Großer Vergleich - 180 Kurouchi Nakiris
Nov 27, 2017 23:23:53 GMT
BastlWastl, flint, and 29 more like this
Post by Gabriel on Nov 27, 2017 23:23:53 GMT
Moin zusammen,
ich geb es zu, ich habe eine irrationale Schwäche für Kurouchi Nakiris. Oder ist diese so irrational? Nunja, ich kann mit der Messerform und Größe (180 mm) gut und zügig arbeiten… es sind unkomplizierte und meist pflegeleichte Messer… und es ist wohl die günstigste Option die Fähigkeiten eines Schmieds an einem voll einsatzfähigen Messer testen zu können…
Mit diesem Review möchte ich einen ersten Vergleich bzw. eine unverbindliche Form der subjektiven Datenbasis schaffen die natürlich beliebig erweitert werden kann. Natürlich kann ich nicht alle 180 Kurouchi Wa-Nakiris auf dem Markt vergleichen. Daher erhebe ich auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Ich vergleiche die Nakiris, welche sich aktuell in meinem Besitz befinden sowie einige von hilfsbereiten Mitforumiten Bereitgestellte. Dazu an dieser Stelle schon mal ganz herzlichen Dank an @mastrandre , MathiasM & flint für die Unterstützung!
Was suche ich in einem Kurouchi Nakiri?
Was macht ein gutes Kurouchi Nakiri aus?....
….das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Wie auch bei Gyutos etc. unterscheiden sich Nakiris potenziell extrem in Profil, Gewicht und Geometrie. Von Laser zu Workhorse. Von flach bis bauchig ist so ziemlich alles dabei. Die Eigenschaften müssen v.a. insgesamt stimmig sein. Mit einem Nakiri choppe ich viel und arbeite im Druck-/Schubschnitt. Daher sollte der Schwerpunkt im Pinchgrip etwas vor der Hand liegen.
Daher sollte das Profil auch eher flach sein.
Die vordere Ecke ist besonders kritisch, ersetzt sie doch in gewisser Hinsicht die Spitze beim Nakiri. Ein gutes Nakiri sollte hier nicht zu rund sein um gewisse Feinarbeiten erledigen zu können und damit die Schneidfreude vorne nicht leidet. Komplett flach sollte es aber auch nicht sein, damit man zu einem gewissen Maße auch nochmal Kräuter wiegen kann etc. und um etwas Reserven zu gewinnen was Abweichungen des Schneidwinkels gibt.
Die Geometrie sollte dazu passen und eher auf der schneidfreudigen Seite sein. Insbesondere zum Choppen ist ein guter Food Release für mich wichtig. Ein „Workhorse“artiger Geometrieverlauf (hinten etwas dicker, vorne dünner) hat auch seinen Charme in der Benutzung, ist aber eher ein „nice-to-have“ Besonders wichtig ist auf jeden Fall im vorderen Bereich eine dünne schneidfreudige Geometrie zum Einschneiden von Zwiebeln etc.
Ein Nakiri hat einen Wa-Griff zu haben, Punkt aus.
Das Kurouchifinish sollte natürlich ästhetisch ansprechend und möglichst stabil sein. Keiner will schwarze Flocken im Gemüse haben. Eine hohe Reaktivität fällt hierbei ebenfalls negativ ins Gewicht.
Die Kandidaten
Von der wohl meistgenannten KU Nakiri Empfehlung (Wakui) bis hin zu wahrhaftigen Exoten sind die Testkandidaten recht breit aufgestellt. Von links nach rechts:
Moritaka Aogami Super,
Heiji Custom,
Wakui V2,
Kamo-To Kirime,
Hinoura Aogami Super,
Aoki Tokujho Warikomi Shirogami 2,
Watanabe Pro Aogami 2 mit rostfreien Flanken und Xerxes-Griff,
Kato Workhorse mit Xerxes-Griff,
Shigefusa
Die Fakten
Die Testbedingungen
Ich gebe mich nicht der Illusion hin, hier objektive Vergleichskriterien zu bieten. Nagelt mich daher nicht darauf fest, welches Messer vielleicht jetzt doch ein Quäntchen mehr Standzeit hat und welches weniger…
Einige Nakiris (insb. das Aoki, aber durchaus auch Heiji, Kato, Hinoura) habe ich seit Monaten oder beim Aoki sogar Jahren im Einsatz. Einige Nakiris konnte ich jetzt nur im Laufe der letzten paar Wochen benutzen. Auch habe ich keine gezielten Testschnittsessions gemacht. Ich habe schlicht versucht fast ausschließlich mit Nakiris zu arbeiten in letztes Zeit. Dabei habe ich zumeist min. zwei Nakiris parallel oder direkt hintereinander benutzt um besser vergleichen zu können. Geschnitten wurde dabei so ziemlich alles, aber natürlich schwerpunktmäßig Gemüse.
Aoki Tokujho Warikomi
Das Aoki war mein erstes KU-Nakiri. Ausgewählt hatte ich es damals nach einem Telefonat mit Herrn Horie vom JMS, der insbesondere die sorgfältige Wärmebehandlung gelobt hatte. Vom Profil her ist es sehr flach. Von der Verarbeitung sicherlich nicht das sorgfältigste aber erlaubt sich auch keine großen Mängel. Der Wa-Griff aus Ho-Holz ist mit seiner Rokkaku-Hanmaru-Griffform einer der bequemsten in meiner Sammlung. Die Hornzwinge eine der Schönsten
Die Geometrie war im Auslieferungszustand nicht schneidfreudig genug, so dass ich es schon vor einiger Zeit ausgedünnt hatte. Die Schneidfreude ist durchaus in Ordnung jetzt. Food Release auf mittlerem Niveau, was aber auch meinem Ausdünnen auf dem Stein v.a. geschuldet sein mag. Das Schneidenprofil gefällt mir gut und ist Allroundtauglich. Geometrie verändert sich von vorne nach hinten nicht viel
Shigefusa KU
Ok, Shigefusas haben hierzulande ja nicht den besten Ruf… ich denke „Hype“ und „überteuert“ sind da wohl die meistgenannten Begriffe in dem Zusammenhang. Das KU Nakiri ist inzwischen mein drittes Shigefusa. Die anderen beiden sind/waren einseitig geschliffene Messer, deren Qualität in meinen Augen über alle Zweifel erhaben ist. Das Nakiri, übrigens mit 180 mm Klingenlänge extrem selten in der Größe (danke nochmal @mastrandre !), ist mein erstes beidseitig geschliffenes Shig.
Die Erwartungen waren entsprechend hoch. Aber es hat nicht enttäuscht, als ich es beim Forentreffen in Amstetten endlich in der Hand halten konnte. Ich habe schlicht und ergreifend bislang kein schöneres KU Nakiri oder japanisches Messer mit Kurouchi Finish gesehen! Klassisch, schlicht, perfektes KU-Finish, schönes Kasumi, makellose Verarbeitung… perfekt
Der Anschliff ist gnadenlos auf Null und schneidfreudig ausgeführt. Verlangt aber natürlich im Auslieferungszustand eher nach einer ruhige Hand. Der von Shigefusa verendet „Swedish Carbon“ ist erfahrungsgemäß auch nicht unbedingt der robusteste Stahl. Daher war auch erstmal ein etwas stabilerer Neuanschliff dran. Seitdem gibt es bei normaler Nutzung bislang keine Probleme mit Ausbrüchen.
Das Shigefusa zeichnet sich durch einen sehr ausgeprägten „distal taper“ aus. Hinten schon ein Workhorse ist es schon in der Mitte sehr schneidfreudig und nach vorne raus schon fast in der Laser-Kategorie. Das In Verbindung mit dem guten Food Release ergibt sich ein wunderbar gleitendes Schneidgefühl. Profil passt auch. Die Reaktivität ist recht moderat. Vielversprechend
Kato Workhorse (mit Customgriff von Xerxes)
Für die Katos gilt ja eigentlich das gleich Image wie für die Shigefusas. Im Vergleich kommt das Kato jedoch deutlich rustikaler rüber, sowohl optisch als auch von der Verarbeitung und der Geometrie. Das KU-Finish weniger fein, dafür mit einer optisch interessanten Struktur versehen. Das Kasumi etwas gröber. Der Originalgriff war ebenfalls recht einfach und wurde von mir schnell durch einen Customgriff (Mooreiche, Büffelhorn, Messingspacer) von Jannis getauscht.
Von den Schneideigenschaften macht das Kato seinem Beinamen alle Ehre, es ist ein echtes „Workhorse“. Hinten so richtig fett und vorne etwas dünner, aber immer noch nicht wirklich so richtig schneidfreudig. Beim analogen Kato Kasumi Gyuto kommt der Effekt besser rüber als beim 180 Nakiri. Dennoch macht das Kato Spaß, insbesondere bei weicherem mit mittelfestem Gemüse. Profil, Höhe, Food Release sind dafür IMHO auf sehr gutem Niveau und passen gut zu meinen Gewohnheiten. Ich würde mir wünschen, dass das Workhorse auch einen Workhorse-tauglicheren Stahl hätte… dieser hier ist zwar sehr gut schärfbar, aber eben auch von der Standzeit und Schneidkantenstabilität nur „ok“. Reaktivität und Stabilität des Korouchi-Finishs sind aber auch nach längerer Nutzung sehr gut.
Watanabe Pro Aogami 2/ Stainless clad (mit Customgriff von Xerxes)
Das Nakiri von Watanabes Pro-Linie ist ja hier im Forum insbesondere auch durch BastlWastl s Test bekannt, in welchem er die Wärmebehandlung, Standzeit und Stabilität des Aogami 2 nach Neuanschliff gelobt hat. Mein Nakiri hat tatsächlich noch den quasi-Originalschliff (kleine Mikrofase) mit dem ich auch bisher ganz gut klar komme muss ich sagen. Zudem ist er extrem fein und sehr sehr schneidfreudig ausgeführt. Nach mehreren Monaten gelegentlicher Nutzung habe ich bisher noch keine Probleme damit.
Der ausgelieferte Griff war (sorry) eine Katastrophe… geflammte Kastanie mit überstehender Plastikzwinge… der Klinge in keinster Weise angemessen und auch nicht bequem oder schön… in diesem Aspekt konnte aber mit einem Xerxes-Custom Griff (Mooreiche mit hellem Horn) Abhilfe geschafft werden.
Das dunkle Finish der rostfreien Flanken hat wenig mit einem „richtigen“ Kurouchi zu tun und ist sehr glatt. Das kann man jetzt mögen oder auch nicht. Es ist auf jeden Fall eine andere Optik und IMHO hat es einen leicht negativen Einfluss bzgl. des Food Releases. Das Profil erscheint mir sehr gut geeignet zu sein. Das Watanabe ist aber definitiv eher etwas für Liebhaber hoher Klingen. Für einige Aspekte mag ich das ganz gerne. Aber gefühlt geht dem Nakiri natürlich etwas Wendigkeit dadurch verloren.
Wakui V2 Kurouchi
Das Wakui ist das deutlich günstigste Nakiri im Test. Und ja, man merkt es schon an manchen Kleinigkeiten, insbesondere am sichtlich nicht wirklich von Hand ausgeführten Kasumi. Aber im Großen und Ganzen bekommt man schon „viel Nakiri“ für das Geld. Geometrie und Profil passt. Grobe Verarbeitungsmängel sucht man umsonst. Der Griff ist ok. Balance ist gut. Insgesamt ein solides anständiges Kurouchi Nakiri. Nicht mehr und nicht weniger und IMHO ein tolles Messer um zu probieren, ob einem die Messerform liegt.
Der Stahl (V2) mag vielleicht nicht den Bekanntheitsgrad von Shirogami oder Aogami 2 haben. Aus meiner Perspektive ist er aber keinesfalls unterlegen. Ich sehe die Stähle auf vergleichbarem Niveau, je nach Wärmebehandlung. Und die stimmt bei Wakui nach allem was man hört/liest. Da es ein geliehenes Messer war, kann ich mir darüber kein wirkliches Urteil erlauben. Probleme mit Ausbrüchen gab es jedenfalls nicht.
Von der Schneidfreude liegt das Wakui im Mittelfeld. Reaktivität ist schon ausgeprägt. Food Release ist überraschend eher im unteren Mittelfeld.
Moritaka Aogami Super
Man kann es nicht beschönigen. Das Moritaka ist ein hässliches Messer!
Nun gut, man muss auch dazu sagen, dass das vorliegende Exemplar wohl auch einige Jahre in der Gastro hinter sich hatte, bevor es zu mir kam. Die Verarbeitung der Klinge wirkt auf den ersten Blick grob, bei genauerer Betrachtung zeigen sich aber keine groben oder funktionellen Macken. Auch keine berüchtigten Overgrinds. Der Griff ist ebenfalls recht einfach Modell „Rosewood & Pakka“.
Das Profil ist recht flach und eckig. Die Geometrie ist nicht sehr ausgeklügelt, nicht sehr schneidfreudig prinzipiell, schafft es aber dennoch gleichzeitig einen stabilen Eindruck zu vermitteln und ausreichend schneidfreudig zu sein, dass es nicht negativ auffällt. Dass der Aogami Super von Moritaka einiges abkann… davon konnte ich mich schon mal bei einem Gyuto Test überzeugen. Der Food Release ist im Test fast der Beste! Resultiert in einem echten Workhorse (ohne „Workhorse“-Geometrie ) zum sorglosen Benutzen. Beim Choppen ist das Moritaka eine Macht.
Hinoura Aogami Super
Das Hinoura fällt mir ehrlich gesagt ein wenig schwer zu bewerten. Der erste Eindruck war durchweg positiv. Beim F&F liegt das Hinoura fast auf einer Ebene! Sogar der Griffverschluss ist sehr sauber gelöst. Der Kontrast zwischen matten Außenlagen und im Auslieferungszustand schön polierter Schneidlage gefällt mir gut. Der Griff ist ansonsten ein einfaches Modell Marke „Rosewood & Pakka“, aber sauber verarbeitet. Die Schneidperformance ist durchaus gut aber im Testfeld eher im unteren Mittelfeld angesiedelt, der Food Release auch durch die ausgeprägte Shinogi eher im oberen Mittelfeld. Der Stahl hat einen positiven Eindruck hinterlassen. Ziemlich bald nach dem Kauf „bogdanisiert“ hat der Aogami Super die Schärfe sehr gut gehalten und hat sich als ausreichend robust herausgestellt. Hinoura scheint die Wärmebehandlung hier gut im Griff zu haben. Es kann schon einiges ab … Durch die relativ flache kurze Klinge wirkt es sehr flink und führig.
Allerdings wird für mich einiges an Potenzial des Messers verschenkt. Wodurch? Durch die Gestaltung der „Spitze“. Die vordere Kante des Nakiris übernimmt bei mir oft die Funktion einer Spitze. Es ist daher wichtig, dass diese nicht zu rund und schneidfreudig ausgeführt ist. Dies ist beim Hinoura leider nicht der Fall. Die Spitze ist stark verrundet, der Schliff bleibt aber linear, so dass der vordere cm alles andere als ein Laser ist… schade. Vorteilhaft ist dieses Konzept natürlich bei der Nutzung im Wiegeschnitt… wo die Prioritäten liegen muss jeder selbst wissen.
Heiji Custom KU Carbon
Zum Heiji habe ich ja meine Eindrücke vor nicht allzu langer Zeit mal hier nieder geschrieben:
kochmalscharf.freeforums.net/thread/1809/nakaya-kurouchi-nakiri-kurzes-review
Ich muss sagen, dass ich nach wie vor 100% ig hinter meinen positiven Aussagen stehe. Es ist sicher keine Schönheit wie das Shigefusa oder das Heiji sondern hat eher einen leicht rustikalen Charme, leistet sich jedoch (außer dem mangelhaften Griffverschluss) keine groben Schnitzer. Im direkten Vergleich gefällt mir ästhetisch das Heiji übrigens deutlich besser als das Wakui (weil im Reviewthread mal der Kommentar kam) weil es echtes wirkt, authentischer … Wie man im Daten-Bereich sehen kann ist es relativ lang für ein „180 Nakiri“ und hat einen ziemlich weit vorne liegenden Schwerpunkt. Das macht das Heiji zu einem wirklich sehr effizienten Chopper. Das Profil hat sich für mich als das Optimum für ein Nakiri herausgearbeitet… die Reaktivität ist verhältnismäßig gering.
Der Stahl macht keine Probleme. Er ist nichts besonderes, lässt sich aber gut schärfen, hat eine anständige Standzeit und neigt nur sehr wenig zu Ausbrüchen (dezente Mikrofase).
Kamo-To Kirime KU
Kommen wir zum letzten Nakiri im Test, dem Kamo-To Kirime KU… mein allererster Eindruck war „verdammt ist das leicht“. Gut, ich weiß, manche mögen sowas. Aber rein haptisch betrachtet wirkt das Kamo nicht sehr hochwertig. Das muss man einfach so sagen. Der Griff wirkt sehr leicht und im Vergleich mit z.B. den Ho-Holzgriffen von Aoki und Shigefusa irgendwie billig. Die Klinge ist ebenfalls sehr leicht und sowohl der geschliffene Bereich als auch das Kurouchi wirken rau und „gestrahlt“. Nicht schön…
Die Leichtigkeit deutet aber natürlich noch auf etwas anderes hin… und zwar auf die dünne und schneidfreudige Klinge. Von Kamo ist man ja einiges gewöhnt und hier wird man in dieser Disziplin auch nicht enttäuscht! Aus der Erinnerung heraus würde ich das hier vorliegende Kamo von der Schneidfähigkeit über dem „alten“ Kamo-To-Nakiri einordnen was ich vor ein paar Jahren mal zum Test da hatte. Aber das ist natürlich nur eine subjektive Einschätzung beruhend auf Erinnerung. Der leichte Griff hält die Balance in einem guten Bereich, was in der Gewichtsklasse IMHO aber auch keinen so großen Unterschied macht. Das Messer kam sehr schön geschärft von flint zu mir. Daher konnte ich gleich loslegen und stellte fest, dass der optische Eindruck bzgl. der schneidfreudigen Geometrie sich auch auf die Praxis überträgt. Die Reaktivität ist höher als geschätzt. Tatsächlich ist es sogar von den hier aufgeführten Nakiris wohl das mit der höchsten kurzfristigen „Initial-Geometrie“ (Braunfärbung & Geruch bei Zwiebeln). Die Standzeit würde ich im Rahmen der Testdauer etwas unter den anderen Klingen hier einordnen. Dies müsste aber wohl in einem extra Test nochmal validiert werden unter kontrollierten Testparametern. Die Schneidkantenstabilität lässt IMHO nichts zu wünschen übrig.
Die Schneidfreudigen
Wenn ich die schneidfreudigsten Nakiris im Test benennen soll, fällt die Antwort leicht: „das Kamo und das Watanabe“. Losgelöst von anderen Eigenschaften wie Food Release etc. besteht da IMHO kein Zweifel
Die Workhorse-Nakiris
Hier möchte ich etwas differenzieren. Klassische Workhorsegeometrien, im Sinne des Begriffs wie er hier im Forum zumeist benutzt wird, weisen zwei der Nakiris auf, das Kato und das Shigefusa. Beide sind vorne wesentlich dünne als im hinteren kräftigen Bereich. Das Shigefusa ist jedoch deutlich feiner und schneidfreudiger. Das Kato ist mehr „Workhorse“ in dieser Hinsicht. Leider ist der Stahl nicht so ganz der robusteste, weshalb es zwar geometrie ein echtes Workhorse ist, im Gebrauch aber nicht unbedingt.
Hier punktet das Moritaka. Hier kann das hässliche Stück Metall glänzen. Es verkraftet wirklich einiges und bietet trotzdem eine angenehme Schneidperformance. Vielleicht also eher das „echte Workhorse“ …
Fazit
Was zieht man für ein Fazit nach so einem länglichen Review so vieler Messer? Ich denke mein persönliches Ergebnis aus der Testphase ist, dass ich mir wesentlich bewusster darüber bin, was ich in einem Nakiri suche… wo meine Präferenzen liegen und wie ich sie schon anhand von Daten und Bildern besser einordnen kann (sh. Anfang des Reviews).
Einen klaren objektiven Testsieger kann es natürlich nicht geben, da hier auch viel subjektive Vorlieben mit reinspielen. Was ich sagen kann ist, dass das Heiji und das Shigefusa meine Lieblinge sind, und zwar ganz klar! Mit dem Heiji kann ich am besten Arbeiten von allen, das Shigefusa verursacht das größte Grinsen beim Begutachten und auch beim Schneiden
Vom Preis-Leistungsverhältnis sehe ich das Wakui vorn. Es ist mit Abstand das günstigste Messer im Test wirkt weder als das am wenigstens hochwertige und liegt auch von der Performance her im Mittelfeld. Das Watanabe bietet zwar noch etwas mehr Schneidperformance (und zudem Watanabes gute Wärmebehandlung), allerdings ist der normale Griff im Auslieferungszustand eine Beleidigung. Allerdings bietet Watanabe es inzwischen gegen gewissen Aufpreis auch mit vernünftigen Griffen an!
Wirklich „schlecht“ ist keines der hier gezeigten Nakiris. Katastrophen habe ich nicht erlebt. Überraschungen meist eher Positive (hatte das Shigefusa ehrlich gesagt nicht so schneidfreudig erwartet…). Die Meisten haben ihre Stärken und Ihre Schwächen, welche ich im Wesentlichen versucht habe auf diesen paar Seiten Review möglichst offen darzustellen. Wenn ich mir mein perfektes Nakiri zusammenstellen könnte, wäre es wohl das Profil und die Klingenlänge/-höhe des Heijis mit dem Klingenfinish des Shigefusas, dem Griff des Aokis und dem Stahl vom Watanabe
Abschließen möchte ich mit ein paar Impressionen aus der Testphase und bedanke mich bei allen, die die Geduld hatte meine Ausschweifungen zu lesen
Gruß, Gabriel
ich geb es zu, ich habe eine irrationale Schwäche für Kurouchi Nakiris. Oder ist diese so irrational? Nunja, ich kann mit der Messerform und Größe (180 mm) gut und zügig arbeiten… es sind unkomplizierte und meist pflegeleichte Messer… und es ist wohl die günstigste Option die Fähigkeiten eines Schmieds an einem voll einsatzfähigen Messer testen zu können…
Mit diesem Review möchte ich einen ersten Vergleich bzw. eine unverbindliche Form der subjektiven Datenbasis schaffen die natürlich beliebig erweitert werden kann. Natürlich kann ich nicht alle 180 Kurouchi Wa-Nakiris auf dem Markt vergleichen. Daher erhebe ich auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Ich vergleiche die Nakiris, welche sich aktuell in meinem Besitz befinden sowie einige von hilfsbereiten Mitforumiten Bereitgestellte. Dazu an dieser Stelle schon mal ganz herzlichen Dank an @mastrandre , MathiasM & flint für die Unterstützung!
Was suche ich in einem Kurouchi Nakiri?
Was macht ein gutes Kurouchi Nakiri aus?....
….das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Wie auch bei Gyutos etc. unterscheiden sich Nakiris potenziell extrem in Profil, Gewicht und Geometrie. Von Laser zu Workhorse. Von flach bis bauchig ist so ziemlich alles dabei. Die Eigenschaften müssen v.a. insgesamt stimmig sein. Mit einem Nakiri choppe ich viel und arbeite im Druck-/Schubschnitt. Daher sollte der Schwerpunkt im Pinchgrip etwas vor der Hand liegen.
Daher sollte das Profil auch eher flach sein.
Die vordere Ecke ist besonders kritisch, ersetzt sie doch in gewisser Hinsicht die Spitze beim Nakiri. Ein gutes Nakiri sollte hier nicht zu rund sein um gewisse Feinarbeiten erledigen zu können und damit die Schneidfreude vorne nicht leidet. Komplett flach sollte es aber auch nicht sein, damit man zu einem gewissen Maße auch nochmal Kräuter wiegen kann etc. und um etwas Reserven zu gewinnen was Abweichungen des Schneidwinkels gibt.
Die Geometrie sollte dazu passen und eher auf der schneidfreudigen Seite sein. Insbesondere zum Choppen ist ein guter Food Release für mich wichtig. Ein „Workhorse“artiger Geometrieverlauf (hinten etwas dicker, vorne dünner) hat auch seinen Charme in der Benutzung, ist aber eher ein „nice-to-have“ Besonders wichtig ist auf jeden Fall im vorderen Bereich eine dünne schneidfreudige Geometrie zum Einschneiden von Zwiebeln etc.
Ein Nakiri hat einen Wa-Griff zu haben, Punkt aus.
Das Kurouchifinish sollte natürlich ästhetisch ansprechend und möglichst stabil sein. Keiner will schwarze Flocken im Gemüse haben. Eine hohe Reaktivität fällt hierbei ebenfalls negativ ins Gewicht.
Die Kandidaten
Von der wohl meistgenannten KU Nakiri Empfehlung (Wakui) bis hin zu wahrhaftigen Exoten sind die Testkandidaten recht breit aufgestellt. Von links nach rechts:
Moritaka Aogami Super,
Heiji Custom,
Wakui V2,
Kamo-To Kirime,
Hinoura Aogami Super,
Aoki Tokujho Warikomi Shirogami 2,
Watanabe Pro Aogami 2 mit rostfreien Flanken und Xerxes-Griff,
Kato Workhorse mit Xerxes-Griff,
Shigefusa
Die Fakten
Die Testbedingungen
Ich gebe mich nicht der Illusion hin, hier objektive Vergleichskriterien zu bieten. Nagelt mich daher nicht darauf fest, welches Messer vielleicht jetzt doch ein Quäntchen mehr Standzeit hat und welches weniger…
Einige Nakiris (insb. das Aoki, aber durchaus auch Heiji, Kato, Hinoura) habe ich seit Monaten oder beim Aoki sogar Jahren im Einsatz. Einige Nakiris konnte ich jetzt nur im Laufe der letzten paar Wochen benutzen. Auch habe ich keine gezielten Testschnittsessions gemacht. Ich habe schlicht versucht fast ausschließlich mit Nakiris zu arbeiten in letztes Zeit. Dabei habe ich zumeist min. zwei Nakiris parallel oder direkt hintereinander benutzt um besser vergleichen zu können. Geschnitten wurde dabei so ziemlich alles, aber natürlich schwerpunktmäßig Gemüse.
Aoki Tokujho Warikomi
Das Aoki war mein erstes KU-Nakiri. Ausgewählt hatte ich es damals nach einem Telefonat mit Herrn Horie vom JMS, der insbesondere die sorgfältige Wärmebehandlung gelobt hatte. Vom Profil her ist es sehr flach. Von der Verarbeitung sicherlich nicht das sorgfältigste aber erlaubt sich auch keine großen Mängel. Der Wa-Griff aus Ho-Holz ist mit seiner Rokkaku-Hanmaru-Griffform einer der bequemsten in meiner Sammlung. Die Hornzwinge eine der Schönsten
Die Geometrie war im Auslieferungszustand nicht schneidfreudig genug, so dass ich es schon vor einiger Zeit ausgedünnt hatte. Die Schneidfreude ist durchaus in Ordnung jetzt. Food Release auf mittlerem Niveau, was aber auch meinem Ausdünnen auf dem Stein v.a. geschuldet sein mag. Das Schneidenprofil gefällt mir gut und ist Allroundtauglich. Geometrie verändert sich von vorne nach hinten nicht viel
Shigefusa KU
Ok, Shigefusas haben hierzulande ja nicht den besten Ruf… ich denke „Hype“ und „überteuert“ sind da wohl die meistgenannten Begriffe in dem Zusammenhang. Das KU Nakiri ist inzwischen mein drittes Shigefusa. Die anderen beiden sind/waren einseitig geschliffene Messer, deren Qualität in meinen Augen über alle Zweifel erhaben ist. Das Nakiri, übrigens mit 180 mm Klingenlänge extrem selten in der Größe (danke nochmal @mastrandre !), ist mein erstes beidseitig geschliffenes Shig.
Die Erwartungen waren entsprechend hoch. Aber es hat nicht enttäuscht, als ich es beim Forentreffen in Amstetten endlich in der Hand halten konnte. Ich habe schlicht und ergreifend bislang kein schöneres KU Nakiri oder japanisches Messer mit Kurouchi Finish gesehen! Klassisch, schlicht, perfektes KU-Finish, schönes Kasumi, makellose Verarbeitung… perfekt
Der Anschliff ist gnadenlos auf Null und schneidfreudig ausgeführt. Verlangt aber natürlich im Auslieferungszustand eher nach einer ruhige Hand. Der von Shigefusa verendet „Swedish Carbon“ ist erfahrungsgemäß auch nicht unbedingt der robusteste Stahl. Daher war auch erstmal ein etwas stabilerer Neuanschliff dran. Seitdem gibt es bei normaler Nutzung bislang keine Probleme mit Ausbrüchen.
Das Shigefusa zeichnet sich durch einen sehr ausgeprägten „distal taper“ aus. Hinten schon ein Workhorse ist es schon in der Mitte sehr schneidfreudig und nach vorne raus schon fast in der Laser-Kategorie. Das In Verbindung mit dem guten Food Release ergibt sich ein wunderbar gleitendes Schneidgefühl. Profil passt auch. Die Reaktivität ist recht moderat. Vielversprechend
Kato Workhorse (mit Customgriff von Xerxes)
Für die Katos gilt ja eigentlich das gleich Image wie für die Shigefusas. Im Vergleich kommt das Kato jedoch deutlich rustikaler rüber, sowohl optisch als auch von der Verarbeitung und der Geometrie. Das KU-Finish weniger fein, dafür mit einer optisch interessanten Struktur versehen. Das Kasumi etwas gröber. Der Originalgriff war ebenfalls recht einfach und wurde von mir schnell durch einen Customgriff (Mooreiche, Büffelhorn, Messingspacer) von Jannis getauscht.
Von den Schneideigenschaften macht das Kato seinem Beinamen alle Ehre, es ist ein echtes „Workhorse“. Hinten so richtig fett und vorne etwas dünner, aber immer noch nicht wirklich so richtig schneidfreudig. Beim analogen Kato Kasumi Gyuto kommt der Effekt besser rüber als beim 180 Nakiri. Dennoch macht das Kato Spaß, insbesondere bei weicherem mit mittelfestem Gemüse. Profil, Höhe, Food Release sind dafür IMHO auf sehr gutem Niveau und passen gut zu meinen Gewohnheiten. Ich würde mir wünschen, dass das Workhorse auch einen Workhorse-tauglicheren Stahl hätte… dieser hier ist zwar sehr gut schärfbar, aber eben auch von der Standzeit und Schneidkantenstabilität nur „ok“. Reaktivität und Stabilität des Korouchi-Finishs sind aber auch nach längerer Nutzung sehr gut.
Watanabe Pro Aogami 2/ Stainless clad (mit Customgriff von Xerxes)
Das Nakiri von Watanabes Pro-Linie ist ja hier im Forum insbesondere auch durch BastlWastl s Test bekannt, in welchem er die Wärmebehandlung, Standzeit und Stabilität des Aogami 2 nach Neuanschliff gelobt hat. Mein Nakiri hat tatsächlich noch den quasi-Originalschliff (kleine Mikrofase) mit dem ich auch bisher ganz gut klar komme muss ich sagen. Zudem ist er extrem fein und sehr sehr schneidfreudig ausgeführt. Nach mehreren Monaten gelegentlicher Nutzung habe ich bisher noch keine Probleme damit.
Der ausgelieferte Griff war (sorry) eine Katastrophe… geflammte Kastanie mit überstehender Plastikzwinge… der Klinge in keinster Weise angemessen und auch nicht bequem oder schön… in diesem Aspekt konnte aber mit einem Xerxes-Custom Griff (Mooreiche mit hellem Horn) Abhilfe geschafft werden.
Das dunkle Finish der rostfreien Flanken hat wenig mit einem „richtigen“ Kurouchi zu tun und ist sehr glatt. Das kann man jetzt mögen oder auch nicht. Es ist auf jeden Fall eine andere Optik und IMHO hat es einen leicht negativen Einfluss bzgl. des Food Releases. Das Profil erscheint mir sehr gut geeignet zu sein. Das Watanabe ist aber definitiv eher etwas für Liebhaber hoher Klingen. Für einige Aspekte mag ich das ganz gerne. Aber gefühlt geht dem Nakiri natürlich etwas Wendigkeit dadurch verloren.
Wakui V2 Kurouchi
Das Wakui ist das deutlich günstigste Nakiri im Test. Und ja, man merkt es schon an manchen Kleinigkeiten, insbesondere am sichtlich nicht wirklich von Hand ausgeführten Kasumi. Aber im Großen und Ganzen bekommt man schon „viel Nakiri“ für das Geld. Geometrie und Profil passt. Grobe Verarbeitungsmängel sucht man umsonst. Der Griff ist ok. Balance ist gut. Insgesamt ein solides anständiges Kurouchi Nakiri. Nicht mehr und nicht weniger und IMHO ein tolles Messer um zu probieren, ob einem die Messerform liegt.
Der Stahl (V2) mag vielleicht nicht den Bekanntheitsgrad von Shirogami oder Aogami 2 haben. Aus meiner Perspektive ist er aber keinesfalls unterlegen. Ich sehe die Stähle auf vergleichbarem Niveau, je nach Wärmebehandlung. Und die stimmt bei Wakui nach allem was man hört/liest. Da es ein geliehenes Messer war, kann ich mir darüber kein wirkliches Urteil erlauben. Probleme mit Ausbrüchen gab es jedenfalls nicht.
Von der Schneidfreude liegt das Wakui im Mittelfeld. Reaktivität ist schon ausgeprägt. Food Release ist überraschend eher im unteren Mittelfeld.
Moritaka Aogami Super
Man kann es nicht beschönigen. Das Moritaka ist ein hässliches Messer!
Nun gut, man muss auch dazu sagen, dass das vorliegende Exemplar wohl auch einige Jahre in der Gastro hinter sich hatte, bevor es zu mir kam. Die Verarbeitung der Klinge wirkt auf den ersten Blick grob, bei genauerer Betrachtung zeigen sich aber keine groben oder funktionellen Macken. Auch keine berüchtigten Overgrinds. Der Griff ist ebenfalls recht einfach Modell „Rosewood & Pakka“.
Das Profil ist recht flach und eckig. Die Geometrie ist nicht sehr ausgeklügelt, nicht sehr schneidfreudig prinzipiell, schafft es aber dennoch gleichzeitig einen stabilen Eindruck zu vermitteln und ausreichend schneidfreudig zu sein, dass es nicht negativ auffällt. Dass der Aogami Super von Moritaka einiges abkann… davon konnte ich mich schon mal bei einem Gyuto Test überzeugen. Der Food Release ist im Test fast der Beste! Resultiert in einem echten Workhorse (ohne „Workhorse“-Geometrie ) zum sorglosen Benutzen. Beim Choppen ist das Moritaka eine Macht.
Hinoura Aogami Super
Das Hinoura fällt mir ehrlich gesagt ein wenig schwer zu bewerten. Der erste Eindruck war durchweg positiv. Beim F&F liegt das Hinoura fast auf einer Ebene! Sogar der Griffverschluss ist sehr sauber gelöst. Der Kontrast zwischen matten Außenlagen und im Auslieferungszustand schön polierter Schneidlage gefällt mir gut. Der Griff ist ansonsten ein einfaches Modell Marke „Rosewood & Pakka“, aber sauber verarbeitet. Die Schneidperformance ist durchaus gut aber im Testfeld eher im unteren Mittelfeld angesiedelt, der Food Release auch durch die ausgeprägte Shinogi eher im oberen Mittelfeld. Der Stahl hat einen positiven Eindruck hinterlassen. Ziemlich bald nach dem Kauf „bogdanisiert“ hat der Aogami Super die Schärfe sehr gut gehalten und hat sich als ausreichend robust herausgestellt. Hinoura scheint die Wärmebehandlung hier gut im Griff zu haben. Es kann schon einiges ab … Durch die relativ flache kurze Klinge wirkt es sehr flink und führig.
Allerdings wird für mich einiges an Potenzial des Messers verschenkt. Wodurch? Durch die Gestaltung der „Spitze“. Die vordere Kante des Nakiris übernimmt bei mir oft die Funktion einer Spitze. Es ist daher wichtig, dass diese nicht zu rund und schneidfreudig ausgeführt ist. Dies ist beim Hinoura leider nicht der Fall. Die Spitze ist stark verrundet, der Schliff bleibt aber linear, so dass der vordere cm alles andere als ein Laser ist… schade. Vorteilhaft ist dieses Konzept natürlich bei der Nutzung im Wiegeschnitt… wo die Prioritäten liegen muss jeder selbst wissen.
Heiji Custom KU Carbon
Zum Heiji habe ich ja meine Eindrücke vor nicht allzu langer Zeit mal hier nieder geschrieben:
kochmalscharf.freeforums.net/thread/1809/nakaya-kurouchi-nakiri-kurzes-review
Ich muss sagen, dass ich nach wie vor 100% ig hinter meinen positiven Aussagen stehe. Es ist sicher keine Schönheit wie das Shigefusa oder das Heiji sondern hat eher einen leicht rustikalen Charme, leistet sich jedoch (außer dem mangelhaften Griffverschluss) keine groben Schnitzer. Im direkten Vergleich gefällt mir ästhetisch das Heiji übrigens deutlich besser als das Wakui (weil im Reviewthread mal der Kommentar kam) weil es echtes wirkt, authentischer … Wie man im Daten-Bereich sehen kann ist es relativ lang für ein „180 Nakiri“ und hat einen ziemlich weit vorne liegenden Schwerpunkt. Das macht das Heiji zu einem wirklich sehr effizienten Chopper. Das Profil hat sich für mich als das Optimum für ein Nakiri herausgearbeitet… die Reaktivität ist verhältnismäßig gering.
Der Stahl macht keine Probleme. Er ist nichts besonderes, lässt sich aber gut schärfen, hat eine anständige Standzeit und neigt nur sehr wenig zu Ausbrüchen (dezente Mikrofase).
Kamo-To Kirime KU
Kommen wir zum letzten Nakiri im Test, dem Kamo-To Kirime KU… mein allererster Eindruck war „verdammt ist das leicht“. Gut, ich weiß, manche mögen sowas. Aber rein haptisch betrachtet wirkt das Kamo nicht sehr hochwertig. Das muss man einfach so sagen. Der Griff wirkt sehr leicht und im Vergleich mit z.B. den Ho-Holzgriffen von Aoki und Shigefusa irgendwie billig. Die Klinge ist ebenfalls sehr leicht und sowohl der geschliffene Bereich als auch das Kurouchi wirken rau und „gestrahlt“. Nicht schön…
Die Leichtigkeit deutet aber natürlich noch auf etwas anderes hin… und zwar auf die dünne und schneidfreudige Klinge. Von Kamo ist man ja einiges gewöhnt und hier wird man in dieser Disziplin auch nicht enttäuscht! Aus der Erinnerung heraus würde ich das hier vorliegende Kamo von der Schneidfähigkeit über dem „alten“ Kamo-To-Nakiri einordnen was ich vor ein paar Jahren mal zum Test da hatte. Aber das ist natürlich nur eine subjektive Einschätzung beruhend auf Erinnerung. Der leichte Griff hält die Balance in einem guten Bereich, was in der Gewichtsklasse IMHO aber auch keinen so großen Unterschied macht. Das Messer kam sehr schön geschärft von flint zu mir. Daher konnte ich gleich loslegen und stellte fest, dass der optische Eindruck bzgl. der schneidfreudigen Geometrie sich auch auf die Praxis überträgt. Die Reaktivität ist höher als geschätzt. Tatsächlich ist es sogar von den hier aufgeführten Nakiris wohl das mit der höchsten kurzfristigen „Initial-Geometrie“ (Braunfärbung & Geruch bei Zwiebeln). Die Standzeit würde ich im Rahmen der Testdauer etwas unter den anderen Klingen hier einordnen. Dies müsste aber wohl in einem extra Test nochmal validiert werden unter kontrollierten Testparametern. Die Schneidkantenstabilität lässt IMHO nichts zu wünschen übrig.
Die Schneidfreudigen
Wenn ich die schneidfreudigsten Nakiris im Test benennen soll, fällt die Antwort leicht: „das Kamo und das Watanabe“. Losgelöst von anderen Eigenschaften wie Food Release etc. besteht da IMHO kein Zweifel
Die Workhorse-Nakiris
Hier möchte ich etwas differenzieren. Klassische Workhorsegeometrien, im Sinne des Begriffs wie er hier im Forum zumeist benutzt wird, weisen zwei der Nakiris auf, das Kato und das Shigefusa. Beide sind vorne wesentlich dünne als im hinteren kräftigen Bereich. Das Shigefusa ist jedoch deutlich feiner und schneidfreudiger. Das Kato ist mehr „Workhorse“ in dieser Hinsicht. Leider ist der Stahl nicht so ganz der robusteste, weshalb es zwar geometrie ein echtes Workhorse ist, im Gebrauch aber nicht unbedingt.
Hier punktet das Moritaka. Hier kann das hässliche Stück Metall glänzen. Es verkraftet wirklich einiges und bietet trotzdem eine angenehme Schneidperformance. Vielleicht also eher das „echte Workhorse“ …
Fazit
Was zieht man für ein Fazit nach so einem länglichen Review so vieler Messer? Ich denke mein persönliches Ergebnis aus der Testphase ist, dass ich mir wesentlich bewusster darüber bin, was ich in einem Nakiri suche… wo meine Präferenzen liegen und wie ich sie schon anhand von Daten und Bildern besser einordnen kann (sh. Anfang des Reviews).
Einen klaren objektiven Testsieger kann es natürlich nicht geben, da hier auch viel subjektive Vorlieben mit reinspielen. Was ich sagen kann ist, dass das Heiji und das Shigefusa meine Lieblinge sind, und zwar ganz klar! Mit dem Heiji kann ich am besten Arbeiten von allen, das Shigefusa verursacht das größte Grinsen beim Begutachten und auch beim Schneiden
Vom Preis-Leistungsverhältnis sehe ich das Wakui vorn. Es ist mit Abstand das günstigste Messer im Test wirkt weder als das am wenigstens hochwertige und liegt auch von der Performance her im Mittelfeld. Das Watanabe bietet zwar noch etwas mehr Schneidperformance (und zudem Watanabes gute Wärmebehandlung), allerdings ist der normale Griff im Auslieferungszustand eine Beleidigung. Allerdings bietet Watanabe es inzwischen gegen gewissen Aufpreis auch mit vernünftigen Griffen an!
Wirklich „schlecht“ ist keines der hier gezeigten Nakiris. Katastrophen habe ich nicht erlebt. Überraschungen meist eher Positive (hatte das Shigefusa ehrlich gesagt nicht so schneidfreudig erwartet…). Die Meisten haben ihre Stärken und Ihre Schwächen, welche ich im Wesentlichen versucht habe auf diesen paar Seiten Review möglichst offen darzustellen. Wenn ich mir mein perfektes Nakiri zusammenstellen könnte, wäre es wohl das Profil und die Klingenlänge/-höhe des Heijis mit dem Klingenfinish des Shigefusas, dem Griff des Aokis und dem Stahl vom Watanabe
Abschließen möchte ich mit ein paar Impressionen aus der Testphase und bedanke mich bei allen, die die Geduld hatte meine Ausschweifungen zu lesen
Gruß, Gabriel