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Post by KAMON Messer on May 30, 2018 7:31:12 GMT
Danke für die Hilfestellung koraat . Was mich off topic interessieren würde: 1. Wie lange hast du den Stahl bei dem du schreibst, dass er länger Diffusionsgeglüht wurde, denn geglüht? Wie hast du ihn generell geglüht (im Härteofen, oder deinem esse artigen schmelzofen den man auf einem deiner Youtube Videos sieht, gasesse)? Und wie hast du die Kohlenstoffdiffusion an die Atmosphäre verhindert oder ist das bei einem kleinen Block zu vernachlässigen weil eh nur eine kleine randschicht entkohlt wird? 2. Liege ich da richtig in der Annahme, dass das Bild des zweiten, nicht so lange Diffusionsgeglühten Stahls, eigentlich einem wootz sehr ähnlich ist? Ich mein wenn ich das richtig verstanden habe mit dem wootz, dann will man beim wootz durch noch höhere Kohlenstoffgehalte, sehr langsamer Abkühlung und möglichst garkeiner Diffusionsglühung genau solche Strukturen "provozieren" die du bei deinem gussstahl ja versuchst zu vermeiden, richtig? jgm und kwie aus punkt 2, sofern ich das mit dem wootz richtig verstanden habe, ergibt sich, dass die Strukturen beim wootz eher dem perlit (??) ähneln und sich durch sehr hohe Unterschiede der legierungsanteile (auch Kohlenstoff) innerhalb der Struktur ergeben wobei Alloy banding eben nur sehr geringe Unterschiede in der Konzentration ausschließlich von schwer diffundierenden legierungselementen, wie zb dem von Ulrik schon erwähnten chrom, ergeben. Kohlenstoff ist bei stählen die alloy banding zeigen vermutlich sogar sehr gleichmäßig verteilt weil er viel leichter diffundiert... Könnt ich mir vorstellen 🤷♂️😅. Lg Benjamin
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Post by koraat on May 30, 2018 19:00:24 GMT
Danke für die Hilfestellung koraat . Was mich off topic interessieren würde: 1. Wie lange hast du den Stahl bei dem du schreibst, dass er länger Diffusionsgeglüht wurde, denn geglüht? Wie hast du ihn generell geglüht (im Härteofen, oder deinem esse artigen schmelzofen den man auf einem deiner Youtube Videos sieht, gasesse)? Und wie hast du die Kohlenstoffdiffusion an die Atmosphäre verhindert oder ist das bei einem kleinen Block zu vernachlässigen weil eh nur eine kleine randschicht entkohlt wird? 2. Liege ich da richtig in der Annahme, dass das Bild des zweiten, nicht so lange Diffusionsgeglühten Stahls, eigentlich einem wootz sehr ähnlich ist? Ich mein wenn ich das richtig verstanden habe mit dem wootz, dann will man beim wootz durch noch höhere Kohlenstoffgehalte, sehr langsamer Abkühlung und möglichst garkeiner Diffusionsglühung genau solche Strukturen "provozieren" die du bei deinem gussstahl ja versuchst zu vermeiden, richtig? jgm und kwie aus punkt 2, sofern ich das mit dem wootz richtig verstanden habe, ergibt sich, dass die Strukturen beim wootz eher dem perlit (??) ähneln und sich durch sehr hohe Unterschiede der legierungsanteile (auch Kohlenstoff) innerhalb der Struktur ergeben wobei Alloy banding eben nur sehr geringe Unterschiede in der Konzentration ausschließlich von schwer diffundierenden legierungselementen, wie zb dem von Ulrik schon erwähnten chrom, ergeben. Kohlenstoff ist bei stählen die alloy banding zeigen vermutlich sogar sehr gleichmäßig verteilt weil er viel leichter diffundiert... Könnt ich mir vorstellen 🤷♂️😅. Lg Benjamin Hallo Benjamin, 1) Ich habe den Gussblock damals ca. 3-4 Stunden geglüht. Ob genau diesen in der Esse oder im Härteofen, möchte ich nicht beschwören, da ich beides gemacht habe. Da der Gussblock direkt nach dem Guss extrem spröd und Rissanfällig ist, nimmt man eine gewissen Randentkohlung gerne in Kauf um quasi eine weiche Hülle zu haben in der man schmieden kann. Durch die weitere Umformung wird dieser Bereich so dünn, dass er beim späteren Schleifen entfernt wird. 2) Nein, das ist nicht richtig. Im Endeffekt sieht dieser Stahl einem unbehandelten Wootz ähnlich. Diese Strukturen hat jeder Gussstahl und natürlich auch jeder Tiegelstahl, der ja die Basis von Wootz ist. Bei Wootz sind sie nur noch stärker ausgeprägt da er viel langsamer auskühlt und mehr Zeit zur Kristallisation bleibt. Wootz muss aber ebenfalls diffusionsgeglüht werden um das spätere Muster zu erzeugen. Die dendritische Struktur wird dadurch aufgelöst und macht einer welligen Bänderung platz, ähnlich wie beim 1.3505. Da Wootz aber extrem an Kohlenstoff übersättigt ist, neigt dieser dazu sich entlang von Karbidbildnern (bei Wootz meist Vanadium in geringen Spuren) anzulagern und als Eisenkarbid auszuscheiden. Die Zonen mit erhöhtem Vanadiumgehalt sind also der Kondensationskeim für Eisenkarbid. Wenn man jetzt um die Ausscheidungstemperatur des Eisenkarbids pendelnd sehr langsam schmiedet (das sind mitunter hunderte Durchgänge) lagert sich das Eisenkarbid immer konzentrierter ab bis der Stahl aus Bändern mit niedrigerem Kohlenstoffgehalt und aus übersättigten Bändern mit enormen Karbidanteil besteht. Das ist dann die typische Wootzstruktur. Kalt hämmern wird nur soviel bringen wie du es schaffst den Stahl zu deformieren, also vermutlich nicht viel. Das ist nicht per se "schlecht" macht dir aber eigentlich nur Probleme und bringt keinen Nutzen. Übrigens würde ich nicht unterschreiben, dass Schmieden am besten ist. Es eröffnet nur die meisten Möglichkeiten. Qualitativ ist Schmieden von Hand dem Walzen und Schmieden im Stahlwerk oder Gesenkschmieden immer weit unterlegen und man muss aktiv durch eine umfangreiche Wärmebehandlung gegensteuren um ein optimales Gefüge zu erhalten. Wenn es also nicht um Werkzeuge mit Schlagbeanspruchung geht bei denen schmieden von Vorteil ist, würde ich Stockremoval als qualitativ gleichwertig ansehen. mfg Ulrik
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Post by jgm on May 30, 2018 19:38:45 GMT
Super erklärt!
Ich hab da auch nur Halbwissen aus den gelesenen Artikeln.
Gruß Jürgen
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Post by satanos on May 31, 2018 6:09:03 GMT
Wenn ich das Bild noch finden würde... kaufe an meinen 3 0815 Stählen, auch den 1.2842 bzw. K720 sogesehen nur Zeug von Böhler. Auf den ge-s grindeten Messern waren auch Linien aber eher wie in ner schnell gewachsenen Fichte. Sehr weit auseinander und auch sehr wenig Variation im Muster....
Heisst das jetzt dass der Stahl "minderwertiger" ist oder bin ich aufm falschen Dampfer?
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Post by christian on Jun 5, 2018 5:38:40 GMT
Servus,
das Thema ist sehr interessant. Ich bin darüber gestolpert als ich mich in den Amiforen herumgetrieben hab, um mich über die Wärmebehandlung vom 1.2510 einzulesen. Dort wird aber nur negativ über das Alloy Banding gesprochen.
Wenn ich das richtig verstanden habe, lassen sich solche Muster im Stahl einmal auf den Herstellungsprozess und einmal auf die Weiterverarbeitung (Schmieden, Wärmebehandlung) zurückführen. Grundsätzlich hat dieses Phänomen also keine Aussagekraft über die Qualität/Reinheit des Stahls. Vorrausgesetzt es sind keine Seigerungen oder Verunreinigungen vorhanden.
Es handelt sich also um eine ungleichmäßige Verteilung von Karbiden und/oder Legierungselementen. Aber ist man nicht immer bestrebt den Stahl so homogen wie möglich zu halten, um die besten mechanischen Eigenschaften zu erhalten?
Oben wird ja auch der Vergleich zum Damast gezogen. Dieser ist offensichtlich nicht besonders homogen. Ich glaube aber nicht, dass Damastklingen aufgrund ihrer "Inhomogenität" schlechter sind als Monostahlklingen.
Ich kann mir das so erklären, dass Alloy Banding nicht gleich Alloy Banding ist. Ich vermute, dass es auf die Art der Karbide/Legierungselemente und deren Anordnung ankommt. So wäre ein "Damastmuster" in einem Hochwertigen Stahl völlig problemlos. Kritisch wird es erst, wenn die Anordnung im Stahl zu mechanischen Problemen führen würde (Beispiel: geschmiedeter/Stockremovel Haken oder Messerspitze) oder das der Stahl zu viele Verunreinigungen hat.
Kann man das so sagen? Und noch eine Frage, die sich mir in diesem Zusammenhang gerade stellt: Ist es möglich das Muster im Damast durch z.B. exzessives Normaliesiren zu beseitigen?
Viele Grüße
Christian
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Post by suntravel on Jun 5, 2018 6:25:08 GMT
Moin Christian,
um eine gleichmäßigere Verteilung zu erreichen wäre Diffusionsglühen aus meiner Sicht der richtige Weg und danach dann normalisieren um die Kornvergröberung des Diffusionsglühen zu beseitigen.
Gruß
Uwe
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Post by christian on Jun 5, 2018 6:37:04 GMT
Danke. Das hört sich logisch an. Diffusionsglühen war mir noch kein Begriff.
Obwohl das fürs Klingenschmieden eher nur theoretisch ist, sind solche Sachverhalte zum allgemeinen Verständnis recht zuträglich. Es ist auch hochinteressant was schnöder Stahl doch für ein komplexer Werkstoff ist.
Gruß Christian
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