Tojiro Yasuki Nakiri - das Cheap-ikiri
Nov 28, 2018 21:40:43 GMT
flint, Gabriel, and 21 more like this
Post by schmirgel on Nov 28, 2018 21:40:43 GMT
Auf meiner kleinen Forschungsreise durch die Welt der Nakiris gibt es auf jeden Fall schon mal einen interessanten Punkt: Von knapp über 50 Euro bis fast 500 Euro habe ich so ziemlich jede, normalen Menschen noch halbwegs erklärbare Preislage dabei. Es wird sicher nicht zu jedem Nakiri von mir ein Review geben, aber bei "Besonderheiten" wäre es mal ein Ziel. Und das hier ist besonders, besonders preisattraktiv. Also:
Tojiro Yasuki Shirogami Nakiri 150 (F-700) – das Cheap-ikiri
Prolog: Per se ist das Messer ein kleines Missverständnis, weil ich das 165er wollte. Irgendwie bei Amazon verklickt, und es kam das 150er. Eigentlich hatte ich das Rücksendeformular schon ausgefüllt … Dann kam der Gedanke, dass so ein Winzling ja doch spannend sein kann. Das Ding kostet übrigens 59 Euro, die längere Variante dito, die polierte Variante ist noch mal 10 Euro günstiger.
Eckdaten:
Klingendimension: 150 x 54 mm (kurz und hoch), davon nur 140 mm scharf
Gewicht: 137 g
Aufbau: Schneidlage aus Hitachi Shirogami 2 (moderat gehärtet auf 60-61 HRC), Außenlagen weiches Eisen, „Zunderschicht“
Griff: Magnolienholz mit Plastik-Spacer
Fit & Finish: You get what you pay for. Meistens wird so eine Machart ja freundlich als rustikal umschrieben. Ehrlich wäre: gruselig. Das beginnt beim billigen Griff, bei dem das Holz unschön über den Plastik-Spacer übersteht. Erlloch? Offen, Schmutz "willkommen". An der Klinge sind alle Kanten scharfkantig, teils sehr unsauber (am Kehl) gefertigt. Dann ist das Kanji zu stark eingedrückt, sodass es auf der Rückseite durchschimmert. Schlussendlich kommt noch ein hässliches "Fake-Kurouchi", das eher eine gebläute Schicht als ansatzweise eine Schmiedehaut darstellt. Immerhin ist das Maschinen-Kasumi gar nicht übel, die Klinge ist frei von tiefen Kratzern, auch wenn die Bandschleiferspuren natürlich kaum zu übersehen sind. In Natura ist es aber auch nicht so schlimm, wie auf den IPhone-Fotos im harten Kunstlicht ...
Durch die ganzen scharfen Kanten liegt (lag) es auch mies in der Hand. Den (angenehm breiten, am Griff 4,5 mm!) Rücken habe ich daher bereits geglättet und poliert, damit ich halbwegs schmerzfrei ein bissel schneiden konnte … Ansonsten passt die Balance gut mit schöner Kopflastigkeit trotz der Kürze. Auf Sicht kommt da ein besserer Griff dran, Rücken und Kehl werde ich weiter verbessern – dann wird es sehr gut in der Hand liegen.
Performance: Nach viel Kritik kommt nun überraschendes Lob. Wir haben hier einen kleinen Schneidteufel! Die Schneide ist komplett nagelgängig, reagiert schon auf kleinsten Druck. Ich messe durchgehend 0,11 kurz über der Wate, auch 1 cm über Wate ist es noch schlank, aber bereits getapert: 1,45 – 1,05 – 0,85! Mit dem vermutlich (zu) flachen, aber scharfen und sauber ausgeführten Werksschliff killt das Tojiro knackfrei selbst dicke, kalte Möhren und sägt sich ansatzlos in weiche Tomatenhaut. Prima! Durch den recht ausgeprägten Taper (Rückendicke: 4,5 – 1,4 – 1,1) hat man dabei dennoch "seriös viel" Messer in der Hand.
Das bauchige (Osaka-Style) Profil ist eher ungewöhnlich, funktioniert im typischen Nakiri-Pushcut dennoch bestens, es lässt aber auch sehr gut damit wiegen (durch die Kürze ein nettes Kräutermesser BTW), und ich kann auch erstaunlich gut damit choppen. Alles natürlich in Relation zur Länge bzw. Kürze dieses Mini-Nakiris.
Kurzum: Die Perfomance der Klinge ist gemessen am Preis richtig, richtig gut. Einzig der Food release ist maximal mittelprächtig. Die Laser-artige Geo mit glattem, "pappigem" Finish ergibt nahezu keinen Abstreif-Effekt. Da hilft auch der deutliche Taper nicht.
Zur Standfestigkeit kann ich noch nicht viel sagen. Shiro 2 verspricht natürlich keine Wunderdinge. Dafür wird es sehr gut schärfbar sein, und die moderate Härte lässt zumindest auf einen Anflug von Robustheit hoffen, zumal wenn dann auch der finale Schleifwinkel stimmt. Die Reaktivität ist hoch, schon mit den ersten Schnitten verfärbt sich die Klinge. Aber auch das ist bei der Stahlwahl kaum verwunderlich.
Fazit: In der Kürze liegt die Würze. Oder: billig, aber nicht übel. Wer nicht viel Geld für ein (japanisches) Nakiri ausgeben möchte, bekommt ein Messer allereinfachster Machart, das aber schlicht und ergreifend sehr gut schneidet. Mit etwas handwerklichem Geschick lässt sich das Fitting natürlich deutlich verbessern. 20-30 Euro in einen besseren Griff zu stecken, macht das Ganze sicher nochmal „schmucker“, allerdings ist dann der Abstand etwa zu einem Kamo von K&S nicht mehr sooo weit.
Tojiro Yasuki Shirogami Nakiri 150 (F-700) – das Cheap-ikiri
Prolog: Per se ist das Messer ein kleines Missverständnis, weil ich das 165er wollte. Irgendwie bei Amazon verklickt, und es kam das 150er. Eigentlich hatte ich das Rücksendeformular schon ausgefüllt … Dann kam der Gedanke, dass so ein Winzling ja doch spannend sein kann. Das Ding kostet übrigens 59 Euro, die längere Variante dito, die polierte Variante ist noch mal 10 Euro günstiger.
Eckdaten:
Klingendimension: 150 x 54 mm (kurz und hoch), davon nur 140 mm scharf
Gewicht: 137 g
Aufbau: Schneidlage aus Hitachi Shirogami 2 (moderat gehärtet auf 60-61 HRC), Außenlagen weiches Eisen, „Zunderschicht“
Griff: Magnolienholz mit Plastik-Spacer
Fit & Finish: You get what you pay for. Meistens wird so eine Machart ja freundlich als rustikal umschrieben. Ehrlich wäre: gruselig. Das beginnt beim billigen Griff, bei dem das Holz unschön über den Plastik-Spacer übersteht. Erlloch? Offen, Schmutz "willkommen". An der Klinge sind alle Kanten scharfkantig, teils sehr unsauber (am Kehl) gefertigt. Dann ist das Kanji zu stark eingedrückt, sodass es auf der Rückseite durchschimmert. Schlussendlich kommt noch ein hässliches "Fake-Kurouchi", das eher eine gebläute Schicht als ansatzweise eine Schmiedehaut darstellt. Immerhin ist das Maschinen-Kasumi gar nicht übel, die Klinge ist frei von tiefen Kratzern, auch wenn die Bandschleiferspuren natürlich kaum zu übersehen sind. In Natura ist es aber auch nicht so schlimm, wie auf den IPhone-Fotos im harten Kunstlicht ...
Durch die ganzen scharfen Kanten liegt (lag) es auch mies in der Hand. Den (angenehm breiten, am Griff 4,5 mm!) Rücken habe ich daher bereits geglättet und poliert, damit ich halbwegs schmerzfrei ein bissel schneiden konnte … Ansonsten passt die Balance gut mit schöner Kopflastigkeit trotz der Kürze. Auf Sicht kommt da ein besserer Griff dran, Rücken und Kehl werde ich weiter verbessern – dann wird es sehr gut in der Hand liegen.
Performance: Nach viel Kritik kommt nun überraschendes Lob. Wir haben hier einen kleinen Schneidteufel! Die Schneide ist komplett nagelgängig, reagiert schon auf kleinsten Druck. Ich messe durchgehend 0,11 kurz über der Wate, auch 1 cm über Wate ist es noch schlank, aber bereits getapert: 1,45 – 1,05 – 0,85! Mit dem vermutlich (zu) flachen, aber scharfen und sauber ausgeführten Werksschliff killt das Tojiro knackfrei selbst dicke, kalte Möhren und sägt sich ansatzlos in weiche Tomatenhaut. Prima! Durch den recht ausgeprägten Taper (Rückendicke: 4,5 – 1,4 – 1,1) hat man dabei dennoch "seriös viel" Messer in der Hand.
Das bauchige (Osaka-Style) Profil ist eher ungewöhnlich, funktioniert im typischen Nakiri-Pushcut dennoch bestens, es lässt aber auch sehr gut damit wiegen (durch die Kürze ein nettes Kräutermesser BTW), und ich kann auch erstaunlich gut damit choppen. Alles natürlich in Relation zur Länge bzw. Kürze dieses Mini-Nakiris.
Kurzum: Die Perfomance der Klinge ist gemessen am Preis richtig, richtig gut. Einzig der Food release ist maximal mittelprächtig. Die Laser-artige Geo mit glattem, "pappigem" Finish ergibt nahezu keinen Abstreif-Effekt. Da hilft auch der deutliche Taper nicht.
Zur Standfestigkeit kann ich noch nicht viel sagen. Shiro 2 verspricht natürlich keine Wunderdinge. Dafür wird es sehr gut schärfbar sein, und die moderate Härte lässt zumindest auf einen Anflug von Robustheit hoffen, zumal wenn dann auch der finale Schleifwinkel stimmt. Die Reaktivität ist hoch, schon mit den ersten Schnitten verfärbt sich die Klinge. Aber auch das ist bei der Stahlwahl kaum verwunderlich.
Fazit: In der Kürze liegt die Würze. Oder: billig, aber nicht übel. Wer nicht viel Geld für ein (japanisches) Nakiri ausgeben möchte, bekommt ein Messer allereinfachster Machart, das aber schlicht und ergreifend sehr gut schneidet. Mit etwas handwerklichem Geschick lässt sich das Fitting natürlich deutlich verbessern. 20-30 Euro in einen besseren Griff zu stecken, macht das Ganze sicher nochmal „schmucker“, allerdings ist dann der Abstand etwa zu einem Kamo von K&S nicht mehr sooo weit.