Post by baschti on Jun 11, 2019 9:17:59 GMT
Hallo zusammen,
wie bereits in meinem Vorstellungsthread angekündigt, möchte ich euch hier den Verlauf und das Ergebnis meines ersten Selbstbauprojektes vorstellen.
Da ich zum Schmieden leider weder das Wissen, noch die Gerätschaften, noch die Räumlichkeiten besitze, musste für den Anfang als Ausgangsmaterial ein Messerrohling von Dictum herhalten.
Ich hab mich für eine 180 mm lange Gyuto-Klinge mit Schneidlage aus Shirogami und Damast-Seitenlagen entschieden.
Naiv wie ich war, hab ich gleich den vorpolierten und geschärften genommen, hätte ich mir jetzt im Nachhinein auch sparen können
Der Rohling selbst ist recht grob gefinisht, weder Kehl noch Rücken sind verrundet, aber das Suminagashi-Muster ist schön herausgearbeitet. Die Geo ist auch ganz passabel, die Flanken sind leicht ballig, im unteren Drittel mit steilerem Winkel, auf null geschliffen. Die Klingendicke am Rücken startet mit 4 mm, verringert sich dann aber sehr schnell auf 1,5 mm und bleibt bis zur Spitze gleich.
Im Auslieferungszustand ist der Rohling nur für die rustikale Einbrenn-Methode geeignet. Das wollte ich aber nicht und hab deshalb erstmal die Angel ausgedünnt und einen Absatz reingefeilt. In diesem Bereich ist der Stahl weich angelassen und ließ sich daher gut mit Feilen bearbeiten.
Ganz anders am Rücken und am Kehl. Hier ging nur was mit nem Aluminiumoxid-Aufsatz für den Dremel.
Anschließend wurden Rücken und Kehl noch mit Schleifvlies satiniert.
Da ich bei der ganzen Schleiferei einige Kratzer auf den Flanken hinterlassen hatte, bin ich über die Seiten nochmal mit 240er, 400er Schleifpapier und Schleifvlies drüber. Das Ergebnis sah dann so aus (Werkstattbild, die Farben passen nicht wirklich):
Das schöne Suminagashi-Muster hat meine Schleifaktion natürlich nicht wirklich überlebt, also hieß es: Neu ätzen!
Juhuu, da lacht das Chemikerherz in mir.
25 % Schwefelsäure angerührt, erwärmt und den Rohling in fünf Durchläufen á 30-40 Sekunden geätzt.
Zwischendrin immer wieder mit verdünnter Natron-Lösung gespült und mit Micromesh-Pads bis zum 6000er poliert.
Danach hab ich auch gleich die Klinge mit ner Lösung aus Zitronensäure und löslichem Kaffeepulver vorpatiniert, abgespült, eingeölt und erstmal beiseite gestellt.
Danach gings an den Griff.
Da mir der kastanienförmige Wa-Griff meines KAI Shun Santokus sehr gut in der Hand liegt, wollte ich den für mein eigenes Messer in etwa nachbauen.
Für die Zwinge hab ich ne Edelstahlplatte, rostrotes Vulkanfiber und schwarzes Papiermicarta verklebt und anschließend in die ungefähre Form zurecht gesägt. Das war ein riesen Sch**ß. Für die Stichsäge war das Teil zu klein, Runterfeilen schien mir zu aufwändig (wäre wohl letzendlich die bessere Alternative gewesen).
Schlußendlich hab ich's dann mit der Laubsäge und gefühlt zwanzig Sägeblättern irgendwie hingekriegt.
Als Griffholz diente ein Stück Mopane, was sich trotz der hohen Dichte wirklich gut bearbeiten ließ.
Die Kantel hab ich zuerst mit ner Ryobasäge grob vorgesägt und anschließend mit Raspel und Feile in das Kastanienprofil gebracht.
Ein großes 10mm Loch für den Dübel in Griffholz und Zwinge gebohrt, inklusive zweier kleiner Löcher für kurze Stahlstifte, die zum Ausrichten dienen. Damit konnte ich den gesamten Griff ohne Klinge in Form feilen und schleifen, da beim anschließenden Verkleben aller Teile nichts mehr verrutschen kann. Großer Dank an Christian und seine Bilder aus der Werkstatt, hier hab ich mir diese geniale Methode abgeschaut.
Hier die Einzelteile des Griffs vor der Verklebung:
Dann kam der große Moment - die Hochzeit von Klinge und Griff mit Epoxydkleber
Die Messerstreckbank (eher Drückbank) war ganz schön improvisiert, hat aber funktioniert und nach zwei Tagen Aushärten hielt alles bombenfest. Ich hab gestrahlt, als ich das Messer zum erstenmal komplett in der Hand halten konnte.
Das Endfinish des Griffs erfolgte dann mit ner 1:1 Mischung aus Tungöl und Lackleinöl, die mehrmals im Abstand von 48 h aufgetragen wurde. Den Griff hab ich jeweils zwischendrin mit feiner Stahlwolle satiniert, da Hochglanz nicht so meins ist. Auch über die Klinge bin ich nochmal mit feiner Stahlwolle drüber.
Es folgen noch ein paar Impressionen des fertigen Messers.
Die ganze Aktion hat mehr als zwei Monate gedauert (zu meiner Verteidigung: Ich konnte nur an den Wochenenden in den Keller :-))
Jetzt hab ich noch viel mehr Respekt vor den ganzen Messermachern hier.
So ein Selbstbau zeigt echt, wieviel Arbeit in so einem Messer steckt (ganz davon abgesehen, dass ihr das Herzstück - die Klinge - auch noch selbst herstellt).
Am Ende möchte ich allen Mitgliedern ganz herzlich danken, dass sie ihr Wissen hier im Forum teilen.
Ohne diese ganzen Informationen hätte ich das Projekt nie in dieser Form abschließen können.
Besten Dank und viele Grüße,
Basti
wie bereits in meinem Vorstellungsthread angekündigt, möchte ich euch hier den Verlauf und das Ergebnis meines ersten Selbstbauprojektes vorstellen.
Da ich zum Schmieden leider weder das Wissen, noch die Gerätschaften, noch die Räumlichkeiten besitze, musste für den Anfang als Ausgangsmaterial ein Messerrohling von Dictum herhalten.
Ich hab mich für eine 180 mm lange Gyuto-Klinge mit Schneidlage aus Shirogami und Damast-Seitenlagen entschieden.
Naiv wie ich war, hab ich gleich den vorpolierten und geschärften genommen, hätte ich mir jetzt im Nachhinein auch sparen können
Der Rohling selbst ist recht grob gefinisht, weder Kehl noch Rücken sind verrundet, aber das Suminagashi-Muster ist schön herausgearbeitet. Die Geo ist auch ganz passabel, die Flanken sind leicht ballig, im unteren Drittel mit steilerem Winkel, auf null geschliffen. Die Klingendicke am Rücken startet mit 4 mm, verringert sich dann aber sehr schnell auf 1,5 mm und bleibt bis zur Spitze gleich.
Im Auslieferungszustand ist der Rohling nur für die rustikale Einbrenn-Methode geeignet. Das wollte ich aber nicht und hab deshalb erstmal die Angel ausgedünnt und einen Absatz reingefeilt. In diesem Bereich ist der Stahl weich angelassen und ließ sich daher gut mit Feilen bearbeiten.
Ganz anders am Rücken und am Kehl. Hier ging nur was mit nem Aluminiumoxid-Aufsatz für den Dremel.
Anschließend wurden Rücken und Kehl noch mit Schleifvlies satiniert.
Da ich bei der ganzen Schleiferei einige Kratzer auf den Flanken hinterlassen hatte, bin ich über die Seiten nochmal mit 240er, 400er Schleifpapier und Schleifvlies drüber. Das Ergebnis sah dann so aus (Werkstattbild, die Farben passen nicht wirklich):
Das schöne Suminagashi-Muster hat meine Schleifaktion natürlich nicht wirklich überlebt, also hieß es: Neu ätzen!
Juhuu, da lacht das Chemikerherz in mir.
25 % Schwefelsäure angerührt, erwärmt und den Rohling in fünf Durchläufen á 30-40 Sekunden geätzt.
Zwischendrin immer wieder mit verdünnter Natron-Lösung gespült und mit Micromesh-Pads bis zum 6000er poliert.
Danach hab ich auch gleich die Klinge mit ner Lösung aus Zitronensäure und löslichem Kaffeepulver vorpatiniert, abgespült, eingeölt und erstmal beiseite gestellt.
Danach gings an den Griff.
Da mir der kastanienförmige Wa-Griff meines KAI Shun Santokus sehr gut in der Hand liegt, wollte ich den für mein eigenes Messer in etwa nachbauen.
Für die Zwinge hab ich ne Edelstahlplatte, rostrotes Vulkanfiber und schwarzes Papiermicarta verklebt und anschließend in die ungefähre Form zurecht gesägt. Das war ein riesen Sch**ß. Für die Stichsäge war das Teil zu klein, Runterfeilen schien mir zu aufwändig (wäre wohl letzendlich die bessere Alternative gewesen).
Schlußendlich hab ich's dann mit der Laubsäge und gefühlt zwanzig Sägeblättern irgendwie hingekriegt.
Als Griffholz diente ein Stück Mopane, was sich trotz der hohen Dichte wirklich gut bearbeiten ließ.
Die Kantel hab ich zuerst mit ner Ryobasäge grob vorgesägt und anschließend mit Raspel und Feile in das Kastanienprofil gebracht.
Ein großes 10mm Loch für den Dübel in Griffholz und Zwinge gebohrt, inklusive zweier kleiner Löcher für kurze Stahlstifte, die zum Ausrichten dienen. Damit konnte ich den gesamten Griff ohne Klinge in Form feilen und schleifen, da beim anschließenden Verkleben aller Teile nichts mehr verrutschen kann. Großer Dank an Christian und seine Bilder aus der Werkstatt, hier hab ich mir diese geniale Methode abgeschaut.
Hier die Einzelteile des Griffs vor der Verklebung:
Dann kam der große Moment - die Hochzeit von Klinge und Griff mit Epoxydkleber
Die Messerstreckbank (eher Drückbank) war ganz schön improvisiert, hat aber funktioniert und nach zwei Tagen Aushärten hielt alles bombenfest. Ich hab gestrahlt, als ich das Messer zum erstenmal komplett in der Hand halten konnte.
Das Endfinish des Griffs erfolgte dann mit ner 1:1 Mischung aus Tungöl und Lackleinöl, die mehrmals im Abstand von 48 h aufgetragen wurde. Den Griff hab ich jeweils zwischendrin mit feiner Stahlwolle satiniert, da Hochglanz nicht so meins ist. Auch über die Klinge bin ich nochmal mit feiner Stahlwolle drüber.
Es folgen noch ein paar Impressionen des fertigen Messers.
Die ganze Aktion hat mehr als zwei Monate gedauert (zu meiner Verteidigung: Ich konnte nur an den Wochenenden in den Keller :-))
Jetzt hab ich noch viel mehr Respekt vor den ganzen Messermachern hier.
So ein Selbstbau zeigt echt, wieviel Arbeit in so einem Messer steckt (ganz davon abgesehen, dass ihr das Herzstück - die Klinge - auch noch selbst herstellt).
Am Ende möchte ich allen Mitgliedern ganz herzlich danken, dass sie ihr Wissen hier im Forum teilen.
Ohne diese ganzen Informationen hätte ich das Projekt nie in dieser Form abschließen können.
Besten Dank und viele Grüße,
Basti