|
Post by florian on Aug 21, 2023 15:54:14 GMT
Hallo zusammen,
ich bin in der glücklichen Situation, dass ich vorübergehend ein Nowi Pro bei mir zu Hause habe. Da ich sonst nur Freihand schärfe, nutze ich als feinsten Stein einen 5000er Naniwa Pro. Nach allem, was ich hier über das geführte Schleifen gelesen habe, ist es mit System sinnvoll, auch auf feinere Steine zu gehen. Ich hätte jetzt folgende Steine zur Auswahl:
1. Einen Imanishi 10000er 2. Einen Shapton 12000er
Geschliffen werden sollen damit Messer aus Aogami 2, 1.2519 und 12C28N. Die Messer sind alle recht hoch gehärtet.
Jetzt meine Frage: erreiche ich mit den beiden verfügbaren Steinen ein besseres Ergebnis als mit dem Naniwa?
Vielen Dank im Voraus für die sicher hilfreichen Antworten.
Viele Grüße
Florian
|
|
|
Post by BastlWastl on Aug 21, 2023 18:43:56 GMT
erreiche ich mit den beiden verfügbaren Steinen ein besseres Ergebnis als mit dem Naniwa? Definiere besser für dich ? Ich würde generell die von dir genannten Stahlsorten mit maximal 8k (Shapton per System) abschließen. Mehr lohnt in diesen Fällen nicht, bzw. ist Kontraproduktiv in Form von Synthetischen Abschlusssteinen. Grüße Wastl.
|
|
|
Post by florian on Aug 22, 2023 4:23:38 GMT
Hallo Wastl,
besser bedeutet für mich, dass ich eine hohe Schärfe über längere Zeit habe. Es muss nicht die extreme Schärfe sein, die lange hält, es geht mir eher um die Haltbarkeit. Aber im Grunde hast du meine Frage ja auch schon beantwortet, ich würde dann bei den 5k bleiben
|
|
|
Post by florian on Aug 22, 2023 4:25:43 GMT
Wenn du mir allerdings das kontraproduktive an feineren Steinen knapp erklären könntest, wäre ich froh. Ich erinnere dunkel hier im Forum auch mal etwas gelesen zu haben, dass dann die Haltbarkeit leidet?
|
|
|
Post by peters on Aug 22, 2023 6:53:19 GMT
Wenn man mit einem extrem feinen Stein schärft, dann ist das Messer zwar super scharf - aber es 'beisst' nicht. Die Klinge rutscht über die Tomatenhaut, ohne einzuschneiden. Wir nehmen daher nach dem super feinen Stein einen Naturstein, um die Schneide wieder leicht aufzurauhen - damit die gewünschte Bissigkeit wieder zurückkommt. Die Details, die diesem Prozedere zugrunde liegen, sind an verschiedenen Stellen (Unterforum "extreme Schärfe" befasst sich mit solchen Fragen) in aller Ausführlichkeit diskutiert worden. Ich erspare mir eine Wiederholung. Der Umweg über die super-feine (aber nicht bissige) Schneide führt wahrscheinlich zu einer Schneide mit weniger Defekten, an denen - so die bisher wissenschaftlich nicht bestätigte Theorie - der Verschleiß schneller beginnt als an den kleineren Aufrauhungen, die im Finish mit dem Naturstein aufgebracht wurden.
Eine (wiederum wissenschaftlich unbestätigte, aber plausibel klingende) Theorie besagt, dass insbesondere die scharfen Riefen, wie sie typischerweise von Diamant-Schleifmitteln verursacht werden, zu einem besonders schnellen Verschleiß an der Schneide führen. Die Natursteine sind der Gegenpol zu den Diamantschleifmitteln. Es gibt welche, die nur ganz flache Riefen erzeugen - wo dann die Bissigkeit teilweise komplett fehlen kann (Belgier, grob: je dunkler, desto schlechter). Wir bevorzugen daher gerne einen Thüringer (halbwegs gut aufzutreiben), einen Franken (schwer aufzutreiben), oder einen japanischen Stein (leicht aufzutreiben, teuer - und eine Lotterie, ob es ein guter Stein ist. Viel Mittelmaß unterwegs).
HTH & VG Peter
|
|
|
Post by BastlWastl on Aug 22, 2023 8:25:48 GMT
Wenn du mir allerdings das kontraproduktive an feineren Steinen knapp erklären könntest, wäre ich froh. Ich erinnere dunkel hier im Forum auch mal etwas gelesen zu haben, dass dann die Haltbarkeit leidet? Nun bei dem Schnittgut das ich bearbeite (Querbeet) und mit den genannten Stählen komme ich mit einem 5k Finish zu einer viel besseren Schnitthaltigkeit. Wobei der Naniwa Pro 5k schon sehr nahe am Shapton 8k dran ist. Wenn du da noch einen feineres Finish drauf machst wird insbesondere Zäh/weiches Schnittgut (Tomatenhaut/Paprika/Zwiebel) bald zum Problem. Der Grund dafür ist, die sog. Microverzahnung ist nach einem 10k oder 12k Finish kaum mehr vorhanden, die Schneide ist zwar zunächst sehr scharf aber stumpft bei Brettkontakt schnell ab. Man kann sich das so vorstellen das man mit einem 10k-12k Finish eine ca. 1my dicke Schneide erzeugt (Draufsicht) diese Klappt im Gebrauch um und man hat keine Microzahnung mehr und nur einen 3-4my dicken Stumpf, der dann sehr schnell an oben genanntem Schnittgut versagt. Bei einem 5-8k (Shapton im Speziellen bei Naniwa Super Stones ist das wieder anders) erzeugt man eine etwas breitere Schneide die aber durch Microverzahnung unterstützt wird und auch nicht so schnell nachgibt. Kann man sich so vorstellen : Nimm ein Metallsägeblatt das meinetwegen 0,5mm dick ist, unten mit Sägezahnung oben glatt. Da hat man dann in etwa (stark vereinfacht ausgedrückt!) wie wenn man eine etwas genutzte Schneide vergleicht. Die Sägeseite ist die 5k finish Seite die glatte Seite ist mit 10k bearbeitet worden. Eine Seite sägt noch die andere ist platt. Bei höher legierten Stählen (insbesondere W und V ) kann man feiner werden, somit die breite der Schneidkante bis auf theorethisch extreme 0,5-1my verdünnen (dies sollte das maximal erreichbare darstellen, da kaum ein Stahl feinere Karbide aufweist) . So eine Schneide sofern nicht zu "geschlossen" versagt dann zwar ebenso, aber die umgelegte Schneide ist immer noch Schneidfähig weil sie eben trotz Abstumpfung in einem Bereich von 1-2my incl. sägender Wirkung der Karbide noch Einsatzbereit ist. Dies funktioniert allerdings nur mit Schleifmitteln von ca. 0,5my und darunter. Der Effekt das die Schneide zu geschlossen wird tritt auch hier ein, deshalb verwendet man im Idealfall dann noch Naturstein ganz kurz ohne die Schneide wieder abzustumpfen, einzig um ihr einen gewissen Sägeeffekt zurück zu geben und Karbide freizulegen. peters war schneller . Grüße Wastl.
|
|
|
Post by isamu on Aug 22, 2023 10:53:39 GMT
Die mE besten Erklärungen ever.
Edit mit Hinweis vom Chef: "Wobei der Naniwa Pro 5k schon sehr nahe am Shapton 8k dran ist. Wenn du da noch einen feineres Finish drauf machst wird insbesondere Zäh/weiches Schnittgut (Tomatenhaut/Paprika/Zwiebel) bald zum Problem." Mit ShaptonPro 8k ist bei 1.2519 genau dieses Phänomen aufgetreten. Tomaten/-Paprikahaut hat sich tot gelacht. Bei TouchUps mit NaniwaPro 3k bzw Finish NaniwaPro 5k lacht kein Gemüse mehr in meiner Küche.
|
|
|
Post by BastlWastl on Aug 22, 2023 13:25:11 GMT
Die mE besten Erklärungen ever. Durch konkrete Fragen ergeben sich konkrete Antworten. Leider lassen sich, wie ich öfter betone und auch von Peter klar herausgestellt wurde, solche Sachverhalte nicht wissenschaftlich klären weil schlicht kein breites Interesse daran besteht, und solche Untersuchungen eine Menge Zeit und damit Geld verschleißen. Die tatsächlich wissenschaftlich oder ansatzweise so bearbeiteten Themen in der Richtung, im speziellen von Verhoeven, Larrin Thomas aber auch Science of Sharp sind leider immer ein wenig am Thema (Küchenmesser) vorbei. Ich kann leider, wie auch jeder andere Heimnutzer oder auch Profikoch, nur aus eigenen Erfahrungen schöpfen. Bei mir, durch Jahrelange Schärfarbeiten für andere und dem dazugehörigen Feedback ergibt sich aber ein klares Bild, das sich jeder regelmäßige Messernutzer (mit Verlaub das ist in der Küche tatsächlich sehr schwierig aber auch das einzig anzusetzende Maß wenn es um eben solche Messer geht) selbst machen kann. Wenn man sich intensiv mit dem Thema auseinander setzt und gleichzeitig auch viel schneidet, andere Erfahrungen mit einfließen lässt, wird beim Handschliff schnell klar das es bei Körnung 5k aufhört sinnvoll zu sein, sprich es ist zwar schärfer wenn man höher geht aber die hohe schärfe bringt nichts mehr nach ein paar schnitten. Genau das lässt sich mit (Druckkontrollierten) Systemen a la Bogdan noch ausbauen, sprich auf höhere Körnungen ausbauen. Mein Eye Opener war dieses Projekt mit koraat : Die zwei Messer waren damals für mich geschmiedet worden. Allein da wird klar, ein zwar nicht unbedingt einfach legierter Stahl, aber dennoch mit viel weniger Elementen ausgestatter Niobguss hält Kartonschneidetests viel länger (mehr als doppelt so lange!) stand als 1.2562. Genau das wird mit einem CATRA Test gemessen. Nun leider war es in der Küche mehr als anders rum. Der Niobguss ist der einzige Stahl dem ich nach wie vor eine wirklich extremere Schärfeannahme attestiere, aber Schnitthaltigkeit, leider nein. Dies nur als Beispiel zu Vergleich mit CATRA Schnitthaltigkeitstests. da liegen einfach legierte C-Stähle zwar unter W-Stählen mit mehr drin aber dennoch drunter, was auch obiges Ergebnis erklären könnte. in der realen Nutzung solcher Stähle sieht es aber ganz anders aus. Ganz einfach ausgedrückt, je weniger vorhandene Legierungselemente die Karbidbildend sind (W V mal hauptsächlich) desto leichter lässt sich ein Messer schärfen (konventionelle Mittel) , aber auch die Schnitthaltigkeit leidet. Ich ziehe für mich (und das geht immer nur individuell) die Grenze bei ca. 2,5%-3% ) . Auch klar das auch Cr Karbide bildet aber die sind selbst bei hohen Konzentrationen weniger entscheidend. Ein Standart Solinger hat mehr Legierungselemente als ein 1.2562.... Und jetzt kommt der Bogen um das wieder On Topic zu machen . Die vom TO genannten Stähle haben eben nicht diesen "hohen" Karbidbilder Anteil und sind somit mit einer dickeren Schneide besser bedient, obwohl eh schon recht fein mit 5 (per Hand) bzw. 8k mit System). Ich habe viele solcher Messer und mit der Extrem "Methodik" lassen sie sich nicht zielführend bearbeiten. Dabei behaupte ich nicht das ein 30k Finish schneller versagt (Druckkontrolliert mit Bogdan) als ein 8k Finish, aber ein "perfekt" ausgeführtes mittels 30k + Naturstein hält eben nicht enscheident länger als nur schnödes Shapton 8k Finish. Dabei geht es mir immer nur um Effizienz, weil ich eben nicht gern schärfe um Arbeitstaugliche Messer zu haben, bzw. mir im entscheidenden Moment meist die Zeit fehlt. Grüße Wastl.
|
|
|
Post by florian on Aug 23, 2023 5:01:57 GMT
Hallo, vielen Dank ersteinmal für die verständlichen und ausführlichen Erklärungen. Fürs Erste bleibe ich damit dann beim 5k. Ich habe beim drüberlesen aber auch noch ein paar Fragen, die ich nach mehr nachdenken auch gerne stellen würde.
Gruß
Florian
|
|
|
Post by BastlWastl on Sept 5, 2023 14:34:52 GMT
Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist bei der ganzen Diskussion um maximale Schärfe etc. das die tatsächlich spürbare Schärfe, also z.B.: Der Einschnitt in eine reife Kirschtomate als absolute Referenz, mit einem z.B. 30k+Natursteinfinish ähnlich gut von statten geht wie mit einem 325`er DMT "Finish"... Der einzige Unterschied ist schneiden bei Auflage (das geht seltenst (also nur mit extremsten Stählen) lange gut, wohingegen ein grobes Finish da schon mit 1mm bewegung ebenso gut durch geht. Die Schnittgüte (sprich erhalten des Saftes des Schnittgutes) ist natürlich bei weitem nicht so gut bei grobem Finish.
Dennoch würde ich als Koch schon meinen das es bei jeglicher Diskussion zum Thema extreme Schärfe zumindest mir nur um das Thema Standzeit + Robustheit der Klinge/Schneide geht. Scharf ist und bleibt für mich, ein verletzungsfreies (ohne Abrutschen!) schneiden auch in kritische Schnittgüter mit hoher Geschwindigkeit, für möglichst lange Zeit, und da ist ein feines Finsih + Naturstein bzw. bei den hier gefragten Stählen ein Shapton 8k Finish (incl Druckkontrolle) bisher das Maß aller Dinge, zumindest für mein Schneidvolumen/Brett/Technik.
Grüße Wastl.
|
|