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Post by j1mber on Jul 4, 2021 21:31:12 GMT
Werte Freunde scharfer Messer,
ich konnte meine Messer bisher jedes mal auf die von mir gewünschte Arbeitsschärfe bringen. Auch wenn ich sie verschliffen habe, irgendwann bekam ich sie wieder hin. Meine weichen Messer lasse ich nach dem Grundschliff, mit Gratbildung auf einer ordentlich gebrauchten Atoma 600er Platte und anschließendem Abziehen auf einem Shapton 1,5k so. Das passt super für mich und hat auch genug Biss für meine Schneidarbeiten. Nun kam mir vor ein paar Tagen mein geliebtes Kasane Gyuto (ein für Versandhäuser bei Katsushige Anryu in der Schmiede hergestellte "Marke") unter. Die Flanken wollte ich auch mal wieder aufarbeiten, da die Patina an gewissen Stellen schon etwas in leichten Rost überging und ich mich erinnerte, dass um das Maximum aus einem guten Messer rauszuholen auch die Seiten des Messers bearbeitet werden sollten. Das habe ich bisher schon einige male gemacht (alle paar Monate, wenn die Microfase dann etwas zu viel wird) und kam bisher zu dem Ergebnis, dass ich Küchenkrepp gut zerteilen konnte. Ohne Ruckeln, steckenbleiben oder sonst was. Ein schöner Zugschnitt durch (ja, ich halte das Küchenkrepp schon gegen mit den Fingern). Für mich das Maximum, was ich rausholen kann.
Doch diesmal kam es nicht so. Ich begann zuerst mit dem 1,5k von Shapton, da ich meines Erachtens nicht so viel Microfase aufgebaut hatte um unter 1,5k anfangen zu müssen. Tja, denkste. Da schliff ich rum als gäb es kein morgen.. und es tat sich gar nix. Nach 15 Minuten des abwechselnden Bearbeitens der Seiten sahen diese zwar schon wieder sehr schön aus, doch an der Fase war nix zu merken. Das Messer hatte keinen Biss im Fingernagel. Das hatte es sonst schon. Gut, es musste also noch mehr weg. So kam die bereitsgenannte Diaplatte zum Einsatz. Auch nach mehrmaligem Seitenwechsel hier. Kein Ergebnis. Kein Biss im Fingernagel. Das kann es doch nicht sein. Eine gewisse Microfase war immer noch da, die aber eben "stumpf" war.
Das kann es doch nicht sein, sagte ich mir die ganze Zeit. Machte tests mit Papier - durchgefallen. Weitergeschliffen, wieder probiert. Nix getan. Nach über 1h - der 1,5k kam wieder zum Einsatz, da ich dann doch noch länger was vom Messer haben möchte und nicht alles dem Diamant schenken will - hab ich dann ganz einfach die Progression fertig gemacht, da ich das Messer am nächsten Tag für die Wokgerichtszutaten Schnibbelarbeit benutzen wollte und die Küche demensprechend noch von all den Schnibbslen und Schleifschlamm befreit werden musste. Nach dem 1,5k kam der 6k King, dann der 8k Suehiro und zu guter letzt ein Schiefer Naturstein dran, um die Microfase nochmal fein zu machen. Und siehe da, das Messer konnte plötzlich wieder. Biss war nach dem 6k schon wieder da, den Rest gab es nur noch zur Politur.
Wo liegt hier mein Fehler? Normalerweise bekomme ich bei diesem Messer (62HRC laut Hersteller) keinen Grat zu Gesicht, ergo ging mir der nicht ab. Habe ich nun nur die flanken Poliert und die Microfase aufgefrischt anstatt das ganze Messer etwas auszudünnen? Das Messer lag flach am Stein mit den Flanken. Die Diaplatte nahm ich, weil sie flach ist und ordentlich abtragen kann. Meine Steine waren alle geplant. Ich habe bis zum 6k nur die Flanken bearbeitet. Was machen ich falsch bzw. was muss ich ändern?
Beste Grüße,
j1mber
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Post by Togishi on Jul 5, 2021 7:08:08 GMT
Viel Fragen, einfache Antwort? Ja wieso nicht? Es gilt ein wichtiger Grundsatz; Stein ist nicht Stein und Messer ist nicht Messer! Ein Stein hat nicht immer die selber Wirkung auf alle Messer wie ein Messer unterschiedlich reagiert auf verschiedenen Steine. Das ist gerade eines der Interessantesten Phänomene im Sektor des Messerschleifens. Ein Togishi, also ein Schwert-polier/feger muss wissen und sehen, was für ein Stahl er in den Händen hat und dementsprechend muss er aus Erfahrung wissen, welcher Stein er für welchen Einsatz verwenden muss. Vieles muss man zu beginn testen und probieren und je länger und mehr blutige Fingerkuppen es gibt, um so reifer ist die Erfahrung Versuche dir einfach zu merken, welcher Stein mit welchem Messer am besten harmonisiert und du wirst mit der Zeit immer schneller wieder schärfe auf deine Schlitzer bringen. Grüße Fingerkuppengestählter Togishi
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Post by j1mber on Jul 5, 2021 9:24:55 GMT
Viel Fragen, einfache Antwort? Ja wieso nicht? Es gilt ein wichtiger Grundsatz; Stein ist nicht Stein und Messer ist nicht Messer! Ein Stein hat nicht immer die selber Wirkung auf alle Messer wie ein Messer unterschiedlich reagiert auf verschiedenen Steine. Das ist gerade eines der Interessantesten Phänomene im Sektor des Messerschleifens. Ein Togishi, also ein Schwert-polier/feger muss wissen und sehen, was für ein Stahl er in den Händen hat und dementsprechend muss er aus Erfahrung wissen, welcher Stein er für welchen Einsatz verwenden muss. Vieles muss man zu beginn testen und probieren und je länger und mehr blutige Fingerkuppen es gibt, um so reifer ist die Erfahrung Versuche dir einfach zu merken, welcher Stein mit welchem Messer am besten harmonisiert und du wirst mit der Zeit immer schneller wieder schärfe auf deine Schlitzer bringen. Grüße Fingerkuppengestählter Togishi Vielen Dank. Mir war das nicht bewusst. Du hast es aber schon zeimlich genau getroffen. Der 1.5k Shapton ist neu in meinem Arsenal. Evtl. funktioniert er ganz einfach, wie du das schon so gut darlegst, nicht so optimal mit dem Blauen Papierstahl. Ich versuche es nochmal mit meinem King 800 oder 1000. Mal sehen, wie es mit diesen Steinen wird. Ach ja, die blutigen Fingerkuppen, das gehört definitiv dazu. Danke nochmal für deine Antwort, werde ich mir merken.
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Post by severus on Jul 5, 2021 9:43:04 GMT
Moin j1mber, ich habe den Eindruck, du hast nichts wirklich falsch gemacht, aber du hast die falschen Erwartungen. Wenn ich deine Ausführungen richtig verstehe, wolltest du die Flanken deines Messers polieren und es gleichzeitig ausdünnen. Dazu hast du das Messer flach aufgelegt und geschliffen. Beim flachen Auflegen auf der Flanke hast du eine große zu schleifende Fläche und entsprechend geringen Abtrag. Gleichzeitig trägst du nichts an der Schneide ab, den diese ist durch die Mikrofase ja steiler. Bei flachem Auflegen musst du also sehr lange schleifen, bis du zur Schneide durchgeschliffen hast. Gleichzeitg wird die existierende Schneide durch den Schleifschlamm recht schnell stumpf. Was du beobachtet hast und für falsch hälst ist also genau das, was zu erwarten war. Meine Tipps: wenn du ausdünnen willst, tu das nicht, indem du die ganze Klinge flach auflegst und dünner schleifst. Schleife nur die letzten paar Millimeter vor der Schneide (ballig im Winkelbereich zwischen Hauptfase und Mikrofase). Wenn du einen neuen Grundschliff anlegst (was nach dem Ausdünnen ja erforderlich ist) solltest du immer bis zur Gratbildung schleifen. Der Grat ist der einzige Indikator, dass du wirklich bis zur Schneidenspitze durchgeschliffen hast. Mit deinen Vorgehen hast du wohl vermutlich wirklich vor allem die Flanken poliert, kaum ausgedünnt und zu guter letzt dann doch noch die Schneide aufgefrischt, all das mit vergleichsweise viel Aufwand. Hättest du als erstes mit grobem Stein nur die vordersten paar mm ausgedünnt, dann mit feineren Steinen die ganzen Seiten poliert, dann mit dem 1,5 k einen neuen Grundschliff bis zur Gratbildung angelegt und abschließend in der gewählten Progression verfeinert, wäre es vermutlich schneller gegangen, auf jeden Fall zielgerichteter. Viele Grüße Severus
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Post by j1mber on Aug 3, 2021 21:26:27 GMT
Vielen Dank für die Antworten. Damit werde ich beim nächsten mal deutliche besser vorankommen
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Post by andreas123 on Aug 4, 2021 14:10:50 GMT
Moin, Ich bin durch Deinen Beitrag noch nicht so richtig durchgestiegen. Mir sind kürzere Sätze lieb und ein zwei Absätze dazwischen sind für mich einfacher zu lesen . Mein Eindruck ist zunächst der, dass severus wohl den Kern erkannt hat.
Und:
Da schliff ich rum als gäb es kein morgen.. und es tat sich gar nix. Nach 15 Minuten des abwechselnden Bearbeitens der Seiten sahen diese zwar schon wieder sehr schön aus, doch an der Fase war nix zu merken. Ich glaube zwar, dass Du Dir echt Mühe gegeben hast, aber die Klingendicke kurz über der eigentlichen Schneide nicht im Blick hattest. Hast Du denn eine Lupe zum Begutachten der Schneide? Dann könntest Du mit einer einfachen Maßnahme sofort erkennen, ob Du schon an der Schneide beim "Schleifen" angekommen bist. Schneide mit Edding oder was anderem anmalen, dann anfangen zu Schleifen/Schärfen. Lupenluckilucki machen und sehen, ob die Schneide, respektive die Schneidenkante, überhaupt getroffen wurde. (Eddingfarbe weg der noch da)
LG Andreas
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Post by j1mber on Feb 20, 2022 10:20:55 GMT
Moin, Ich bin durch Deinen Beitrag noch nicht so richtig durchgestiegen. Mir sind kürzere Sätze lieb und ein zwei Absätze dazwischen sind für mich einfacher zu lesen . Mein Eindruck ist zunächst der, dass severus wohl den Kern erkannt hat.
Und:
Da schliff ich rum als gäb es kein morgen.. und es tat sich gar nix. Nach 15 Minuten des abwechselnden Bearbeitens der Seiten sahen diese zwar schon wieder sehr schön aus, doch an der Fase war nix zu merken. Ich glaube zwar, dass Du Dir echt Mühe gegeben hast, aber die Klingendicke kurz über der eigentlichen Schneide nicht im Blick hattest. Hast Du denn eine Lupe zum Begutachten der Schneide? Dann könntest Du mit einer einfachen Maßnahme sofort erkennen, ob Du schon an der Schneide beim "Schleifen" angekommen bist. Schneide mit Edding oder was anderem anmalen, dann anfangen zu Schleifen/Schärfen. Lupenluckilucki machen und sehen, ob die Schneide, respektive die Schneidenkante, überhaupt getroffen wurde. (Eddingfarbe weg der noch da)
LG Andreas
Vielen Dank. Ich werde es mir merken.
Das ist in der Tat etwas, was ich nicht im Blick hatte. Hab in der Zwischenzeit ein Taschenmikroskop, damit verfolge ich meine Schärferfolge nun immer. Bei den Rasiermessern hilft es schonmal ungemein, diese Gyuto ist seither (Datum des Anfangsposts) nicht mehr an die Steine gekommen. Wird aber mal wieder Zeit
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