Neuzeitliche" Variante von Roman Landes beim sog. Küchendragseter Konvex/Konkav Schliff.
Honyaki: Traditionelle japanische mittels Lehmbestrich differenziell wassergehärtete Monostahlklingen, meist aus Aogami oder Shirogami-Stahl, in der Regel höher gehärtet als übliche Monostahl- oder 3-Lagen-Klingen. Durch hohen Ausschuss in der Regel sehr teuer. Ursprünglich vermutlich als Schmiedetechnik für japanische Schwerter verwendet. Gilt bei Vielen als der Gipfel der japanischen Messer-/Schwertschmiedekunst. Optisch meist erkennbar an einer wellenförmigen Hamon (s.o.). Name wird häufig auch für einfache Monostahlklingen verwendet um einen hohen Härtegrad darzustellen (z.B. Suisin Inox Honyaki). Moderne Interpretationen in anderen Stählen, Fertigungsvarianten z.B. von Haburn oder CJA Edged Art.
Laser: Synonym für extrem schneidfreudiges Messer, das hartes Gemüse, z.B. Karotten, ohne vernehmbares Spaltgeräusch/bzw. ohne Spaltwirkung durch extrem dünnen Schliff gleiten lässt wie der sprichwörtliche Laser.....
Hohlschliff: Bezeichnet einen konkaven Schliff der bis zur Schneide reicht, vgl. Rasiermesser, die meist hohlgeschliffen sind. Bei Küchenmessern ist er nicht so populär kann aber richtig angewand auch die Schneidfähigkeit erhöhen. Klassisch gefertigte Japanische Messer die mittels großen rotierenden Schleifsteinen geschliffen werden verfügen meist über einen recht schwach ausgeprägten Hohlschliff.
Nagelgängigkeit/Nageltest/Brass rod test/Flex Test.: Bezeichnet die klassische Methode, bei dünn geschliffenen Messern (z.B: Solinger Dünnschliff) die Härtung, das Anlassen und die somit verbundene Tauglichkeit einer Klinge einfach zu prüfen. Es wird dabei die Schneide mit moderatem Druck über den Daumennagel geführt (oder einem Ring aus Bronze). Hierbei sollte die Kline buckeln (also eine Wellenartige Verformung des Stahles stattfinden, die - wenn die Wärmebehandlung korrekt durchgeführt wurde - sofort wieder zurückfedert).
San-Mai: Eine Schmiedetechnik mit nicht genau geklärtem Hintergrund bei dem 2 vermeindlich unhärtbare (also "Stahl/Eisen ohne wesentlichen Kohlenstoffanteil (der zum härten von Nöten ist) mit einer Schneidlage aus hoch Kohlenstoffhaltigem Stahl (über 0,45 %) um diese vor Bruch zu schützen. In vielen Kulturen wurde diese Technik verwendet, der Begriff San Mai stammt aus Japan. Der Sinn und Zweck ist bei Küchenmessern streitbar.... Mann kann heutzutage jedoch einen guten rostenden Schneidenstahl mit rostfreien Aussenlagen verbinden womit eine sinnige Verbindung entsteht. Bei vielen Katana wurde eine gleiche bzw. ähnliche Technik angewand und bei Schwertern macht es ja auch durchaus Sinn.
Schmiedehaut: Beim Schmieden entsteht zwangsläufig eine Oxidschicht auf dem Stahl, die schwarz erscheint. Es handelt sich dabei um in der Hitze oxidiertes Eisen. Wenn die Klingen sehr weit auf Endform geschmiedet werden, kann man aufgrund von optischen Reizen einen Teil dieser Schicht beim Schleifen stehenlassen und so eine ansprechende rustikale Optik des Werkstückes erzeugen (Jap. Kurouchi). Positive Auswirkungen auf den sog. Food Release (Schnittgutfreisetzung) sind ebenfalls zu beobachten durch die Raue Oberfläche.
S-Grind:
Warikomi:
Traditionelle japanische Schmiedeart, bei der eine Schneidlage aus (zumeist) hartem Carbonstahl in einen aufgespaltenen Mantel aus weicherem Eisen eingebracht und zu einer Klinge verschmiedet wird. Ursprung der Technik (bzw. des Begriffs) in der japanischen Schwertschmiedekunst. Alterantive Methode zu San-Mai zur Herstellung 3-lagiger Klingen. Während San-Mai-Klingen häufig (nicht immer!) aus vorgefertigtem Laminat hergestellt werden, wird der Begriff "Warikomi" teils als Synonym für qualitative Handarbeit herangezogen (Beispiel: Sirou Kami Warikomi, Aoki Tokujho Warikomi uvm.)
Workhorse: zu Deutsch Arbeitstier/Pferd, bezeichnet eine robustere Art des Messerschliffes. Aufgrund des weniger dünnen Anschliffes sind Messer mit Workhorse-Geometrie auch für gröbere Arbeiten und (je nach Ausführung) besser für Profis geeignet ist. Begriff stammt höchstwahrscheinlich von der "Workhorse Serie" des Schmiedes Kyoshi Kato der diese exklusiv für JNS in Dänemark fertigt.
Messergriffe
Yo-Griffe:
Western-Griffe:
Wa-Griffe:
Octogonal (Hakkaku):
Rokkaku-hanmaru:
Oval:
Eigenschaften zur Funktion
Foodrelease (FR): Bezeichnet die Schnittgutabtrennung/-freisetzung, d.h. die Fähigkeit des Messers, ein Lösen des Schnittguts zu begünstigen bzw. ein Festsaugen zu vermeiden. Wie ausgeprägt der FR tatsächlich ausfällt, hängt zum einen von dem Schnittgut selbst ab. Bspw. fällt dieser bei weichem Gemüse (z.B: Gurke, Zucchini) grundsätzlich schlechter aus als bei Schnittgütern (z.B: Karotten, Sellerie). Darüber hinaus hängt ein guter oder schlechter FR auch von dem Schliff, der Geometrie und Verarbeitung der Klinge ab. FR begünstigende Eigenschaften sind beispielsweise ballig geschliffene Messer (wie die alten Solinger Messer) oder auch der Einsatz von Hohlkehlen oder S-Grind. Da zur Umsetzung dieser Eigenschaften in der Regel eine gewisse Klingenstärke notwendig ist, fällt bei extrem dünnen Klingen (den sog. Lasern), bei denen diese Eigenschaften nicht oder nur in Ansätzen umgesetzt werden kann, der FR in der Regel deutlich schlechter aus.
Schneidfähigkeit: Bezeichnet die Fähigkeit eines Küchenmessers Schnittgut zu trennen, dies reicht von sanftem knackfreiem Durchgleiten durch hartes Gemüse (z.B: Karotten, Sellerie, Süßkartoffel) mit sog. Laser Geometrien bis hin zu hohem Druck der benötigt wird, da das Messer geometriebedingt eine Spaltwirkung entwickelt...... (Vergleich Axt gegen Spaltaxt). Dies hat meist wenig mit der Schärfe der Messer zu tun, sondern ausschließlich mit der Geometrie (also dem Schliff der Messerflanken).
Schneidkantenstabilität: Bezeichnet die Fähigkeit einer Messerklinge einen bestimmten Winkel der Schneide (der beim Schärfen entsteht) zu halten, sprich nicht sofort nach den ersten Schnitten zu versagen, sich umzulegen, oder gar auszubrechen. Ebenso benützt man diesen Begriff um zu definieren, ob teils "ungeeignetes Schnittgut" (z.B. holzige Rosmarinstengel, Gefrorenes, Knochen) mit einem bestimmten Schärfwinkel bearbeitet werden können oder nicht. Da kommt es vor allem auf passende Stahlqualität und Wärmebehandlung (vor allem der Härte) des verwendeten Stahls an. Beispiel: ein hochgehärteter Silberstahl, der bei Rasiermessern verwendet wird, hält eine Schneide um 15-18 Grad (Gesamtwinkel) bei der Rasur gut, würde man damit eine Scheibe Brot schneiden, ist die Schneide sofort stumpf (umgelegt und teils ausgebrochen). Die Schneidkantenstabilität kann bei verschiedensten Messern durch passende Winkelwahl beim Schärfen beeinflusst und optimieren werden. Bei Messern mit extrem geringen Schneidwinkel kann die Schneidkantenstabilität durch das Anbringen einer Microfase deutlich erhöht werden.
Schnitthaltigkeit: Bezeichnet die Fähigkeit eines Messerstahls über einen gewissen Zeitraum die Schärfe zu halten, sprich nicht stumpf zu werden (sei es durch umklappen der Schneide oder durch Beschädigungen anderer Art). Dies hängt ebenfalls wie die Schneidkantenstabilität sehr stark von der Stahlwahl und der Wärmebehandlung ab. Generell kann man annehmen, dass die Schnitthaltigkeit aber mehr von Karbiden im Stahl beeinflusst wird als von der Härte. Beispielsweise sind neben anderen Nachteilen (z.b. der Schneidkantenstabilität) moderne PM-Stähle (pulvermetallurgisch hergestellte Stähle) den klassischen "Carbonstählen" (reine Stähle wie z.B. C 75, C100, Shirogami etc.) weit überlegen.
Schneidtechniken
Am besten erklärt anhand von Videos und ausführlichen Erläuterungen in separaten Threads. Einfach Begriffe anklicken und los gehts...
Schubschnitt
Sonstiges
Pinch-Grip: In Deutschland "3 Fingergriff" genannt.... Bezeichnet eine Technik (von den meisten professionellen Köchen angewandt) die Messer nicht ordinär am Griff zu fassen sondern mit mehr oder weniger 3 Fingern zu fixieren. Dabei wird die Klinge meist 1-2cm nach dem Griff mittels Zeigefinger und Daumen fixiert, der Mittelfinger liegt zwischen zwischen Griff und Klinge am Erl, Ring und kleiner Finger umschließen den Griff.