Post by sturmschwalbe on Apr 2, 2021 17:14:41 GMT
Ohne Härte bringt der beste Stahl nix.
Aber auch mit Härte ist Stahl nicht gleich Stahl.
Nachdem ich schon einige Jahre Messer und in den letzten Jahren recht erfolgreich Küchenmesser mache, habe ich bisher immer noch nicht selbst gemacht, was aus einem einfachen Stahlrohling die eigentliche schneidtaugliche Klinge macht.
Viele kommen den Weg übers Schmieden zum Messermachen. Dabei ist mit der Mindestausrüstung zum Schmieden quasi automatisch die Grundaustattung für eine Basiswärmebehandlung von rostenden Stählen vorhanden.
Bei mir war es eher der Weg vom Messerafficinado zum mal ein Messer machen. Konkret war es ohne viel Ahnung das Stockremoval von rostfreiem Stahl - sogar gleich PM in Form von RWL34. In Anbetracht der aufwändigeren WB mit höheren Temperaturen plus Entkohlungsschutz sowie TK für ein gutes Gefüge kam für mich für den "teuren" Stahl dabei keine andere Variante in Frage als eine externe Wärmebehandlung beim Profi.
Das blieb dann auch so bei den nächsten Klingen und selbst nach den ersten rostenden Geschichten.
Geplant war es auf lange Sicht schon selbst zu Härten, aber mit genügend gehärteten Rohlingen und reichlich zu tuen, kam immer etwas anderes dazwischen.
Nachdem ich mir letztes Jahr einen Axt-Rohling aus 1.2842 vorbereitet hatte, wollte ich diesen nehmen für den ersten Test. Der Stahl soll recht einfach zu härten und gutmütig sein.
Auf das Teil hatte ich schon lange Bock.
Für den allersten Take, bei dem dann im Zweifel aber Kernschrott produziert würde, war mir das Ding aber doch schon zu ausgefeilt und zu sehr ans Herz gewachsen.
Um das hier geht´s, das nach dem halbwegs erfolgreichen Testhärten kommen soll:
Also kurzerhand umdisponiert auf etwas Entehrlicheres.
Im Grundansatz soll es aber auch hin die gleiche Richtung gehen, was die Anwendungsweise - also Hauen - angeht.
Tja und die Zusammenstellung ist schließlich ein großer Teil des Spaßes an so einem Selbstbauprojekt.
Die Grundzutaten habe ich dann gefunden für einen kleinen Multifunktions-Chopper:
- Stahl wie gehabt 8mm 1.2842 - ordentlich dick, da sollte nicht viel Verzug rauskommen
- Neusilber für die Zwinge - war da, ist leicht zu bearbeiten und kann glänzend bis Patina
- Ein Stück Eiche aus einem alten Wagenrad - gut trocken, verfügbar - und wird am Ende wohl dunkel geflammt
Die Ausgangslage ist trotz 15cm Klingenlänge ordentlich pfundig und darf für den Einsatz durchaus noch ein wenig Federn lassen.
Ursprungs war erst ein Föhn-geboostetes Grillfeuer angedacht, aber über meine Arbeit hab ich Zugriff auf einen sehr ordentlichen Dachpappebrenner und diesem dann den Vorzug gegeben.
Ein alter Spargeltopf mit vier Sorten in weiser Voraussicht gesammelten Öls (alles schon ranzig bzw. abgelaufen), ein Tauchsieder, Thermometer, ein Magnet und es kann los gehen.
Als Back-Up gibt´s direkt noch etwas messerartiges aus einem Ausschnittrest dazu. Das kann dann auch etwas dünner geschliffen werden und mal die Spitze abgebrochen werden.
Einfache Flachstahlstücke scheinen nicht so mein Ding zu sein.
Der Chopper ist bis auf eine kleine Sekundärfase recht massiv.
Den Glüh-/Härtevorgang selbst hab´ ich bildlich nicht festgehalten.
Hab´ jeweils den Stahlrohling gehalten und versucht in gleichmäßig im Dunstkreis der Flammenhölle zu erwärmen.
Es ist schon erstaunlich bis so ein massives 8mm Stahlteil auf Temperaturen kommt.
So richtig Glühfarben konnte ich keine erkennen.
Aber nach den allgemeinen Vorschlägen kam ein Magnet zum Einsatz und auf Uwes Rat hin eine Haltezeit von ca. 5 Minuten.
Das Abschrecköl ging zuvor über 80°C.
Das Kleine kam zuerst. Nach dem ersten Glühen wurde ich leider Unterbrochen und es durfte wieder abkühlen. Ob das schon Pendelglühen war, wage ich zu bezweifeln.
Beim Großen gab´s dann direkt nach 5 Min im unmagnetischen Zustand den Gong.
Extrem gezischt und gebrodelt hat das Öl jetzt nicht.
Die Optik von der Klinge gefällt aber.
Ein Feilentest gibt´s natürlich auch, aber der hinterläßt eher ein zwiespältiges Gefühl. Komplettes Abgleiten stell´ ich mir anders vor, aber ich hab´ ja auch gute Feilen.
Und für mein Ziel brauche ich jetzt auch keine 65 HRC.
Danach folgen 2x 1 Stunde im Backofen bei 150°. Wenn irgendwas im Bereich 58HRC rauskäme, reicht mir das.
Danach bleibt der Feiltest unverändert.
Also schnell die Sekundärfase weggehobelt und ordentlich ballig auf 0 geschliffen. Dabei funkt es ganz außerordentlich. Der Schleifwiderstand erscheint mir nicht extrem zu sein.
Profimäßig gibt´s an meinem kleinen Bandschleifer ne Kur bis 400er Körnung, ein feineres Satinierfinish mit Polierpastenunterstützung und einen finalen Touch am Filzband mit Chromoxid.
Genug für die ersten Tests.
Die Geo ist schon mal der optimale Spalter. Dazu braucht es aber ordentlich Kraft, dann wird aber alles, was so an an Restholz zu finden war, entzweit.
Auch die Eiche für den Griff.
Zu sehen ist nix an der Schneide, selbst nach einem ordentlichen Hieb in dickes Alu.
Das geht zwar nicht durch, aber die WB war schon mal nicht völlig verhauen und es darf ein Griff gebaut werden.
Mehr wird sich dann noch zeigen, wenn es neben anderen Spielsachen getestet werden kann, um zu sehen, was noch weg muss und ob das Gewicht passt.
Auf jeden Fall kann ich schon mal sagen, dass es sich gut anfühlt, alles an so einem Schneidwerkzeug zu machen (mal abgesehen von der Erschmelzung und dem Walzen).
Es wird aber weiter getestet und etwas mehr Stahl ist auch noch da.
VG
Mike