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Post by Xerxes on Oct 23, 2018 6:23:36 GMT
Wer mich und meine Arbeiten kennt, weiß, dass in meiner Brust schon immer zwei Herzen schlagen.
Auf der einen Seite die Leidenschaft für Küchenmesser, anspruchsvolle Geometrien, ausgefeiltes Design, höchste Leistungsfähigkeit im Bezug auf Stahl und Wärmebahendlung und kompromissloses F&F. Das ist für mich ein Bereich, in dem ich mich kreativ ausleben kann, in dem es für mich keinen Stillstand gibt und in dem ich immer neue Ideen und Ansprüche erarbeiten kann.
Auf der anderen Seite steht die Leidenschaft für das historische Handwerk, für altes Eisen und altes Wissen. Auch hier gibt es keinen Stillstand aber es ist eher eine ruhige und erdbezogene Arbeit. Wie ein zeitloser solider Eichenschrank im Vergleich zu einem Italienischen Designmöbel.
Diesen zweiten Teil meines beruflichen Schaffens habe ich bisher eher im Hintergrund gehalten und in diesem Thread möchte ich euch in Zukunft ein paar Einblicke in diese faszinierende Welt geben;-) Auch wenn der überwiegende Teil meiner Arbeit im Bereich der Küchenmesser liegt, vergeht kein Jahr, in dem ich nicht an Museumsprojekten teilnehme, Ausstellungsstücke für Museen Herstelle oder Vorträge zur frühen Eisenverhüttung halte.
Das folgende Video zeigt meinen Freund und Kollegen Timm und mich beim Öffnen eines Rennofens anlässlich eines wissenschaftlichen Projektes mit der archäologischen Fakultät der freien Uni Berlin (2012), bei dem Timm und ich als Experten gebucht worden waren. Das Video ist Teil der Ausstellung zur Eisenverhüttung der vorrömischen Eisenzeit im Neunen Museum in Berlin (dritter Stock, gleich über der Nofretete ). Dort sind ebenfalls einige von uns im Laufe des Projektes hergestellte Objekte ausgestellt.
Gruß Jannis
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Post by WundererAmEisen on Oct 23, 2018 6:27:36 GMT
Jannis, du bist einfach der Hammer.
Großer Respekt....
Danke Lg Mike
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Post by christian on Oct 24, 2018 6:00:01 GMT
Servus Jannis,
danke fürs zeigen. Sowas ist auch mal sehr interessant anzuschauen. Nach Berlin verschlägts mich die nächste Zeit leider nicht, sonst hätt ich vorbei geschaut.
Viele Grüße
Christian
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Post by Xerxes on Jan 28, 2019 7:44:04 GMT
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Post by Xerxes on Apr 6, 2019 8:39:38 GMT
Haha, gerade entdeckt;-) Ein kompletter Drehtag für 2 Min in der Doku. Ihr findet mich ab 43:00 Min.
Gruß Jannis
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Post by thirsty0ne on Apr 9, 2019 6:41:01 GMT
Schöne Kutte Xerxes! Insgesamt hochinteressant, hatte mit archäologischer Arbeit in der Richtung vor ein paar Jahren auch am Rande Kontakt, da bei uns auf dem Gelände Ausgrabungen gemacht wurden um die Schlackereste eisenzeitlicher Rennöfen zu untersuchen. Wenn du was von dem Ton-Eisen-Stein brauchst der hier in der Gegend (Süd-Niedersachsen) verhüttet wurde, sag Bescheid, der fällt in geringen Mengen nach wie vor an.... Salute!
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Post by Xerxes on Jun 14, 2019 13:52:36 GMT
Hier mal ein nettes kleines Video von 2014 in Luxemburg, welches ein Bekannter von uns gemacht hat.
Gruß Jannis
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Post by woka on Jun 14, 2019 14:51:53 GMT
Moin Xerxesfeines Video Mich würden vielleicht auch aktuelle Projekte interessieren LG woka
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Post by Xerxes on Jun 14, 2019 15:12:21 GMT
Atuelle Projekte, sobald ich hier alle Angelegenheiten geregelt habe.
- Neuen Schmelzofen bauen (Material liegt hier bereits) und Wootz und Gussstahl schmelzen. Das Ganze in Form eines Videos dokumentieren.
- Ein Renneisen/Küchenmesser Projekt, ebenfalls als Video dokumentiert.
Gruß Jannis
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Post by woka on Jun 14, 2019 15:13:26 GMT
Sehr geil, ich freu mich
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Post by Xerxes on Jun 14, 2019 15:14:17 GMT
Ach ja, vor einer Weile haben ein paar Kollegen und ich in Stuttgart ein bisher unbekanntes Inschriftenschwert entdeckt. Das Schwert wird gerade von einem Fachmann untersucht und vielleicht ergibt sich daraus ein Projekt für 2020/21.
Gruß Jannis
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Post by Xerxes on Jul 23, 2019 20:49:52 GMT
Bei der aktuellen Charge wird auch ein Messer aus Renneisen dabei sein. Für die Zukunft ist auch ein größeres und per Video dokumentiertes Rennofenprojekt geplant. Im Rahmen dieses Projektes wird es dann euch einige Küchenmesser geben. Allerdings kann ich momentan noch nichts zum Zeitplan sagen. Dieses Messer stellt die Urform eines jeden Messers dar. Stahl und Holz! Das Messer orientiert sich an den archäologischen Funden der wikingerzeitlichen Stadt Haithabu in Schleswig-Holstein. Die Klinge besteht vollständig aus Stahl, welcher von mir im Rahmen eines experimentalarchäologischen Projektes im Museumsdorf Haithabu in einem Rennofen aus einheimischen Erzen verhüttet wurde. Die Klinge habe ich in 3-Lagen Konstruktion geschmiedet. Der nicht härtbare Stahl für die Seitenlagen wurde aus nortdeutschem Raseneisenerz aus der Nähe von Bad Zwischenahn verhüttet. Das Material wurde während des Raffinationsprozesses 4-5 mal gefaltet und hat dadurch eine deutlich sichtbare Struktur und sichbare Schlackeeinschlüsse. Für den Schneidenstahl wurde ein magnetitisches Erz von der Ostseeküste in Schleswig-Holstein verwendet. Das Material wurde während des Raffinationsprozesses 12-15 mal gefaltet und hat eine homogene Struktur ohne sichtbare Schlackeeinschlüsse. Der Schneidenstahl hat einen Kohlenstoffgehalt von ca. 1,0% und einer Härte von ca. 60hrc. Der Rücken der Klinge wurde mit einer handbehauenen, wikingerzeitlichen Feile befeilt und die Oberfläche der Klinge wurde ausschließlich auf skandinavischen Sandstein geschliffen. Die Angel der Klinge wurde ausschließlich mit Birkenpeck in den Griff geklebt. Die Oberfläche des Griffes ist geschnitzt, gefeilt und anschließend mit einem scharfen Schabmesser abgezogen. Der Griff wurde mit reinem Leinöl geölt. Die Lederscheide orientiert sich ebenfalls an wikingerzeitlichen Funden. Die Scheide besteht aus weichem Ziegenleder, welches ein Kollege in Schweden ohne moderne Hilfsmittel durch eine Grubengerbung herstellt. Die Lederscheide wurde mit einem unbehandelten und nicht verzwirnten Leingarn vernäht. Das gesamte Messer weist ausschließlich Bearbeitungsspuren von Werkzeugen aus, die archäologisch für die Wikingerzeit belegt sind. Die Gegenstände auf dem ersten Bild verdeutlichen die unterschiedlichen Produktionsschritte. Vom Erz zur Luppe, zum Barren, zum Messer. Die abgebildeten Gegenstände gehören nicht zum Angebot! Anders als bei den meisten modernen Messern, sind die Materialkosten bei einem solchen Messer erheblich. Für 1 Kg fein raffinierten Schneidenstahl benötige ich ca. 80 Arbeitsstunden. Demensprechend steigen die Gesamtkosten eines solchen Messers deutlich mit steigender Klingengröße. Ich bin wirklich gespannt, ob dieses Messer einen Liebhaber findet;-)
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Post by thirsty0ne on Jul 24, 2019 13:52:51 GMT
Lieber Jannis, also ich bin mir sicher das wird einen Liebhaber finden, vielleicht nicht unbedingt hier, aber ich bin selbst hin- und hergerissen. Die ganze Entstehungsgeschichte und der kompromisslose Ansatz haben meinen höchsten Respekt. Glaubst du die zeitgenössischen Produkte waren von vergleichbarer Qualität?
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Post by Xerxes on Jul 24, 2019 22:54:25 GMT
Hi 31,
freut mich, dass Dir diese Herangehensweise gefällt. Was die Qualität angeht, das glaube ich nicht nur, das lässt sich auch belegen. Natürlich gab es damals keine genormten Stahlqualitäten und die Qualität des Endprodukts hing viel mehr von den Fähigkeiten des Schmieds ab. Dementsprechend gibt es eigentlich für jede Epoche gleichermaßen Belege für sehr schlechte, als auch für sehr gute Stahlqualitäten. Ich selber hatte die Gelegenheit einige originale Messerklingen aus dem 10. Jahrhundert metallografisch zu untersuchen und besonders der Stahl im Bereich der Schneide hatte bei besagten Klingen eine sehr gute Qualität. Auch die 3-Lagen Konstruktion ist eine im Frühmittelalter häufig anzutreffende Konstruktionsweise. Neben Klingen mit aufgesohlter Schneidleiste, seitlich angesetzter Schneidleiste und Klingen vollständig aus fein raffiniertem Stahl. Wichtig wäre noch zu erwähnen, dass die ersten drei genannten Konstruktionsweisen nicht auf die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften der Klinge abzielten. Es ging lediglich darum, den seltenen und "teureren" hochwertigen Stahl zu sparen.
Gruß Jannis
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Post by daddyyoyo on Jul 25, 2019 9:49:58 GMT
Wow, toller Bericht, beeindruckende Herangehensweise, und das Ergebnis scheint authentisch zu sein. Ich gratuliere! Es wird bestimmt einen Liebhaber finden!! Allein die Geschichte dahinter finde ich schon total begeisternd!
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