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Post by simon on Nov 6, 2022 21:28:19 GMT
Moin, wie ich bereits im "Neuigkeiten" Thread angekündigt habe arbeite ich derzeit an der Entwicklung einer Kleinserie. Für diese Kleinserie möchte ich wollte ich meine neu erworbenen Fähigkeiten in 3d-Design und CNC-Fräsen nutzen, weshalb der erste Schritt das erstellen eines digitalen Messermodells war. Für ein Messer mit Wa-Griff wäre das auch keine große Sache gewesen, aber ich wollte gerne einen westlichen Griff umsetzen. Nach ein bisschen rumprobieren mit den typischen Körper-Modellierwerkzeugen wurde klar, dass sich die geplante Form so einfach nicht realisieren lassen wird. Hier mal einer der ersten Versuche: Um organische, runde Formen gut modellieren zu können, muss man in Fusion Surface-Modelling nutzen - für mich komplettes Neuland. Die Grundidee ist Stützskizzen zu erstellen, welche dann von Fusion zu einer einheitlichen Oberfläche ergänzt werden. Mehrere Oberflächen können dann zu einem Körper zusammengesetzt werden. Danach habe ich noch eine Fase an der Zwinge und eine Rundung am Griffende ergänzt. Zuletzt habe ich die Zwinge abgetrennt und die nötigen Features für die Befestigung an der Klinge modelliert. Der Prozess hat echt eine ganze Weile gedauert. Am Ende habe ich das Modell in einer Aktion bis 5 Uhr morgens nochmal komplett neu aufgesetzt. Im Designprozess hatten sich eine ganze Menge "Altlasten" aus fehlgeschlagenen Versuchen und Justierungen gebildet, welche viele störende Abhängigkeiten erzeugt haben. Hier das Endergebnis. Die finale Form besteht aus 20 Skizzen und 11 Konstruktionsebenen. Als nächstes stellte sich dann die Frage: Wie soll man so eine Form zum Fräsen einspannen? Schöne rechtwinklige, plane Flächen gibt es an dieser Form ja nun nicht gerade im Überfluss . Zum Fräsprozess gibt es dann in den nächsten Tagen mehr. Grüße Simon
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Post by peters on Nov 6, 2022 22:18:47 GMT
Ich kenne mich mit der spanenden (Metall)-Bearbeitung nicht so aus (Uwe wird sicher kommentieren)... aber ich denke, dass du dir eine Art von Spannvorrichtung wirst bauen müssen. Bei einer Serie ist das ja kein Problem. Alternativ: einfach einen Steg stehen lassen, den du im Nachgang von Hand abnimmst. Wenn ich es mir genau überlege: eher die 2. Idee.
VG Peter
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Post by powpow on Nov 6, 2022 22:26:39 GMT
Danke das du uns so detailliert am Entstehungsprozess teilhaben lässt.
Sehr spannend 🤓👍
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Post by jay on Nov 7, 2022 0:08:33 GMT
Bin schon gespannt auf das Endprodukt. Aber jetzt erstmal beim Entstehungsprozess zuschauen. Danke.
Grüße, Julian
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Post by suntravel on Nov 7, 2022 16:43:40 GMT
Schön gemacht.
Ich würde den Griff hinten länger lassen und das in nen Rundtisch einspannen, dann mit 4 Achsen fräsen.
Dann nur nur noch das Griffende abgesägt und geschliffen werden.
Gruß
Uwe
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simon
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Post by simon on Nov 13, 2022 18:10:40 GMT
Moin, dann will ich das Rätsel von letzter Woche mal auflösen. Zunächst hatte ich es in etwa versucht, wie suntravel beschrieben hat. Da ich keine 4. Achse habe, habe ich mir eine Aufspannplatte gebaut und dann die Seiten nacheinander gefräst: Diese Form der Aufspannung hat leider nicht funktioniert, da sich das Holz, vermutlich aufgrund der recht starken Vibrationen und asymmetrischen Bearbeitung, stark verzogen hat. Das führte dann dazu, dass die beiden Seiten nicht deckungsgleich wurden, was den Prozess ungeeignet macht. Mit einer 4. Achse würde das wahrscheinlich besser gehen, aber dafür habe ich derzeit weder Hardware noch Software. Hier ein Bild von dem Verzug zwischen den Seiten: Als nächstes habe ich mir daher überlegt, dass ich das ganze doch gerne klassisch im Schraubstock fräsen möchte. Hierzu habe ich auf der ersten Seite einfach noch Spannflächen hinzugefügt, welche ich dann später von Hand entferne. Ich glaube die Idee von peters ging etwas in die Richtung Hier einmal das Modell dazu: Das Fräsen erfolgt der Form erfolgt dann in zwei Aufspannungen, wobei zunächst einmal die grobe Kontur gefräst wird. Geschlichtet wird dann mit 0,25mm Zustellung. Das dauert zwar eine Weile, dafür ist dann aber von Hand echt nicht mehr viel zu machen. So sieht das ganze dann im CAM aus: Und so in echt: Als nächstes müssen nun die Features für die Befestigung von Klinge und Zwinge gefräst werden. Ich verwende einen rechteckigen Zapfen, damit Zwinge und Griff auch ohne Kleber schon fest zusammenpassen. Dies ermöglicht es mir, nur einmal Kleben zu müssen. Mit meiner üblichen Technik müsste ich erst Griff und Zwinge verkleben und diese dann formen, bevor ich sie mit der Klinge verklebe. Ich nutze hier wieder die Spannflächen, die ich stehengelassen habe. Zum Festspannen dienen zwei Klemmsia-Holzzwingen, ziemlich Lowtech, funktioniert aber ausgezeichnet: Da der Schlitz für den Erl etwas zu tief ist, um ihn mit einem 4mmm Fräser zu fräsen, musste ich mir noch etwas überlegen, um die Lücke zu schließen. Ursprünglich hatte ich den Schlitz asymmetrisch gefräst und dann ein kleines Holzstück für die andere Seite eingepasst. Dieser Prozess war aber etwas frickelig und zu ungenau. Jetzt fräse ich mir daher einfach schnell ein Paar kleine rechteckige Einsätze, ganz ähnlich nur Dübeltechnik, die ich sonst verwende: Nun galt es noch die Zwinge zu fräsen. Die Herangehensweise ist ganz ähnlich zu der beim Griffklotz. Ich fräse zunächst die Unterseite, lasse aber Referenz/Aufspannflächen stehen. Die zweite Seite mache ich dann mit einem Kugelfräser, um direkt die Endform zu erhalten. Als letztes kommt dann noch der Schlitz mit einem kleinen Fräser. Hier einmal zum Abschluss die Frästeile ohne Nachbearbeitung zusammengesteckt: Letztendlich hat es dann zwischen ergonomischen Anpassungen der Griffform und den verschiedenen Prozessveränderungen fast 20 Prototypen (einige sind schon im Kamin gelandet) gebraucht bis alles passte: In den nächsten Tagen werde ich noch etwas zur Fertigung der finalen Prototypen inklusive Klingen posten. Grüße Simon
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simon
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Post by simon on Jan 1, 2023 21:59:19 GMT
Moin, in den letzten Wochen hatte ich extrem viel mit der Uni zu tun, weshalb ich erst jetzt wieder zum Posten komme. Im letzten Post hatte ich die Fertigung der Griffe vorgestellt, also geht es nun mit den Klingen weiter. Die Grundform einer Klinge zu modellieren ist technisch deutlich einfacher als der Griff, hat aber gestalterisch einige Schwierigkeiten. Eine Klingenform mit gut aussehender Linienführung zu finden, die auch zu den technischen Parametern Klingenhöhe, Länge etc. passt, braucht etwas Übung. Auf Papier habe ich das schon wirklich häufig gemacht und bin so intuitiv meist schon auf einem guten Weg. Im CAD fehlt diese Intuition, sodass es eine ganze Weile dauert, bei einer gefälligen Form zu landen. Außerdem kann man im CAD nicht einfach radieren, sondern muss immer die Abhängigkeiten zu anderen Designelementen beachten, die man ggf. unbeabsichtigt mit verändert. Nach mehreren Stunden herumprobieren und unzähligen winzigen Veränderungen an den Kurven und der Länge des geraden Teils des Rückens bin ich bei dieser Skizze gelandet: Die Zeichnung kann man dann einfach extrudieren um die Klingenform zu erhalten. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch die Features die für die Befestigung am Griff angepasst: Um die Klingenform endgültig beurteilen zu können, muss man sich natürlich auch anschauen, wie Klinge und Griff gemeinsam aussehen: Jetzt ging es an die Prototypenfertigung. Hierzu habe ich mir das Klingendesign ausgedruckt, bei unseren Druckern eine deutlich größere Herausforderung als man erwarten würde . Die Skizzen habe ich dann mit Sprühkleber auf den Stahl geklebt: Die Kleinserie möchte ich aus 4 mm 14c28n bauen. Den Stahl verwende ich inzwischen fast ausschließlich und bin mit dessen Eigenschaften sehr zufrieden. Für die Prototypen habe ich 1.2510 genutzt. Den hatte ich aber nur in 5 mm Dicke, von daher musste ich die Rohlinge etwas dünner schleifen: Nach dem Grobschliff ging es dann zum Härten in den Garten: Die harten Klingen wurden dann getapert und feingeschliffen. Dieser Prozess bleibt genauso wie bisher. Geometrisch werden die Kleinserienmesser als Allrounder ausgelegt. Jetzt waren die Prototypen schon quasi fertig, die Griffe waren ja schon gefräst . Hier schon mal ein kleiner Teaser vom Endergebnis: Die vollständige Vorstellung der Prototypen gibt es dann demnächst im Verkaufsthread. Da mir die Prototypen sowohl optisch als auch beim Testen sehr gut gefallen haben, habe ich auch direkt das Layout für das Laserschneiden der Rohlinge gemacht: Ich lasse die Rohlinge Laserschneiden, weil das Ausschneiden der Klingen von Hand viel Arbeit ist. Wie man die Klingen ausschneidet hat keinerlei Einfluss auf das Endergebnis und so ist Lasern eine Möglichkeit, die Kleinserie zu einem guten Preis anbieten zu können. Grüße Simon
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Post by ikarus on Jan 1, 2023 22:47:13 GMT
wow schaut super aus. Ich freu mich auf meins.
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Post by simon on Jan 20, 2023 12:08:35 GMT
Moin, ich hatte im letzten Post ja schon ein Laserschnittmuster gezeigt. Die Klingen aus der Platte habe ich bereits erhalten, bevor ich den offiziellen Verkauf der Kleinserie gestartet habe. Es werden natürlich noch deutlich mehr Klingen als die 20, aber während die restlichen gelasert und dann später gehärtet werden, kann ich schon die ersten Messer fertigstellen. Vor Weihnachten habe ich mit der Bearbeitung der Rohlinge im weichen Zustand begonnen. Leider hat 14c28n als Grundmaterial enorme Vorspannung, weshalb die Rohlinge typischerweise einige Millimeter krumm sind. Als erstes musste ich sie also richten. So habe ich die Klingen vom Lasern zurückbekommen: Und so sieh das ganze nach dem Richten aus: Leider kommt der Verzug nach dem Grobschliff meist etwas wieder, sodass mehrfaches Richten typischerweise nötig ist. Danach ging es mit dem Grobschliff weiter. Hier ist die erste Seite in Arbeit: Hier ist der Grobschliff fertig. Ich habe meinen 20 l Eimer fast ganz mit Staub gefüllt Danach schleife ich die Klingen einmal längs auf der Planschleifplatte. Dies beseitigt Ungleichmäßigkeiten im Schliff und stellt sicher, dass die Schneide gerade ist. Beides hilft auch bei der Wärmebehandlung Verzug zu vermeiden. Ein weiterer Schritt, um Härteverzug zu minimieren ist gründliches Entgraten am Satinierband. Grate und sehr scharfe Kanten sorgen für eine ungleichmäßige Abkühlung, was zu Verzug führen kann. Letzte Woche habe ich die Klingen dann wieder vom Härten zurückbekommen: Außerdem habe ich die Kühlung an meinem wassergekühlten Bandschleifer wieder fertig zusammengebaut. Ich habe den Bandschleifer auch direkt an einigen Klingen für die Serienmesser getestet und den Taper für diese geschliffen: Morgen geht es weiter mit dem Feinschliff der Klingen, gleichzeitig werde ich zudem die Griffe für die Messer fräsen. Grüße Simon
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Post by jay on Jan 20, 2023 13:47:14 GMT
Ja klasse simon. Kriegt man schon langsam Vorfreude drauf. Grüße, Julian
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Post by robeck on Jan 20, 2023 20:55:05 GMT
Jaaaaaa, ich freu mich extrem ! Hier sieht man, dass auch die Kleinserie individuelle Messer entstehen lässt....TOP
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simon
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Post by simon on Mar 13, 2023 22:21:15 GMT
Moin, ich wollte mal wieder ein kleines Update zu den Fortschritten liefern. Zunächst einmal habe ich vor einiger Zeit Pflaumenholz für die Griffe besorgt und aufgesägt. Es sind einige wirklich schöne Stücke dabei! Ein paar kleine Stücke anderes Holz sind natürlich auch mitgekommen. Zudem habe ich die restlichen Klingen vom Lasern zurückbekommen. Wenn man die so sieht ist das schon eine ganz schöne Menge. (Die Klingen rechts sind die schon gehärteten) Wie immer bei 14c28n ging es mit richten los. Der Stahl hat leider so viel Spannung im Material, dass man das Richten insgesamt 3 mal durchführt. Hier geht es Los mit dem Schliff von Seite 1. Hier Seite 2: Dann müssen noch die Kanten vom Lasern geglättet werden, um Härteverzug zu vermeiden. Nach dem Entgraten geht es dann zum Härten. Da befinden sich die Klingen im Moment auch noch. Ein wenig Staub hat die ganze Aktion natürlich auch produziert. Grüße Simon
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Post by jochen87 on Mar 14, 2023 8:28:18 GMT
Kleinserie? Ich seh da über 100 Rohlinge - toll, dass es so gut angenommen wurde. Ich freu mich drauf.
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Post by wern on Mar 14, 2023 9:00:42 GMT
Mann Gottes,
da hast Du dir echt was aufgehalst. Meine Hochachtung.
Grüße Frank
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Post by schlumpfschlaubi on Mar 22, 2023 8:44:06 GMT
danke für das Update. das sieht nach einer MENGE Arbeit aus. RESPEKT! Ich bin natürlich schon wahnsinnig gespannt und hätte gerne mein Messer (ich glaube es ist der 5 Rohling von rechts!? ) schon morgen. Aber mach dir keinen Stress und nimm dir die Zeit die es braucht! :-)
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