Geschichte, Abbau und Einsatz von Wetzsteinen in Deutschland

Sehr gute Info Peter,

die Hiftenberger Steine sind ja eine Klasse für sich!

Ich weiß gerade leider nicht ob es noch Vorführungen gibt, aber bis ende letzten Jahres war der letzte Wetzsteinmacher aus Ohlstadt noch im Freilichtmuseum Glentleiten (Großweil) zu bestaunen.

Grüße Wastl.

Eine Terminologie ist schon wichtig um sich verstehen zu können.

Ich habe zwischen Schleifen und Schärfen unterschieden.

Schleifen- in Sinne „eine Klinge ausschleifen“. Dabei wird die Klinge in Form gebracht (z.B. Flachschliff, balig). Danach werden die Schleifspuren beseitigt so dass zum Schluss Vorfinishstein kommt. Beim Vorfinish werden die Schleifspuren vollständig beseitigt.

Die Spuren vom Vorfinishstein müssen mit Finishstein vollständig beseitigbar sein.

Finishstein kann eine minimale abrasive Wirkung haben und die Oberfläche glätten.

Die Schritte 1) in Form bringen (Schleifen)-2) Vorfinish und 3) Finish kann man nicht überspringen.

Schleifen dient 1) Formgebung, die für Schneideigenschaften wichtig sind (wie die Klinge durch die Karotten geht) und Schärfbarkeit (wie dünn und symmetrisch die Klinge ausgeschliffen ist). Die Symmetrie ist für Schärfbarkeit von entscheidend. Bedeutung.
Die prüft man mit Schärfsystem, wo die Klinge fixiert wird. Man kann die Klinge mal nähe zum Heft mal weniger nah fixieren und prüfen, ob Schleifstein immer gleich auf die Schneidfase aufgelegt wird.

Nach dem Schleifen kommt Schärfen. Mit einem groben Stein wird die Schneide in Form gebracht. Irgendwann kommt Vorfinish. Nach dem Vorfinish kommt Finish. Finish ist nur dann möglich, wenn alle Spuren vom Vorfinishstein mit einem Finishstein beseitigbar sind.

Da redet man von 1) Schärfsteinen- 2) Vorfinish- und 3) Finishsteinen.
Beim 1) hier kann man?? wohl doch von Schleifsteinen reden, da dabei Form der Schneide und der Schneidenoberfläche angegeben (ausgeschliffen) wird.

Was wäre dann besser (was spiegelt besser das, was beim Schärfen passiert?): von Schleif- und Abziehsteinen sprechen, oder Schleif-, Vorfinish- und Finishsteinen?

Sandstein

Sandsteine wurden früher sehr häufig als Schleifsteine eingesetzt. In Deutschland kommt Sandstein in verschiedenen Gegenden vor. Je nach den Begleitstoffen besitzt er unterschiedliche Farben, von weiß über gelb nach grün und rot. Allerdings ist die Zusammensetzung sehr unterschiedlich und nicht jeder Sandstein kann auch als Wetzstein eingesetzt werden.

Die seit dem Mittelalter gebräuchliche Art einen Sandstein als Schleifstein zu nutzen war in Form von Schleifrädern, drehbar gelagert und meist mit einer Handkurbel, seltener mit einer fußbetriebenen Kurbel versehen. Ein solcher Schleifstein zum Schärfen der Messer und Werkzeuge gehörte früher in ländlichen Gegenden zur Grundausstattung jeden Gehöftes.


Historischer Schleifstein mit Handkurbel


Die Sandsteine wurden trocken, meist aber nass betrieben. Dazu wurde der Trog mit Wasser gefüllt und der Schleifstein lief im unteren Teil in Wasser. Problematisch war, wenn das Wasser nach Gebrauch nicht aus dem Trog abgelassen wurde. Da sich manche Substanzen im Sandstein mit der Zeit auflösen, wurde der Stein dann an den Stellen, die beständig im Wasser standen gelockert und brach teilweise aus. Man findet heute noch vielfach solche alten Schleifsteine die aus diesen Gründen an einer Seite abgeflacht oder beschädigt sind.

Abbaugebiete für derartige Sandsteine gab es in Deutschland viele, oftmals auch lokale, kleinere Brüche. Eine Aufzählung aller Brüche würde den Rahmen sprengen und ist hier auch nicht sinnvoll. Als Beispiele sei der rote Halle’sche Sandstein genannt, den es auch heute noch in Form von Banksteinen zu kaufen gibt oder der bei Wastl in der Nähe abgebaute Benediktbeurer Grün.

Auch die professionellen Schleifer wurden natürlich mit Sandschleifsteinen versorgt. In den Solinger Kotten der Messer- oder Schwertschleifer wurden Schleifsteine verwendet, die Durchmesser bis zu 2,5 m bei Stärken von über 30 cm hatten. Gewicht – mehrere Tonnen. Aber natürlich wurden auch kleinere Steine eingesetzt, je nachdem was geschliffen wurde und für welchen Arbeitsgang.
Befragt man Schleifer in ganz Deutschland, so kamen die als Schleifsteine eingesetzten Sandsteine aus unterschiedlichen Brüchen, meist natürlich aus der Nähe, aber auch in Abhängigkeit der individuellen Vorlieben der jeweiligen Schleifer bzw. Betriebe.
So kamen die in Solingen eingesetzten Sandsteine zum Großteil aus der Eifel. Hier gab es eine große Sandsteinindustrie entlang der Kyll.
Schleifer im Osten Deutschlands hatten vorwiegend Elbsandstein, wobei mir einer der Schleifer verriet, dass er eigentlich lieber Mainsandstein eingesetzt hat. Der war griffiger und zog besser an, nach seiner Aussage.
Hier mal ein Bild des Messerschleifsteins aus meiner Schleiferei, ebenfalls Elbsandstein, gebrochen in Pirna. In Pirna werden verschiedene Sandsteinqualitäten abgebaut, aber nur eine Sorte eignet sich für die Schleifsteinherstellung, der sogenannte Postaer Sandstein.


Messerschleifstein

Im süddeutschen Raum gab es natürlich die großen Wetzsteinbrüche Unterammergau/ Ohlstadt.

Neben den runden Schleifrädern waren die Sandsteine als Sensenwetzsteine sehr gebräuchlich.


Sensenwetzstein aus rotem Sandstein

Diese wurden in einem Wetzsteinhalter, der meist mit Wasser gefüllt war, ebenfalls feucht gehalten. Diese Wetzsteinhalter waren aus Holz, Horn, Blech oder später auch Kunststoff und wurden mit einer Lasche oder Feder am Gürtel festgemacht. Oftmals hatten diese auch einen Dorn, damit man sie im Feld zu Beginn der Mäharbeiten bzw. am Anfang einer „Bahn“ die gemäht wurde, in den Boden stecken konnte und nicht die ganze Zeit mit sich herum tragen musste bzw. das Wasser einem beim Bücken nicht in die Hose lief.
Nahezu jede Region in Deutschland hat einen eigenen Namen für diese Wetzsteinhalter, am gebräuchlichsten denke ich ist der Name Kumpf, bei uns in Hessen hießen diese Schlockerfass.

Hier findet man eine schöne Übersicht über verschieden Modelle und Bauformen.
www.adh-mueschede.de/sensenmuseum/wetzen.htm

Vereinzelt findet man auch Banksteine aus Sandstein aus früheren Zeiten. Diese waren allerdings weniger gebräuchlich.
Bekannt war z. B. der sogenannten Schweinfurter Wetzstein, den es in verschiedenen Körnungen gab.

Ein Beispiel eines recht feinen Abziehsteins aus Sandstein stellt der sogenannten Jupiter Qualitäts-Abziehstein dar. Leider habe ich bislang nichts über die Herkunft herausfinden können (Wastl, der kam mal von Dir – ist einer der feinsten Sandsteine die ich je gesehen habe).



Verschiedene Banksteine aus Sandstein

Über die Korngrößen von Sandsteinen zu sprechen ist schwierig. Je nach Herkunft und sogar innerhalb der Brüche gibt es hier sehr große Unterschiede. Im Allgemeinen liegen die Sandsteine bei deutlich unter 1000, etwa im Bereich zwischen 200 und 500. Es gibt aber auch gröbere Sorten und weitaus feinere, wie der oben beschriebene Jupiter, der so um die 5000 liegt nach meiner Einschätzung.