Stahlwahl, Schärfkonzept, Nutzungsverhalten
Feb 28, 2021 18:13:20 GMT
kup, lothar, and 3 more like this
Post by derjaeger on Feb 28, 2021 18:13:20 GMT
Es wird ja derzeit in verschiedenen Threads über die Relevanz der Stahlwahl und Schärfen vs Wetzen diskutiert, vielleicht kann man hier ja verschiedene Ansichten von Usern mit unterschiedlichen Nutzungsverhalten sammeln.
Meine lose zusammenhängenden Gedanken zur Thematik:
Ich koche ein bis zweimal am Tag, meistens für 1-6 Personen und oft mit Freunden. Für mich ist derzeit das am besten passende Konzept aus Stahl und Schärfen Carbon Weicheisen und Dick Micro. Ich habe seit über einem Jahr ein von Simon gepimptes 30cm Sabatier in fast täglicher Benutzung, wenn gekocht wird, kommt das fast immer zum Einsatz. Vorher wird immer kurz gewetzt mit Dick Micro, manchmal vorher Dickoron und manchmal danach Dick Polish. Dieses Messer habe ich seit Erhalt NIE geschärft, dennoch besteht es nach dem Wetzen alle der üblichen Schärfetests, auch Zewa schneiden, teilweise etwas hakelig, aber es geht. Das Wetzen ist fast schon zum Ritual geworden, die paar Sekunden stören mich null. Ebenfalls täglich in Benutzung ist ein 23 cm Carbon Pallares Solsona, was zum Brotschneiden für andere Kleinigkeiten zwischendurch herhalten muss, dass nehme ich in die Hand ohne Nachzudenken und gebe es auch gerne meinen Mithobbyköchen. Auch dieses Messer ist nach dem Wetzen trotz einiger Misshandlung bereit für alle Schneidaufgaben, Tomatenschneiden etc, alles gar kein Problem.
Auf der anderen Seite des Stahlspektrums habe ich zB ein von Luis gepimptes Zwilling Cermax aus ZDP 189, welches ich ab und zu benutze, das musste ich bis jetzt zwar noch nicht nachschärfen, es hat nach anfänglicher extremer Schärfe aber schon weniger bis als ein frisch gewetztes Carbonteil. Jetzt aber alle paar Wochen mal eben den Bogdan zu aktivieren und nen Touchup zu machen ist aber für mich viel mehr "Überwindung" als kurz ein paar Züge mit dem Dick Micro zu machen. Auch kann ich nicht behaupten, dass ich zwischen frisch auf dem Bogdan und mit krassen Finishern geschliffenen und frisch gewetzten Messern bei der Benutzung bezüglich der Schärfe einen substanziellen Unterschied feststellen könnte. Die anfängliche Schärfe von Messern aus hochlegierten und hochgehärteten Stählen muss also schon sehr lange anhalten, damit ich dieses Konzept als dem Wetzen gleichwertig oder überlegen ansehen kann. Allerdings hat bei mir die Schärfe eines solchen Messers nie solange angehalten, dass ich von einer Überlegenheit sprechen könnte (hatte aber auch noch nicht so viele davon).
Nun ist ja ein sehr großer Teil der hier vertretenen Messer irgendwo zwischen den Polen hochlegiert + hochgehärtet und niedriglegiert + niedriggehärtet zu verorten, wie hält man die dann sinnvoller Weise scharf und welche Daseinsberechtigung haben diese Stähle? Meine klassischen Japaner werden auf Steinen schnell scharf, aber auf dem Brett ebenso schnell "stumpf" und mit dem Wetzstahl will ich da nicht unbedingt ran. Häufig wird ja die Einschätzung geäußert, dass der Stahl egal ist, da bei Heimgebrauch das Messer eh ewig scharf bleibt. Ich kann das so für mich nicht behaupten, mein Shiro Kamo ist nach wenigen Benutzungen schon nicht mehr so scharf, dass ich gerne damit Tomaten schneide und ich würde nicht unbedingt annehmen, dass ich schlecht schärfe oder eine besonders klingenschädliche Schnitttechnik pflege. Deshalb kommen bei mir solche Messer eher selten zum Einsatz. Da ich manchmal gerne schärfe und dann die ganzen halb stumpfen Kandidaten auf die Steine kommen, mag ich ich die auch irgendwie gerne, ansonsten käme ich nur so 1-2 mal zum Schärfen meiner Messer und immer nur die misshandelten Schneidwerkzeuge aus dem Bekanntenkreis zu schärfen macht ja auch keinen Spaß.
Gibt es Stähle und dazu passende Wärmebehandlungen, die andere als die genannten Scharfhaltekonzepte möglich machen? Also zB sehr schnitthaltig aber dennoch so zäh und plastisch verformbar, dass man nach dem Schärfen für eine lange Zeit nur selten wetzen muss, wobei die Schneide dann so wenig beschädigt wird, dass wenn Wetzen nichts mehr bringt, nur ein Touchup nötig ist, damit volle Schärfe wieder da ist? Das wäre glaub ich noch eine Option, mit der ich mich sehr gut anfreunden könnte.
Für Spezialanwendungen sieht die Sache natürlich nochmal anders aus, da muss ich noch meine Vorlieben und die richtigen Techniken finden. Beispielsweise habe ich die Schneide meines neuen Debas beim Zerlegen der Karkasse einen selbsgezogenen Freilandgockels so krass zerstört, wie ich noch nie eine Schneide zuvor zerstört habe.
Gruß,
Jäger
Meine lose zusammenhängenden Gedanken zur Thematik:
Ich koche ein bis zweimal am Tag, meistens für 1-6 Personen und oft mit Freunden. Für mich ist derzeit das am besten passende Konzept aus Stahl und Schärfen Carbon Weicheisen und Dick Micro. Ich habe seit über einem Jahr ein von Simon gepimptes 30cm Sabatier in fast täglicher Benutzung, wenn gekocht wird, kommt das fast immer zum Einsatz. Vorher wird immer kurz gewetzt mit Dick Micro, manchmal vorher Dickoron und manchmal danach Dick Polish. Dieses Messer habe ich seit Erhalt NIE geschärft, dennoch besteht es nach dem Wetzen alle der üblichen Schärfetests, auch Zewa schneiden, teilweise etwas hakelig, aber es geht. Das Wetzen ist fast schon zum Ritual geworden, die paar Sekunden stören mich null. Ebenfalls täglich in Benutzung ist ein 23 cm Carbon Pallares Solsona, was zum Brotschneiden für andere Kleinigkeiten zwischendurch herhalten muss, dass nehme ich in die Hand ohne Nachzudenken und gebe es auch gerne meinen Mithobbyköchen. Auch dieses Messer ist nach dem Wetzen trotz einiger Misshandlung bereit für alle Schneidaufgaben, Tomatenschneiden etc, alles gar kein Problem.
Auf der anderen Seite des Stahlspektrums habe ich zB ein von Luis gepimptes Zwilling Cermax aus ZDP 189, welches ich ab und zu benutze, das musste ich bis jetzt zwar noch nicht nachschärfen, es hat nach anfänglicher extremer Schärfe aber schon weniger bis als ein frisch gewetztes Carbonteil. Jetzt aber alle paar Wochen mal eben den Bogdan zu aktivieren und nen Touchup zu machen ist aber für mich viel mehr "Überwindung" als kurz ein paar Züge mit dem Dick Micro zu machen. Auch kann ich nicht behaupten, dass ich zwischen frisch auf dem Bogdan und mit krassen Finishern geschliffenen und frisch gewetzten Messern bei der Benutzung bezüglich der Schärfe einen substanziellen Unterschied feststellen könnte. Die anfängliche Schärfe von Messern aus hochlegierten und hochgehärteten Stählen muss also schon sehr lange anhalten, damit ich dieses Konzept als dem Wetzen gleichwertig oder überlegen ansehen kann. Allerdings hat bei mir die Schärfe eines solchen Messers nie solange angehalten, dass ich von einer Überlegenheit sprechen könnte (hatte aber auch noch nicht so viele davon).
Nun ist ja ein sehr großer Teil der hier vertretenen Messer irgendwo zwischen den Polen hochlegiert + hochgehärtet und niedriglegiert + niedriggehärtet zu verorten, wie hält man die dann sinnvoller Weise scharf und welche Daseinsberechtigung haben diese Stähle? Meine klassischen Japaner werden auf Steinen schnell scharf, aber auf dem Brett ebenso schnell "stumpf" und mit dem Wetzstahl will ich da nicht unbedingt ran. Häufig wird ja die Einschätzung geäußert, dass der Stahl egal ist, da bei Heimgebrauch das Messer eh ewig scharf bleibt. Ich kann das so für mich nicht behaupten, mein Shiro Kamo ist nach wenigen Benutzungen schon nicht mehr so scharf, dass ich gerne damit Tomaten schneide und ich würde nicht unbedingt annehmen, dass ich schlecht schärfe oder eine besonders klingenschädliche Schnitttechnik pflege. Deshalb kommen bei mir solche Messer eher selten zum Einsatz. Da ich manchmal gerne schärfe und dann die ganzen halb stumpfen Kandidaten auf die Steine kommen, mag ich ich die auch irgendwie gerne, ansonsten käme ich nur so 1-2 mal zum Schärfen meiner Messer und immer nur die misshandelten Schneidwerkzeuge aus dem Bekanntenkreis zu schärfen macht ja auch keinen Spaß.
Gibt es Stähle und dazu passende Wärmebehandlungen, die andere als die genannten Scharfhaltekonzepte möglich machen? Also zB sehr schnitthaltig aber dennoch so zäh und plastisch verformbar, dass man nach dem Schärfen für eine lange Zeit nur selten wetzen muss, wobei die Schneide dann so wenig beschädigt wird, dass wenn Wetzen nichts mehr bringt, nur ein Touchup nötig ist, damit volle Schärfe wieder da ist? Das wäre glaub ich noch eine Option, mit der ich mich sehr gut anfreunden könnte.
Für Spezialanwendungen sieht die Sache natürlich nochmal anders aus, da muss ich noch meine Vorlieben und die richtigen Techniken finden. Beispielsweise habe ich die Schneide meines neuen Debas beim Zerlegen der Karkasse einen selbsgezogenen Freilandgockels so krass zerstört, wie ich noch nie eine Schneide zuvor zerstört habe.
Gruß,
Jäger