Santoku-Wochen und PA-Berichte Kamo Orca/Kirime/Wakui
Jul 15, 2017 18:16:41 GMT
krassi, dieter, and 15 more like this
Post by flint on Jul 15, 2017 18:16:41 GMT
Servus,
Die großen Santoku-Vergleichs-Wochen……
Die Protagonisten:
Kamo-To-Santoku mit Killerschliff
Kamo-To- Kirime
Kamo Orca-Bunka de Luxe ( der Fehdehandschuh )
Wakui KU-Horie Edition
und als Gaststar aus schwedischem Stahl:
Ashi-Santoku
Gleich mit der Tür ins Haus.....
Das Killer-Kamo hat endlich eine würdige Konkurrenz aus eigenem Haus bekommen. Geometrisch ist dieser berühmte Kamo-Schliff einfach eine Besonderheit. Das gilt sowohl für die alte Kamo-To Serie mit schlichtem Honoki-Griff und Hornzwinge, wie auch für die Exklusiv-Serie „Orca“, die nur Marco Röllin anbietet. Das Exemplar der Orca-Serie, dass ich zum Vergleichen von kup bekommen habe, ist das erste Messer überhaupt, dass Gefühlt an bestimmten Stellen der Klinge noch einen Hauch leichter schneidet als man altes Kamo-To-Santoku, aber nicht durchgängig über die gesamte Klinge. Beide Messer schneiden partiell auf den knapp 180mm Klingenlänge mal leichter und mal weniger leichter als das jeweils andere. Leicht schneiden sie aber immer und liegen wirklich Kopf an Kopf. Mit absoluter Gewissheit setzt sich keines ab. Unmöglich, das klar zu beurteilen. Immer wechselt die Schneidfähigkeit von Klinge zu Klinge, je nach dem an welcher Stelle der Klinge gerade geschnitten wird und mit welcher Technik. Diese Art von Schneidfähigkeit ist bereits der Laserhimmel, dass steht zumindest fest! Die Gleitfähigkeit und geringere Haftung ist der Schlüssel, wenn die Geometrie bereits ausgereizt ist. Hier nehmen sich beide nur Hundertstel.
Aber der Reihe nach...
Zuerst ein großes Danke an alle Mitglieder die mir ihre Messer zum Testen zur Verfügung gestellt haben. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!
Begonnen hat alles mit dem kleinen Santoku-Vergleich von "The Bunk". Ein Kamo-To-Kirime und ein Wakui KU in der bekannt guten Horie-Edition.
Ich beginne mit diesen beiden Santoku’s Die Spec’s findet man bei Fam. Horie und bei Claudia vom Messerkontor.
Beide Santoku’s haben sich eine uneingeschränkte Empfehlung verdient. Entscheidend ist, welche Vorlieben der Käufer mitbringt, wenn es beide Messer in seine engere Wahl geschafft haben. Beide Santoku’s sind auf gutem Niveau verarbeitet und gefinisht. Es geht tatsächlich deutlich schlechter aber auch nach oben ist noch etwas Luft. Also gutes bis gehobenes Mittelfeld.
Obwohl beide Messer Santoku’s sind, ist der Unterschied sowohl optisch, wie auch gefühlt wie Tag und Nacht. Nur die Schneidfähigkeit klafft nicht so weit auseinander, hier sind die Unterschiede nicht so deutlich wie die optischen/konzeptionellen, aber dennoch vorhanden.
Das Kamo hat das typische two-tone-Klingenfinish, also die obere Hälfte der Klinge hat ein recht grob aussehendes, aber gefühlt glattes Längsfinish, unter der Shinogi-Linie einen etwas feineren Querschiff zur Schneide hin. Kein typisch wolkiges Kasumi. Der Rücken ist aus dem Griff raus etwas dünner als bei der alten und für ihre Schneidfähigkeit berühmten Kamo-To-Serie, ansonsten ähnlich leicht und dünn.
Kamo verwendet auch hier ein dünngezogenes Dreilagenlaminat, aber die Qualität des konkaven Meisterschliff’s der alten Kamo’s wird nicht erreicht. Trotzdem schneidet das Kamo sehr leicht und ist für seine dünne Bauart auch kein Schnittgutmagnet. Auf traditionelles Honoki und Horn wurde zugunsten von Ahorn und einer spaltenlos übergehenden Schichtholz-Micartazwinge verzichtet. Der Griff selbst ist sauber gearbeitet, sehr leicht und haptisch einer Graumagnolie nicht unähnlich. Die Maserung ist langweilig bis nicht vorhanden und der gelbliche Farbton ist nur mit viel gutem Willen, als gefällig zu bezeichnen. Der Erl ist Kamo-typisch eingebracht, mehr funktionell als ästhetisch, aber dicht verschlossen.
Der Preis ist hoch angesetzt, der Schnitt wie auch das Santoku selbst ist sehr leicht. Genau 112,7gr mit zweifingerbreitem Schwerpunkt in der Klinge. Ein kurzes, wendiges und hauchfein schneidendes Santoku. Wer so etwas mag, oder sich sehr gut vorstellen könnte, ein solches Messer zu mögen, der darf kaufen. Falsch macht man im Segment der leichten und sehr dünnen Santoku’s mit dem Kamo-Kirime sicher nichts.
Nur als Vergleich: Mein Kamo-To wiegt 107,3gr bei max. Rückenstärke von 3,69mm zu 2,86mm zum Kirime. Nagelgängig sind beide Messer über die volle Schneidenlänge, mein altes Kamo buckelt aber deutlich höher die Klinge rauf.
Kehl Kirime...
Kehl Kamo-To...
Das Kirime ist also mehr eine versuchte Neuauflage, als ein konsequenter Nachfolger der alten Kamo-To-Serie.
Wer das alte Kamo aber nicht kennt, wird mit dem Neuen sicher zufrieden sein.
Jetzt zum Wakui...
Völlig anderer Stil. Dunkel, KU, geflammte Kastanie, schwarzes Horn, sattes Gewicht, fetter Rücken.
Kehl Wakui...
Daten gefällig: 147,1gr! Die über 30gr Mehrgewicht fühlt man deutlicher in der Hand, als es die Zahl erscheinen lässt. Der Rücken ist an der dicksten Stelle 4,54mm, das Profil fast ident mit dem Kamo, nur ist das Wakui um ein paar Millimeter höher. Der FR ist beim Wakui keinen Deut besser, eher etwas schwächer ausgeprägt. Das Schnittgut lässt sich schwerer abstreifen. Das Wakui wird erst ab der Schneidenmitte nagelgängig, dann aber richtig leicht bis zur Spitze hin, was sich in einem sehr leichten Schnitt im vorderen Klingendrittel niederschlägt. Hier ist es mit dem Kamo gleichauf, je nach Schnittgut sogar besser und kann mit dem höheren Gewicht als Boost noch eins draufsetzen. Wer also gerne im Zugschnitt schneidet, kann in dem Horie-Wakui einen kongenialen Partner um vergleichsweise wenig Geld finden. Zum Griff hin, fällt die Schneidfähigkeit aber etwas hinter dem Kamo zurück. Ich würde hier das Gefühl entscheiden lassen. Hier entscheidet wirklich die Vorliebe für ein bestimmtes Feeling beim Schneiden. Beide Messer sind zu verschieden in der Hand. Also beide ausprobieren und dann entscheiden.
Der Stahl nimmt sich nicht viel, V2 versus Aogami II. Beides sind sehr leicht zu schärfende C-Stähle mit haushaltstauglicher Standzeit und ohne Allüren. Das Kamo ist durch die Eisenflanken etwas reaktiver. Mit einer ausgeprägten Patina erledigt sich das aber. Persönlich ist mir V2 lieber, kann ich aber nicht rational erklären. Ich denke es liegt daran, dass ich noch nie Ausbrüche oder sonstige Probleme mit V2 hatte, weder bei einem fetten Itinomonn WH, noch mit meinem Horie-Wakui-Gyuto.
Jetzt zum „Edel-Bunka“ von kup, der es mir ermöglicht hat gleich 6 Santoku’s direkt vergleichen zu können.
Das Bunka ist mit einem kleinen Ausbruch und ein paar Mikrochips bei mir angekommen. Bei einer solch dünnen Wate ( immer unter 0,10mm mit absoluten Spitzenwerten um 0,06mm ) aus R2 PM-Stahl aus meiner Sicht keine Überraschung. Das kennen wir ja schon vom Takamura/Asagao wo ein zu spitzer Schneidenwinkel und ein extrem dünner Ausschliff solche Ausbrüche begünstigt, wenn nicht konsequent in der richtigen und für diese Schneide angedachten Schnitttechnik gearbeitet wird. Härterer Impact wird ohne stabilisierende Mikrofase eben mit Ausbrüchen quittiert.
Ich habe die Schneide mit meinem Bogdan und einem Schleifwinkel von 18° repariert und alle Chips ausgeschliffen. Durch die dünne Wate ein Kinderspiel. Nach ein paar Zügen auf einem Naniwa Pro 1000 waren die Ausbrüche weg und ein gleichmässig aufgeworfener Grat da. Abgeschlossen habe ich mit einem Suehiro 5000. Das ganze Prozedere hat keine halbe Stunde gedauert. Eine dünne Wate nimmt PM-Stahl seinen Schrecken.
Durch den sauber gerundeten und geschwungene Kehl liegt das Orca sehr gut in der Hand und mal wieder ein rostträges Messer zu verwenden macht auch Spaß. Keine Reaktivität und es darf mal länger nass und schmutzig herumliegen. Da ich kleinere Messer gewöhnt bin fehlt mir Klingenlänge nicht. Aber kommen wir mal zum Highlight der Eigenschaften: Der Schneid/Gleitfähigkeit!
Da spielt das Orca zweifelsohne die erste Geige. Was für ein leichter Schnitt. So hab ich das selten erlebt. Geometrisch ausgereizt geschliffen, bei gleichzeitig stellenweise ( nicht im vorderen 1/3 der Klinge ) stark reduzierter Haftung und exzellenter Gleitfähigkeit ergibt das einen luftig-leichten Schnitt selbst durch dicke und knackfrische 6° kalte Möhren das selbst einem Dünnschlifffreak wie mir mal kurz der Mund offen steht. Das Orca ist unzweifelhaft eines der schneidfähigsten Messer, dass ich je in der Hand hatte. Ich würde sagen es liegt, wenn alles passt, gefühlt vielleicht eine Haaresbreite vor meinem alten Kamo und ich meine, die Patina der rostenden Flanken schluckt das letzte Quentchen Gleitfähigkeit, die es braucht um mit dem Orca-Bunka an dessen besten Momenten gleichauf zu sein. So meine Theorie. Das man Differenzen von 0,06mm zu 0,08mm an der Wate beim Schnitt erspürt, ist aus meiner Sicht unmöglich, also Voodoo, Voodoo!
Kehl Orca...
Hingegen ein Test mit einem Küchentuch beim Abtrocknen zeigt die spürbaren Unterschiede einer gleichen oder sehr ähnlicher Oberflächengestaltung, wenn eine Flanke davon patiniert ist und die andere nicht. Die patinierte Fläche ist stumpfer und diese stumpfe Fläche lässt manches Schnittgut schlechter gleiten. Aber wo Schatten ist, muss es auch Licht geben. Mein altes Kamo hat den besseren FR! Zumindest im ersten Klingendrittel. Da ist der Anschliff vom Orca für Vorteile in dieser Eigenschaft zu hoch und glatt, Möhrenscheiben kleben an dieser Stelle deutlich fester an, als bei meinem Kamo, aber in der Mitte schliesst das Orca wieder auf.
Was mich am Orca stört ist der sorglos eingebrachte Erl und die unsauberen Materialübergänge am Griff, aber das wurde bereits besprochen und kritisiert. Bei einem 300,- Euro Messer von solcher Schneidfähigkeit ist das mehr als ein Makel und trübt das ansonsten exzellente Gesamtbild ein. Das „de Luxe" darf sich nicht nur auf die Materialwahl der einzelnen Teile beziehen, sondern muss sich auch in der Fertigungsqualität zeigen und hier gehört noch nachjustiert!
Ausser Konkurrenz habe ich noch mein Ashi-Schweden-Santoku und mein Itinomonn KU antreten lassen. Die gewonnene Erkenntnis nach sechs zum Teil völlig unterschiedlichen Messerkonzepten unter der Überschrift „Santoku“ zeigt wieder mal, das die Vielfalt und die Unterschiede nur im ( direkten ) Vergleich und in der Hand gehalten und damit geschnitten „be-griffen“ und erfahren werden kann. Jede noch so detaillierte und akribisch verfasste Beschreibung ersetzt nicht den gefühlten Schnitt, nicht das Feeling in der Hand und den einsetzenden „Flow“ wenn man mal wieder grinsend und konzentriert seine eigene Schnitttechnik bewundert!
Gruß, flint
Die großen Santoku-Vergleichs-Wochen……
Die Protagonisten:
Kamo-To-Santoku mit Killerschliff
Kamo-To- Kirime
Kamo Orca-Bunka de Luxe ( der Fehdehandschuh )
Wakui KU-Horie Edition
und als Gaststar aus schwedischem Stahl:
Ashi-Santoku
Gleich mit der Tür ins Haus.....
Das Killer-Kamo hat endlich eine würdige Konkurrenz aus eigenem Haus bekommen. Geometrisch ist dieser berühmte Kamo-Schliff einfach eine Besonderheit. Das gilt sowohl für die alte Kamo-To Serie mit schlichtem Honoki-Griff und Hornzwinge, wie auch für die Exklusiv-Serie „Orca“, die nur Marco Röllin anbietet. Das Exemplar der Orca-Serie, dass ich zum Vergleichen von kup bekommen habe, ist das erste Messer überhaupt, dass Gefühlt an bestimmten Stellen der Klinge noch einen Hauch leichter schneidet als man altes Kamo-To-Santoku, aber nicht durchgängig über die gesamte Klinge. Beide Messer schneiden partiell auf den knapp 180mm Klingenlänge mal leichter und mal weniger leichter als das jeweils andere. Leicht schneiden sie aber immer und liegen wirklich Kopf an Kopf. Mit absoluter Gewissheit setzt sich keines ab. Unmöglich, das klar zu beurteilen. Immer wechselt die Schneidfähigkeit von Klinge zu Klinge, je nach dem an welcher Stelle der Klinge gerade geschnitten wird und mit welcher Technik. Diese Art von Schneidfähigkeit ist bereits der Laserhimmel, dass steht zumindest fest! Die Gleitfähigkeit und geringere Haftung ist der Schlüssel, wenn die Geometrie bereits ausgereizt ist. Hier nehmen sich beide nur Hundertstel.
Aber der Reihe nach...
Zuerst ein großes Danke an alle Mitglieder die mir ihre Messer zum Testen zur Verfügung gestellt haben. Ich weiß das wirklich sehr zu schätzen!
Begonnen hat alles mit dem kleinen Santoku-Vergleich von "The Bunk". Ein Kamo-To-Kirime und ein Wakui KU in der bekannt guten Horie-Edition.
Ich beginne mit diesen beiden Santoku’s Die Spec’s findet man bei Fam. Horie und bei Claudia vom Messerkontor.
Beide Santoku’s haben sich eine uneingeschränkte Empfehlung verdient. Entscheidend ist, welche Vorlieben der Käufer mitbringt, wenn es beide Messer in seine engere Wahl geschafft haben. Beide Santoku’s sind auf gutem Niveau verarbeitet und gefinisht. Es geht tatsächlich deutlich schlechter aber auch nach oben ist noch etwas Luft. Also gutes bis gehobenes Mittelfeld.
Obwohl beide Messer Santoku’s sind, ist der Unterschied sowohl optisch, wie auch gefühlt wie Tag und Nacht. Nur die Schneidfähigkeit klafft nicht so weit auseinander, hier sind die Unterschiede nicht so deutlich wie die optischen/konzeptionellen, aber dennoch vorhanden.
Das Kamo hat das typische two-tone-Klingenfinish, also die obere Hälfte der Klinge hat ein recht grob aussehendes, aber gefühlt glattes Längsfinish, unter der Shinogi-Linie einen etwas feineren Querschiff zur Schneide hin. Kein typisch wolkiges Kasumi. Der Rücken ist aus dem Griff raus etwas dünner als bei der alten und für ihre Schneidfähigkeit berühmten Kamo-To-Serie, ansonsten ähnlich leicht und dünn.
Kamo verwendet auch hier ein dünngezogenes Dreilagenlaminat, aber die Qualität des konkaven Meisterschliff’s der alten Kamo’s wird nicht erreicht. Trotzdem schneidet das Kamo sehr leicht und ist für seine dünne Bauart auch kein Schnittgutmagnet. Auf traditionelles Honoki und Horn wurde zugunsten von Ahorn und einer spaltenlos übergehenden Schichtholz-Micartazwinge verzichtet. Der Griff selbst ist sauber gearbeitet, sehr leicht und haptisch einer Graumagnolie nicht unähnlich. Die Maserung ist langweilig bis nicht vorhanden und der gelbliche Farbton ist nur mit viel gutem Willen, als gefällig zu bezeichnen. Der Erl ist Kamo-typisch eingebracht, mehr funktionell als ästhetisch, aber dicht verschlossen.
Der Preis ist hoch angesetzt, der Schnitt wie auch das Santoku selbst ist sehr leicht. Genau 112,7gr mit zweifingerbreitem Schwerpunkt in der Klinge. Ein kurzes, wendiges und hauchfein schneidendes Santoku. Wer so etwas mag, oder sich sehr gut vorstellen könnte, ein solches Messer zu mögen, der darf kaufen. Falsch macht man im Segment der leichten und sehr dünnen Santoku’s mit dem Kamo-Kirime sicher nichts.
Nur als Vergleich: Mein Kamo-To wiegt 107,3gr bei max. Rückenstärke von 3,69mm zu 2,86mm zum Kirime. Nagelgängig sind beide Messer über die volle Schneidenlänge, mein altes Kamo buckelt aber deutlich höher die Klinge rauf.
Kehl Kirime...
Kehl Kamo-To...
Das Kirime ist also mehr eine versuchte Neuauflage, als ein konsequenter Nachfolger der alten Kamo-To-Serie.
Wer das alte Kamo aber nicht kennt, wird mit dem Neuen sicher zufrieden sein.
Jetzt zum Wakui...
Völlig anderer Stil. Dunkel, KU, geflammte Kastanie, schwarzes Horn, sattes Gewicht, fetter Rücken.
Kehl Wakui...
Daten gefällig: 147,1gr! Die über 30gr Mehrgewicht fühlt man deutlicher in der Hand, als es die Zahl erscheinen lässt. Der Rücken ist an der dicksten Stelle 4,54mm, das Profil fast ident mit dem Kamo, nur ist das Wakui um ein paar Millimeter höher. Der FR ist beim Wakui keinen Deut besser, eher etwas schwächer ausgeprägt. Das Schnittgut lässt sich schwerer abstreifen. Das Wakui wird erst ab der Schneidenmitte nagelgängig, dann aber richtig leicht bis zur Spitze hin, was sich in einem sehr leichten Schnitt im vorderen Klingendrittel niederschlägt. Hier ist es mit dem Kamo gleichauf, je nach Schnittgut sogar besser und kann mit dem höheren Gewicht als Boost noch eins draufsetzen. Wer also gerne im Zugschnitt schneidet, kann in dem Horie-Wakui einen kongenialen Partner um vergleichsweise wenig Geld finden. Zum Griff hin, fällt die Schneidfähigkeit aber etwas hinter dem Kamo zurück. Ich würde hier das Gefühl entscheiden lassen. Hier entscheidet wirklich die Vorliebe für ein bestimmtes Feeling beim Schneiden. Beide Messer sind zu verschieden in der Hand. Also beide ausprobieren und dann entscheiden.
Der Stahl nimmt sich nicht viel, V2 versus Aogami II. Beides sind sehr leicht zu schärfende C-Stähle mit haushaltstauglicher Standzeit und ohne Allüren. Das Kamo ist durch die Eisenflanken etwas reaktiver. Mit einer ausgeprägten Patina erledigt sich das aber. Persönlich ist mir V2 lieber, kann ich aber nicht rational erklären. Ich denke es liegt daran, dass ich noch nie Ausbrüche oder sonstige Probleme mit V2 hatte, weder bei einem fetten Itinomonn WH, noch mit meinem Horie-Wakui-Gyuto.
Jetzt zum „Edel-Bunka“ von kup, der es mir ermöglicht hat gleich 6 Santoku’s direkt vergleichen zu können.
Das Bunka ist mit einem kleinen Ausbruch und ein paar Mikrochips bei mir angekommen. Bei einer solch dünnen Wate ( immer unter 0,10mm mit absoluten Spitzenwerten um 0,06mm ) aus R2 PM-Stahl aus meiner Sicht keine Überraschung. Das kennen wir ja schon vom Takamura/Asagao wo ein zu spitzer Schneidenwinkel und ein extrem dünner Ausschliff solche Ausbrüche begünstigt, wenn nicht konsequent in der richtigen und für diese Schneide angedachten Schnitttechnik gearbeitet wird. Härterer Impact wird ohne stabilisierende Mikrofase eben mit Ausbrüchen quittiert.
Ich habe die Schneide mit meinem Bogdan und einem Schleifwinkel von 18° repariert und alle Chips ausgeschliffen. Durch die dünne Wate ein Kinderspiel. Nach ein paar Zügen auf einem Naniwa Pro 1000 waren die Ausbrüche weg und ein gleichmässig aufgeworfener Grat da. Abgeschlossen habe ich mit einem Suehiro 5000. Das ganze Prozedere hat keine halbe Stunde gedauert. Eine dünne Wate nimmt PM-Stahl seinen Schrecken.
Durch den sauber gerundeten und geschwungene Kehl liegt das Orca sehr gut in der Hand und mal wieder ein rostträges Messer zu verwenden macht auch Spaß. Keine Reaktivität und es darf mal länger nass und schmutzig herumliegen. Da ich kleinere Messer gewöhnt bin fehlt mir Klingenlänge nicht. Aber kommen wir mal zum Highlight der Eigenschaften: Der Schneid/Gleitfähigkeit!
Da spielt das Orca zweifelsohne die erste Geige. Was für ein leichter Schnitt. So hab ich das selten erlebt. Geometrisch ausgereizt geschliffen, bei gleichzeitig stellenweise ( nicht im vorderen 1/3 der Klinge ) stark reduzierter Haftung und exzellenter Gleitfähigkeit ergibt das einen luftig-leichten Schnitt selbst durch dicke und knackfrische 6° kalte Möhren das selbst einem Dünnschlifffreak wie mir mal kurz der Mund offen steht. Das Orca ist unzweifelhaft eines der schneidfähigsten Messer, dass ich je in der Hand hatte. Ich würde sagen es liegt, wenn alles passt, gefühlt vielleicht eine Haaresbreite vor meinem alten Kamo und ich meine, die Patina der rostenden Flanken schluckt das letzte Quentchen Gleitfähigkeit, die es braucht um mit dem Orca-Bunka an dessen besten Momenten gleichauf zu sein. So meine Theorie. Das man Differenzen von 0,06mm zu 0,08mm an der Wate beim Schnitt erspürt, ist aus meiner Sicht unmöglich, also Voodoo, Voodoo!
Kehl Orca...
Hingegen ein Test mit einem Küchentuch beim Abtrocknen zeigt die spürbaren Unterschiede einer gleichen oder sehr ähnlicher Oberflächengestaltung, wenn eine Flanke davon patiniert ist und die andere nicht. Die patinierte Fläche ist stumpfer und diese stumpfe Fläche lässt manches Schnittgut schlechter gleiten. Aber wo Schatten ist, muss es auch Licht geben. Mein altes Kamo hat den besseren FR! Zumindest im ersten Klingendrittel. Da ist der Anschliff vom Orca für Vorteile in dieser Eigenschaft zu hoch und glatt, Möhrenscheiben kleben an dieser Stelle deutlich fester an, als bei meinem Kamo, aber in der Mitte schliesst das Orca wieder auf.
Was mich am Orca stört ist der sorglos eingebrachte Erl und die unsauberen Materialübergänge am Griff, aber das wurde bereits besprochen und kritisiert. Bei einem 300,- Euro Messer von solcher Schneidfähigkeit ist das mehr als ein Makel und trübt das ansonsten exzellente Gesamtbild ein. Das „de Luxe" darf sich nicht nur auf die Materialwahl der einzelnen Teile beziehen, sondern muss sich auch in der Fertigungsqualität zeigen und hier gehört noch nachjustiert!
Ausser Konkurrenz habe ich noch mein Ashi-Schweden-Santoku und mein Itinomonn KU antreten lassen. Die gewonnene Erkenntnis nach sechs zum Teil völlig unterschiedlichen Messerkonzepten unter der Überschrift „Santoku“ zeigt wieder mal, das die Vielfalt und die Unterschiede nur im ( direkten ) Vergleich und in der Hand gehalten und damit geschnitten „be-griffen“ und erfahren werden kann. Jede noch so detaillierte und akribisch verfasste Beschreibung ersetzt nicht den gefühlten Schnitt, nicht das Feeling in der Hand und den einsetzenden „Flow“ wenn man mal wieder grinsend und konzentriert seine eigene Schnitttechnik bewundert!
Gruß, flint