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Post by alex1994 on Mar 27, 2018 16:12:08 GMT
Servus Leute, bevor ihr ein absolute flaches Messer propagiert, nehmt lieber mal eins in die Hand. Also das KMS-Messer (noch extremere Flat-Spot-Messer sind dünn gesät). In meinen Augen funktioniert das überhaupt nicht. Zumindest nicht im Zugschnitt. Und nicht beim Choppen. Das Problem ist das: Beim Zugschnitt hab man in der natürlichen Zugbewegung immer ein klein wenig Rotation mit drin - die Bewegung kommt schliesslich aus der Schulter und niemand kann die Rotation des Oberarmes im Ellenbogen perfekt kompensieren. Und genau da hilft eine gewisse Krümmung in der Schneide. Der Punkt, an dem die Schneide das Brett berührt, wandert dann harmonisch von hinten in Richtung Messerspitze. Beim KMS-Messer ist das so, dass der Punkt, der zuerst auf dem Brett aufsetzt, im vorderen Klingendrittel liegt, da wo die Rundung zur Spitze ansetzt. Ab dort ist es aber ein stark gebogenes Messer, das überhaupt nicht gut zum Zugschnitt taugt. Zum Zugschnitt ist eine sanft geschwungene Schneide nämlich erheblich besser geeignet. Bei Choppen ist die Sache ein klein wenig anders (aber auch nicht besser): Hier schneidet das Messer nur dann gut, wenn die Schneide das Brett exakt parallel zur Brettoberfläche trifft. So genau kann man das Messer aber nicht führen. Es geht hier um Bruchteile eines Grades - und das bei einer schnellen Bewegung, die auch wieder von der Schulter ausgeht. Den Schubschnitt praktiziere ich nicht oft genug, um das mit der letzten Entschiedenheit zu kritisieren. Ich halte das total flache Profil aber auch da für suboptimal. Denn auch da knallt das Messer dann mit einem heftigen Schlag auf den Flatspot. Die Abwärtsbewegung der Hand wird also abrupt gestoppt, während sie bei einem ganz leicht runden Profil über einen durch den Grad an Biegung in der Schneide gegebenen Zeitraum abgebremst wird. Ausserdem erfordert eine total flache Schneide ein absolut planes Schneidbrett. Auch das ist nicht selbstverständlich, zumal wenn das Brett irgendwann einmal ein wenig abgenutzt ist. Überlegt euch das - und schaut euch das KMS-Messer als abschreckendes Beispiel an. VG Peter PS: das KMS-Messer ist ansonsten ein überragendes Messer. Der longitudinale Taper der Klinge ist super. Der Griff in Verbindung mit dem breiten Klingenrücken funktioniert überragend. Der 1.2652 Stahl ist der beste, den ich je an einem Messer erlebt hab (OK, ich hab jetzt auch noch nicht tausend Messer durch - aber trotzdem). Du hast natürlich recht, wenn man europäische Schnitttechniken auf (neo-)japanische Messerformen extrapoliert. Aber wie erklärst Du dann die absolut graden Messer wie Usuba, Nakiri, Kiritsuke usw.? Ein stark geschwungenes Bunka ist m.M. nach gar keins, sonder ein breites k-tip gyuto. Das ist auch eine sehr coole Sache, aber etwas anderes.. www.google.ch/search?q=bunka+knife&client=firefox-b&dcr=0&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiE35T66YzaAhUIzxQKHXsvDTAQ_AUICigB&biw=1920&bih=985Schau Dir mal die Bilder an, die sind alle megastraight, mit kleiner Rundung. Das ist meine ursprüngliche Idee gewesen. Ich werde dann einfach vergleichen und dann eins zum probieren machen. Gruß Alex
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Post by cor on Mar 27, 2018 16:29:52 GMT
ich weiss nicht ob ich hier was beitragen kann .... aber ich hab die letzten 4 monate oder so fast 15 verschiedene Cleaver getestet ( quasi minimal höheres nakiri ) und da war kein einziges mit viel flatspot gesegnet .... der flachste von allen war auch am bescheidensten ( moritaka ). ich kann dir gerne den profilverlauf mal einscannen und per pm zukommen lassen alex1994 , in meiner theorie sollten einige auch gut für ein bunka taugen ( länge passt zumindest ). ansonsten schneid dir doch mal ein profil aus pappe aus oder aus holz .... nachtrag : nen schönen schneidenverlauf haben imnho das global g5 ( sehr variabel ) und das Kiwi Bunka ( im china sho für nen 5er )
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Post by alex1994 on Mar 27, 2018 16:32:57 GMT
ich weiss nicht ob ich hier was beitragen kann .... aber ich hab die letzten 4 monate oder so fast 15 verschiedene Cleaver getestet ( quasi minimal höheres nakiri ) und da war kein einziges mit viel flatspot gesegnet .... der flachste von allen war auch am bescheidensten ( moritaka ). ich kann dir gerne den profilverlauf mal einscannen und per pm zukommen lassen alex1994 , in meiner theorie sollten einige auch gut für ein bunka taugen ( länge passt zumindest ). ansonsten schneid dir doch mal ein profil aus pappe aus oder aus holz .... Hi cor, gerne kannst du mir was schicken. Ich habe schon einige aus Pappe hergestellt und probiere noch etwas herum. Gruß Alex
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Post by suntravel on Mar 27, 2018 16:47:38 GMT
Vom KMS hab ich ja sogar vorher noch ein Holzmodell gebaut und fand das flüssig, im Vergleich zum echten auch immer noch flüssiger. Das richtige Gefühl kommt aber erst wenn die Schneide auch scharf ist, hab ich bei meinen letzten Messern auch bemerkt, Rohling top, mit Schneidfase nicht mehr so top, also noch mal geändert Gruß Uwe
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Post by peters on Mar 27, 2018 16:52:31 GMT
Sag ich auch immer: wenn man eine Serie produziert, dann soll man sich die Zeit für eine ordentliche kleine Null-Serie von ein paar Prototypen nehmen. Viele kleine Dinge, die man einfach nicht auf dem Radar hat, kommen erst bei einem Prototypen heraus. Und wenn es nur der unerwartet hohe Härteverzug bei einer bislang wenig benutzten Stahlsorte ist...
VG Peter
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Post by alex1994 on Mar 27, 2018 16:52:51 GMT
Vom KMS hab ich ja sogar vorher noch ein Holzmodell gebaut und fand das flüssig, im Vergleich zum echten auch immer noch flüssiger. Das richtige Gefühl kommt aber erst wenn die Schneide auch scharf ist, hab ich bei meinen letzten Messern auch bemerkt, Rohling top, mit Schneidfase nicht mehr so top, also noch mal geändert Gruß Uwe Hi Uwe, ich fürchte, dass es am Ende darauf hinauslaufen wird Gruß Alex
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Post by Spitzweg on Mar 27, 2018 19:55:37 GMT
Sag ich auch immer: wenn man eine Serie produziert, dann soll man sich die Zeit für eine ordentliche kleine Null-Serie von ein paar Prototypen nehmen. Viele kleine Dinge, die man einfach nicht auf dem Radar hat, kommen erst bei einem Prototypen heraus. Und wenn es nur der unerwartet hohe Härteverzug bei einer bislang wenig benutzten Stahlsorte ist... VG Peter Sehr richtig. Hatte mich die ganze Zeit auch immer sehr gewundert, warum es hier nicht zu einem klassischem "Weißmuster-Bau", also quasi neutralen Vorab-Abnahmemuster mit den Originalmaterialien unter Realbedingungen gefertigt der dann auch so in der späteren Serienproduktion definitiv 1:1 reproduzierbar sind, gekommen ist. Aber gewundert wahrscheinlich auch nur, weil ich mit solchen Dingen beruflich zu tun habe - ansonsten bin ich hier nach wie vor draussen, hatte ja keines bestellt. VG, Christian
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Post by peters on Mar 27, 2018 22:50:31 GMT
Servus Jungs, hier seht ihr ein Ashi Ginka Nakiri in rostfreiem, schwedischem Stahl, das man wahrscheinlich als einen Standard-Laser-Nakiri bezeichnen kann: Das Ashi hat, wie es sich für ein Nakiri gehört, eine ziemlich flache Geometrie. Trotzdem hat es - und das widerspricht durchaus dem ersten Augenschein - in Richtung Ago nur einen ganz, ganz schwach ausgeprägten Flatspot. Der Flatspot wird dadurch weiter entschärft, dass die Schneide zur Ago hin noch eine Winzigkeit hochgezogen ist. Man erkennt das im Gegenlicht mit dem Auge ganz gut - die Kamera tut sich ein wenig schwerer. Das ist ein Ausschnitt aus derm Originalfile (Sony Alpha 7R mit einem Tokina AT-X 2.5/90 Macro, abgeblendet auf f/8, Stativ). Mitte und vorderer Teil der Klinge sind bauchig, je weiter zur Spitze umso kleiner ist der Kurvenradius. Schon das bischen Kurve in der Schneide sorgt für ein ausgesprochen ausgewogenes Schneidgefühl beim Choppen (oder beim Zugschnitt, wobei das Messer dafür eigentlich nicht gemacht ist). Das ist ein ziemlich einfaches Messer. Alles andere als spektakulär. Kein nobler Ebenholzgriff, ein solider, aber sicher nicht spektakulärer Stahl mit mittelprächtiger Standzeit (aber die Klinge ist so dünn und schneidfähig, dass selbst ein eigentlich stumpfes Messer anscheinend noch gut schneidet). Also an dem Messer ist wirklich überhaupt nichts verkehrt. Ein erstklassiges Design in nüchtern schnörkelloser Umsetzung. Für ein Bunka würde ich trotzdem ein runderes Profil (ich benutze das Wort Profil hier mit schlechtem Gewissen für die Form entlang der Längsachse, nicht im Querschnitt) wählen, damit es noch ein wenig Wiege-freundlicher wird. Ein kurzer Flatspot am Ende der Klinge ist OK. Er macht am Ende des Schneidevorgangs quasi "klick" (während das KMS-Messer mit einem lauten Rumms auf das Brett knallt) und signalisiert, dass der Schnitt nun zu Ende ist. Die Tage werde ich euch noch das Konosuke Nakiri zeigen, das einen kleinen Flatspot in der Mitte der Klinge hat und zur Ago hin wieder runder wird. Auch das funktioniert gut - obwohl der Flatspot am Ende der Klinge eigentlich besser aufgehoben sein sollte. Das Kono ist so eher mit einem Cleaver verwandt denn mit einem Santoku. Aber dazu morgen mehr. VG Peter
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Post by christian on Mar 28, 2018 5:55:35 GMT
Servus, alex1994: Da Du das Messer selbst herstellst, würde ich auf einen zu langen Flatspot verzichten. Wird das Messer dünn ausgeschliffen, ist die Gefahr eines Overgrinds sehr groß. Außerdem schließe ich mich der Meinung der Anderen an, dass eine minimale Krümmung, die nicht einmal auffallen muss sich im Gebrauch besser schlägt. Viele Grüße Christian
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Post by Nakiriman on Mar 28, 2018 6:26:41 GMT
Alles richtig. Nur: Weder Nakiri, noch Bunka sind nicht für den Wiegeschnitt vorgesehen. Letztendlich ist es jeden selber überlassen, wie er seine Messer benutzt. Aber ein Nakiri/Usuba/Kiritsuke/Cleaver/Bunka/Yanagi für den Wiegeschnitt zu optimieren wäre, als würde man einen Testarossa für Offroad optimieren. Aber Du hast natürlich recht: Für den ungeübeten User (wir z.B. mich)ist eine leicht geschwungene Klinge besser, da kann man Technikdefizite durch "rumwackeln" ausgleichen.
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Post by faceman on Mar 28, 2018 6:46:33 GMT
Morgen,
ich finde, dass der lange Flatspot beim KMS nach gewisser Eingewöhnungszeit doch einiges für sich hat.
Gruß
Carsten
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Post by alex1994 on Mar 28, 2018 6:50:57 GMT
Servus, alex1994: Da Du das Messer selbst herstellst, würde ich auf einen zu langen Flatspot verzichten. Wird das Messer dünn ausgeschliffen, ist die Gefahr eines Overgrinds sehr groß. Außerdem schließe ich mich der Meinung der Anderen an, dass eine minimale Krümmung, die nicht einmal auffallen muss sich im Gebrauch besser schlägt. Viele Grüße Christian Einen Overgrind habe ich schon mal geschafft und werde den Rat dankbar annehmen. Gruß Alex
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Post by alex1994 on Mar 28, 2018 6:52:23 GMT
Morgen, ich finde, dass der lange Flatspot beim KMS nach gewisser Eingewöhnungszeit doch einiges für sich hat. Gruß Carsten Da sieht man es wieder, sowas ist auch eine Frage des Geschmacks Gruß Alex
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Post by alex1994 on Mar 28, 2018 6:54:30 GMT
Sag ich auch immer: wenn man eine Serie produziert, dann soll man sich die Zeit für eine ordentliche kleine Null-Serie von ein paar Prototypen nehmen. Viele kleine Dinge, die man einfach nicht auf dem Radar hat, kommen erst bei einem Prototypen heraus. Und wenn es nur der unerwartet hohe Härteverzug bei einer bislang wenig benutzten Stahlsorte ist... VG Peter Sicher braucht man Prototypen, aber man muss versuchen den begrenzten Vorrat an Stahl nicht dabei zu verbrauchen Gruß Alex
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Post by peters on Mar 28, 2018 7:23:35 GMT
Sag ich auch immer: wenn man eine Serie produziert, dann soll man sich die Zeit für eine ordentliche kleine Null-Serie von ein paar Prototypen nehmen. Viele kleine Dinge, die man einfach nicht auf dem Radar hat, kommen erst bei einem Prototypen heraus. Und wenn es nur der unerwartet hohe Härteverzug bei einer bislang wenig benutzten Stahlsorte ist... VG Peter Sicher braucht man Prototypen, aber man muss versuchen den begrenzten Vorrat an Stahl nicht dabei zu verbrauchen Gruß Alex Das Argument höre ich (ohne den Smiley) fast jedes Mal, wenn ich sage, dass ich Prototypen (oder eine Stufe drunter, dann sind es Breadboards oder Mock-ups) brauche. Manchmal meint man sogar selbst, dass es unnötig wäre, weil das letzte Projekt ja so ähnlich war. Aber selbst da tappt man oft in die Falle, weil man den Grad an Ähnlichkeit systematisch überschätzt. Nein, meine Erfahrung ist, dass man bei jeder Serie eine kleine Null-Serie braucht. Ausnahmslos immer. VG Peter
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