PA-Bericht Blenheim Forge Santoku 180mm
Apr 16, 2017 17:31:14 GMT
Gabriel, kup, and 4 more like this
Post by flint on Apr 16, 2017 17:31:14 GMT
Servus,
ein Blenheim Forge-Santoku wird hier besprochen……
Zuerst ganz herzlichen Dank an phreak für diesen PA! In diesem Forum gilt Vertrauen und ein gehaltenes Wort! Dies alleine ist schon eine kleine Sensation!
Ich finde diese Messer optisch ansprechend und das Konzept von Blenheim Forge so simpel wie geschickt! Vier Grundformen mit gleichem Aussehen, Petty, Santoku, Nakiri und Gyuto garniert und erweitert mit „Special Editions“. Die Messer haben Wiedererkennungswert und werden von Hand geschmiedet. Wer mehr darüber wissen will, kann sich das HIER anschauen!
Auffälligkeiten……
Der lange Griff im Verhältnis zur Klingenlänge. Schmiederaue Aussenlagen aus Eisen, Aogami II Kernstahl, Walnussholz und Kupferzwinge sind die Einfachen und immer gleichen Zutaten, aus denen Blenheim seine Messer fertigt.
Eigentlich ist über die Materialien und die optische Anmutung alles gesagt, aber ich beschreibe das noch ein wenig eingehender. Kupfer ist ein kontrovers diskutiertes Material an einem Messer, wenn es mit Lebensmittelsäuren in Kontakt kommt. Ich sehe hier für mich kein Problem und mag Kupfer wegen seiner Wandlungsfähigkeit. Das Material ist lebendig und patiniert in changierenden Farben von orange über purpur bis zu rosa und rosttönen. Die dunkle Nuss ist der passende Partner für das Kupfer, mir gefällt das sehr sehr gut, ist halt Geschmacksache!
Der Griff…..
Ist erstmal lang! Das Holz ist ungemein samtig geschliffen und greift sich toll und richtig gut an. Es ist trocken, aber gerade das macht diese Haptik aus. Es ist kein gerader Besenstil, sondern eine konisch zur Klinge laufende Form und das ist gut so. Trotzdem ist die Formgebung eigenwillig und widersetzt sich ein wenig japanischer Üblichkeit!
Der Erl ist ordentlich eingebracht, aber nicht abgedichtet oder verlötet, so wie Xerxes das macht. Trotzdem soweit sauber eingepasst und das zählt für mich. Der Übergang Kupfer zu Holz ist auch ohne Tadel, das passt. Am Griffende ist das Holz etwas gesplittert, aber nicht dramatisch.
Der proportional lange Griff mit 145mm verfängt sich gerne in langen und weiten Ärmeln beim Arbeiten. Mein längster Griff misst 140mm und ist an meinem 225er Tsourkan montiert. Hier hat Blenheim Forge die Grifflänge fast zu gut gemeint.
Die Klinge…..
Rustikal geplant und umgesetzt. Rücken und Kehl sanft gerundet, wunderbar. Das Profil ist ungewöhnlich für ein Santoku. Der Bauch ist ausgeprägt ohne wirklichen "flat-spot" und es hat eine ernstzunehmende Spitze. Kein Verzug und der Klingenrücken zeigt nur ganz zarte „Wellen“ bei Gegenlicht, die die Hammerschläge erahnen lassen.
Die Geometrie…..
Klingenrücken:
Kehl: 2,80mm, Mitte: 1,65mm, 5mm vor der Spitze: 0,38mm
An der Wate:
Kehl: 0,22mm, Mitte: 0,32mm, 5mm vor der Spitze: 0,20mm
5mm über der Wate:
Kehl: 0,39mm, Mitte: 0,50mm, 5mm vor der Spitze: 0,29mm
10mm über der Wate:
Kehl: 0,73mm, Mitte: 0,95mm, 10mm vor der Spitze: 0,94mm
Nach den ersten Möhren und einem Vergleich mit meinem Kamo-To hat sich mein Schneidgefühl nach dem Vermessen bestätigt. Das Santoku wird zur Mitte hin etwas dicker, nämlich genau dort, wo die Klinge wohl am meisten genutzt werden wird. Insgesamt lässt sich die Schneidfähigkeit ja nur im Vergleich beurteilen. Vergleiche ich mit Solinger Standard, dann schneidet es klar über deren Niveau, vergleiche ich mit den schneidfähigsten Lasern die ich habe, sieht das Blenheim kein Licht. Gegen mein Kamo-To war es gar ein Waterloo für das Blenheim Forge. Trotz in Summe guter Messerwerte liegt in der Kombination von Geometrie/Flankenoberfläche irgendwo der Hund begraben. Ich vermute, der Ausschliff ist zu wenig ballig, ich denke, dass würde der an sich soliden Basis deutlich auf die Sprünge helfen. Lineal hatte ich drauf, die Flanken sind beim Kehl balliger und werden nach vorne raus ziemlich flach.
Diese Aussage gilt natürlich nur unter der Betrachtung vieler Erfahrungswerte mit in höchstem Maße schneidefähigen Messern unter anspruchsvollen Vergleichsbedingungen ( Kamo-To, dünngeschliffene Messer von Jürgen Schanz und Xerxes, Ashi usw. und als Schnittgut Möhren und Birnen ). Wer keine Erfahrungswerte mit Spitzenlasern hat kann mit diesem Messer durchaus glücklich werden, ich werde es nicht.
Der Stahl…..
die Schneidlage ist aus Aogami II die Aussenlagen sind aus gefaltetem Eisen. Trotz vorsichtigen Umgangs hatte ich zwei kleine Ausbrüche. Das ist mir insofern nicht ganz geheuer, weil eine solide Schneidfase angeschliffen ist und die Wate so gut wie nicht nagelgängig ist, bzw, nur mit viel Druck gegen eine Kante, gegen den Daumennagel gepresst tut sich nicht wirklich was.
Was ich auch auffällig finde, an der rechten Flanke geht das Damastmuster bis zur Wate runter, an der Linken ist der Kernstahl deutlich abgesetzt. Dann ist der Stahl auch extrem reaktiv. Gekommen ist das Messer mit Patina und einigen leicht gelblichen Stellen. Nach dem ersten größeren Obst und Gemüse-Einsatz haben die Säuren dem Stahl hart zugesetzt und sind gleich ausgeblüht.Ich bin direkt erschrocken und hab die Flanken dann mit Edelstahlreiniger von den beginnenden Rostfeldern befreit, danach war nach peniblem abtrocknen Ruhe. Länger im Saft liegen lassen, würde ich dieses Santoku nicht.
Vergleich….
Ich hab mich auf einen Vergleich mit meinem Kamo-To konzentriert. Ein paar interessante Unterschiede haben sich gezeigt. Zum Beispiel haben beide Messer fast den gleichen Balancepunkt, nur ist das Kamo um über 60gr leichter und der Griff ist kürzer, bei gleicher Schneidenlänge. Das Profil vom Kamo empfinde ich als für meine Art des Schneidens tauglicher, der durchgehende Bauch vom Blenheim erzwingt gewisse Schnitttechniken und schliesst andere eigentlich aus. In Sachen Schneidfähigkeit trennen diese beiden Santoku’s Welten und hat mir wieder mal gezeigt, das diese Kamo-Serie und mein Santoku im speziellen das Maß aller Dinge ist, wenn es um einen leichten Schnitt durch hartes Schnittgut geht. Mittlerweile fürchte ich fast, dass klingt abgedroschen, aber es ist nun mal so, auch wenn’s niemand mehr lesen mag.
Blenheim:
Kamo:
FR:
Ist der Oberfläche entsprechend, ragt aber nicht aus der Menge!
Fazit: ( spiegelt meine ganz persönliche Meinung wieder )
Den Griff empfinde ich als unnötig lange, dass Profil hat für eine 180er Schneidenlänge zu viel Bauch. Die Ausbrüche/Schneidkantenstabilität lassen sich von unseren Schleifprofis sicher unter Kontrolle bringen, aber Schneidkantenstabilität ist was anderes. Die Schneidfähigkeit bleibt trotz überzeugendem Kehlshot und guter Messwerte hinter den Erwartungen. F&F ist gut gemacht, da gibt’s nix zu mäkeln, optisch doch besonders, wenn man als Vergleich deutsche und japanische Massenware hernimmt und einem die Machart anspricht.
Der Kaufpreis mit Porto liegt mit knapp 300,- Euro bereits in einem Segment, in dem ich ein rundum komplettes Santoku bekommen kann, es ginge sich sogar knapp ein Custom von Jürgen Schanz aus. Das ein Blenheim Forge, Charme und Charisma hat, will ich aber nicht leugnen!
Für eine klare Empfehlung fehlt mir die Überzeugung und zu schwer wiegt der Preis.
Gruß, flint
ein Blenheim Forge-Santoku wird hier besprochen……
Zuerst ganz herzlichen Dank an phreak für diesen PA! In diesem Forum gilt Vertrauen und ein gehaltenes Wort! Dies alleine ist schon eine kleine Sensation!
Ich finde diese Messer optisch ansprechend und das Konzept von Blenheim Forge so simpel wie geschickt! Vier Grundformen mit gleichem Aussehen, Petty, Santoku, Nakiri und Gyuto garniert und erweitert mit „Special Editions“. Die Messer haben Wiedererkennungswert und werden von Hand geschmiedet. Wer mehr darüber wissen will, kann sich das HIER anschauen!
Auffälligkeiten……
Der lange Griff im Verhältnis zur Klingenlänge. Schmiederaue Aussenlagen aus Eisen, Aogami II Kernstahl, Walnussholz und Kupferzwinge sind die Einfachen und immer gleichen Zutaten, aus denen Blenheim seine Messer fertigt.
Eigentlich ist über die Materialien und die optische Anmutung alles gesagt, aber ich beschreibe das noch ein wenig eingehender. Kupfer ist ein kontrovers diskutiertes Material an einem Messer, wenn es mit Lebensmittelsäuren in Kontakt kommt. Ich sehe hier für mich kein Problem und mag Kupfer wegen seiner Wandlungsfähigkeit. Das Material ist lebendig und patiniert in changierenden Farben von orange über purpur bis zu rosa und rosttönen. Die dunkle Nuss ist der passende Partner für das Kupfer, mir gefällt das sehr sehr gut, ist halt Geschmacksache!
Der Griff…..
Ist erstmal lang! Das Holz ist ungemein samtig geschliffen und greift sich toll und richtig gut an. Es ist trocken, aber gerade das macht diese Haptik aus. Es ist kein gerader Besenstil, sondern eine konisch zur Klinge laufende Form und das ist gut so. Trotzdem ist die Formgebung eigenwillig und widersetzt sich ein wenig japanischer Üblichkeit!
Der Erl ist ordentlich eingebracht, aber nicht abgedichtet oder verlötet, so wie Xerxes das macht. Trotzdem soweit sauber eingepasst und das zählt für mich. Der Übergang Kupfer zu Holz ist auch ohne Tadel, das passt. Am Griffende ist das Holz etwas gesplittert, aber nicht dramatisch.
Der proportional lange Griff mit 145mm verfängt sich gerne in langen und weiten Ärmeln beim Arbeiten. Mein längster Griff misst 140mm und ist an meinem 225er Tsourkan montiert. Hier hat Blenheim Forge die Grifflänge fast zu gut gemeint.
Die Klinge…..
Rustikal geplant und umgesetzt. Rücken und Kehl sanft gerundet, wunderbar. Das Profil ist ungewöhnlich für ein Santoku. Der Bauch ist ausgeprägt ohne wirklichen "flat-spot" und es hat eine ernstzunehmende Spitze. Kein Verzug und der Klingenrücken zeigt nur ganz zarte „Wellen“ bei Gegenlicht, die die Hammerschläge erahnen lassen.
Die Geometrie…..
Klingenrücken:
Kehl: 2,80mm, Mitte: 1,65mm, 5mm vor der Spitze: 0,38mm
An der Wate:
Kehl: 0,22mm, Mitte: 0,32mm, 5mm vor der Spitze: 0,20mm
5mm über der Wate:
Kehl: 0,39mm, Mitte: 0,50mm, 5mm vor der Spitze: 0,29mm
10mm über der Wate:
Kehl: 0,73mm, Mitte: 0,95mm, 10mm vor der Spitze: 0,94mm
Nach den ersten Möhren und einem Vergleich mit meinem Kamo-To hat sich mein Schneidgefühl nach dem Vermessen bestätigt. Das Santoku wird zur Mitte hin etwas dicker, nämlich genau dort, wo die Klinge wohl am meisten genutzt werden wird. Insgesamt lässt sich die Schneidfähigkeit ja nur im Vergleich beurteilen. Vergleiche ich mit Solinger Standard, dann schneidet es klar über deren Niveau, vergleiche ich mit den schneidfähigsten Lasern die ich habe, sieht das Blenheim kein Licht. Gegen mein Kamo-To war es gar ein Waterloo für das Blenheim Forge. Trotz in Summe guter Messerwerte liegt in der Kombination von Geometrie/Flankenoberfläche irgendwo der Hund begraben. Ich vermute, der Ausschliff ist zu wenig ballig, ich denke, dass würde der an sich soliden Basis deutlich auf die Sprünge helfen. Lineal hatte ich drauf, die Flanken sind beim Kehl balliger und werden nach vorne raus ziemlich flach.
Diese Aussage gilt natürlich nur unter der Betrachtung vieler Erfahrungswerte mit in höchstem Maße schneidefähigen Messern unter anspruchsvollen Vergleichsbedingungen ( Kamo-To, dünngeschliffene Messer von Jürgen Schanz und Xerxes, Ashi usw. und als Schnittgut Möhren und Birnen ). Wer keine Erfahrungswerte mit Spitzenlasern hat kann mit diesem Messer durchaus glücklich werden, ich werde es nicht.
Der Stahl…..
die Schneidlage ist aus Aogami II die Aussenlagen sind aus gefaltetem Eisen. Trotz vorsichtigen Umgangs hatte ich zwei kleine Ausbrüche. Das ist mir insofern nicht ganz geheuer, weil eine solide Schneidfase angeschliffen ist und die Wate so gut wie nicht nagelgängig ist, bzw, nur mit viel Druck gegen eine Kante, gegen den Daumennagel gepresst tut sich nicht wirklich was.
Was ich auch auffällig finde, an der rechten Flanke geht das Damastmuster bis zur Wate runter, an der Linken ist der Kernstahl deutlich abgesetzt. Dann ist der Stahl auch extrem reaktiv. Gekommen ist das Messer mit Patina und einigen leicht gelblichen Stellen. Nach dem ersten größeren Obst und Gemüse-Einsatz haben die Säuren dem Stahl hart zugesetzt und sind gleich ausgeblüht.Ich bin direkt erschrocken und hab die Flanken dann mit Edelstahlreiniger von den beginnenden Rostfeldern befreit, danach war nach peniblem abtrocknen Ruhe. Länger im Saft liegen lassen, würde ich dieses Santoku nicht.
Vergleich….
Ich hab mich auf einen Vergleich mit meinem Kamo-To konzentriert. Ein paar interessante Unterschiede haben sich gezeigt. Zum Beispiel haben beide Messer fast den gleichen Balancepunkt, nur ist das Kamo um über 60gr leichter und der Griff ist kürzer, bei gleicher Schneidenlänge. Das Profil vom Kamo empfinde ich als für meine Art des Schneidens tauglicher, der durchgehende Bauch vom Blenheim erzwingt gewisse Schnitttechniken und schliesst andere eigentlich aus. In Sachen Schneidfähigkeit trennen diese beiden Santoku’s Welten und hat mir wieder mal gezeigt, das diese Kamo-Serie und mein Santoku im speziellen das Maß aller Dinge ist, wenn es um einen leichten Schnitt durch hartes Schnittgut geht. Mittlerweile fürchte ich fast, dass klingt abgedroschen, aber es ist nun mal so, auch wenn’s niemand mehr lesen mag.
Blenheim:
Kamo:
FR:
Ist der Oberfläche entsprechend, ragt aber nicht aus der Menge!
Fazit: ( spiegelt meine ganz persönliche Meinung wieder )
Den Griff empfinde ich als unnötig lange, dass Profil hat für eine 180er Schneidenlänge zu viel Bauch. Die Ausbrüche/Schneidkantenstabilität lassen sich von unseren Schleifprofis sicher unter Kontrolle bringen, aber Schneidkantenstabilität ist was anderes. Die Schneidfähigkeit bleibt trotz überzeugendem Kehlshot und guter Messwerte hinter den Erwartungen. F&F ist gut gemacht, da gibt’s nix zu mäkeln, optisch doch besonders, wenn man als Vergleich deutsche und japanische Massenware hernimmt und einem die Machart anspricht.
Der Kaufpreis mit Porto liegt mit knapp 300,- Euro bereits in einem Segment, in dem ich ein rundum komplettes Santoku bekommen kann, es ginge sich sogar knapp ein Custom von Jürgen Schanz aus. Das ein Blenheim Forge, Charme und Charisma hat, will ich aber nicht leugnen!
Für eine klare Empfehlung fehlt mir die Überzeugung und zu schwer wiegt der Preis.
Gruß, flint