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Post by Xerxes on Aug 31, 2018 10:41:38 GMT
Warmwalzen ist eine thermoplastische Umformung. Und die Umformung im Werk ist um ein vielfaches grösser, als das bisschen, was man in der heimischen schmiede kloppen kann. Von der Theorie her müsste der Zustand aus dem Werk also optimal sein. Wie hier gezeigt würde, ist er das bei dieser Probe nicht. Da drängt sich natürlich die Frage auf, was wurde falsch gemacht?
In der Theorie ist eine optimale thermoplastische umformung zur Einstellung eines optimalen Gefüge kein Hexenwerk. Man beginnt mit der Umformung knapp oberhalb von S-E und endet mit der Umformung knapp unter Ar3. Die so gefeinten Körner der Matrix verhindern, dass sich das Zementit schalenförmig an den grossen Korngrenzen als Korngrenzzementit ausscheidet. Zusätzlich werden die Karbide durch die Umformung gestreckt und "zertrümmert".
Leider finde ich den Beitrag von U. Gerfin nicht mehr. Aber mal angenommen es liegt ein Gefüge mit grober Matrix und Korngrenzementit vor. Dann feinen wir erst die Matrix durch ein schnelles Pendeln zwischen knapp oberhalb der oberen Härtetemperatur und Ar3. Im Anschluss lösen wir das Zementit auf, indem wir schnell bis an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und schnell abkühlen. Das sich rekristallisierende Zementit hat ja gar nicht die Möglichkeit, sich als Korngrenzzementit auszuscheiden, wenn die Matrix bereits fein ist. Im Anschluss feinen wir die Matrix erneut durch Mehrfachhärtung im unteren Härtetemperaturbereich, um sicherzugehen, dass sich beim Lösen des Zementits kein erneutes Grobkorn gebildet hat. Soviel zur Theorie.
Für mich als Hersteller ist aber in erster Linie die tatsächliche Leistungssteigerung im Gebrauch interessant. Was bringt es mir, wenn ich einen enormen Aufwand betreiben muss, nur um sagen zu können, dass das Gefüge perfekt eingestellt ist, wenn die Kunden im täglichen Gebrauch keine oder nur eine minimale Leistungssteigerung feststellen können.
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Post by BastlWastl on Aug 31, 2018 10:58:45 GMT
Zitat Xerxes : Für mich als Kunden ja auch das wichtigste! Beim 1.2562 könnte ich deine (also Jannis`s Scholz) Methode und die von Marco Guldimann mal im Vergleich sogar zu meiner und der von schanz mal testen... Habe ich eh schon lange vor, da ich je ein in etwa vergleichbares Stück da habe (also Messer in adequater Länge). Nur kann ich immer nur meine Schnitttechnik und die damit in der WB (und auch Schmiedetechnischen Unterscheidungsmerkmale) meiner Meinung nach steuerbaren Vorteile die dann irgendwie zum tragen kommen testen. Das dauert halt bei 3 verschiedenen Messern extrem lange, aber das würde ich ganz objektiv machen. Ich kann natürlich auch die von mir selbstgeschmiedete Rauslassen, weil Chancen gegen euch habe ich eh nicht . Bisher kann ich nur mit Gewissheit sagen das die Klinge von Marco etwas feinkörniger erscheint, dies aber auch nur im Bezug auf die Schärfbarkeit, bei der das Xerxes Messer einen ticken schwerer zu schärfen geht ähnlich der von Jürgen (KMS, wobei die ja nach ähnlichen Parametern abgelaufen ist). Das von mir geschmiedete verhält sich im Gegensatz wie Glas, hat hier also schonmal einen Nachteil. Gerne würde ich natürlich auch Messer aus SC125 von euch allen ( Xerxes, Marco Guldimann, schanz) testen , das würde erheblich schneller gehen . Grüße Wastl.
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Post by thundersnake on Aug 31, 2018 15:02:51 GMT
Hallo Marco,
vielen Dank dafür, sehr anschaulich!
Du schriebst: (Unter Umständen zerbröckeln auch die Karbide) Wäre das nicht erwünscht für den weiteren Fertigungsprozess?
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Post by suntravel on Aug 31, 2018 16:18:53 GMT
Warmwalzen ist eine thermoplastische Umformung. Und die Umformung im Werk ist um ein vielfaches grösser, als das bisschen, was man in der heimischen schmiede kloppen kann. Von der Theorie her müsste der Zustand aus dem Werk also optimal sein. Wie hier gezeigt würde, ist er das bei dieser Probe nicht. Da drängt sich natürlich die Frage auf, was wurde falsch gemacht? In der Theorie ist eine optimale thermoplastische umformung zur Einstellung eines optimalen Gefüge kein Hexenwerk. Man beginnt mit der Umformung knapp oberhalb von S-E und endet mit der Umformung knapp unter Ar3. Die so gefeinten Körner der Matrix verhindern, dass sich das Zementit schalenförmig an den grossen Korngrenzen als Korngrenzzementit ausscheidet. Zusätzlich werden die Karbide durch die Umformung gestreckt und "zertrümmert". Leider finde ich den Beitrag von U. Gerfin nicht mehr. Aber mal angenommen es liegt ein Gefüge mit grober Matrix und Korngrenzementit vor. Dann feinen wir erst die Matrix durch ein schnelles Pendeln zwischen knapp oberhalb der oberen Härtetemperatur und Ar3. Im Anschluss lösen wir das Zementit auf, indem wir schnell bis an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und schnell abkühlen. Das sich rekristallisierende Zementit hat ja gar nicht die Möglichkeit, sich als Korngrenzzementit auszuscheiden, wenn die Matrix bereits fein ist. Im Anschluss feinen wir die Matrix erneut durch Mehrfachhärtung im unteren Härtetemperaturbereich, um sicherzugehen, dass sich beim Lösen des Zementits kein erneutes Grobkorn gebildet hat. Soviel zur Theorie. Für mich als Hersteller ist aber in erster Linie die tatsächliche Leistungssteigerung im Gebrauch interessant. Was bringt es mir, wenn ich einen enormen Aufwand betreiben muss, nur um sagen zu können, dass das Gefüge perfekt eingestellt ist, wenn die Kunden im täglichen Gebrauch keine oder nur eine minimale Leistungssteigerung feststellen können. Von meinen bisherigen Versuchen hat sich als Hauptvorteil eines feineren Gefüges rausgestellt, das das mehr Missbrauch aushält bevor das bricht.
Die von mir bevorzugte ultimative Tomatenschärfe hat bis her noch kein Stahl, auch HAP72, V23, M390 länger als gut 1kg Gemüse gehalten, also davon nach 100kg Gemüse zerkloppen und noch HHT5 zu können sehe ich noch kein Land
Bei ner brauchbaren Gebrauchsschärfe sind die Unterschiede schon deutlicher, aber da muss sich ultraharter perfekt behandelter HighEnd Stahl dann auch von der Effektivität gegen schnell und einfach wetzbaren einfachen Stahl stellen....
also wenn ich 20 mal 5s wetzen muss oder 1x100s schärfen für die selbe Schnittmenge ist das immer noch fast ne Nullnummer, nur das 1x100s schärfen in der Herstellung/Anschaffung teurer ist
Gruß
Uwe
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Post by Marco Guldimann on Sept 2, 2018 15:20:01 GMT
Moin!
Marco Guldimann : Wirklich interessant + sehr coole Bilder ... z.B. die lamellaren Strukturen im dritten Bild kommen schön raus. Präzisionsarbeit wie n schweizer Uhrwerk. So rein interessehalber, mit was wurde denn geätzt? suntravel Dr. Rock : Vermutlich wär eine Beschränkung auf eine (oder vllt. zwei) Stahlsorten in der Tat sinnvoll. Der Vergleich Originalzustand - normalisiert vs. thermomech. umgeformt - jew. gehärtet und angelassen wär echt mal was. Hab ja in drei Wochen Prüfung und gerade stapeln sich hier im Zimmer die Bücher + Aktenordner mit Aufzeichnungen und so ganz zurechnungsfähig bin ich auch net momentan. Aber ab Ende September bin ich für allen Quatsch zu haben! LG Stefan
Hoi Stefan
Die Bilder produziere nicht ich, die sind von Herr Markus Zgraggen, ich bin nur der Auftraggeber und besuche gelegentlich das Labor:-).
Somit weiss ich nicht genau mit welchen Ätzmitteln er und seine Physiklaborantin arbeiten.
Grüsse Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 2, 2018 15:59:24 GMT
Moin moin, dazu hätte ich mal ein paar Fragen.
- Ich gehe mal davon aus, dass es der gleiche Stahl ist, der von der Fa. Lohmann für Achim Wirtz hergestellt wurde? Hast Du den Stahl von Achim bezogen? Mit 6mm ist das ja meines Wissens keine Standardabmessung? - Die Umformung im Werk ist in der Regel ja sehr groß, wenn aus einer gegossenen Bramme Blech gewalzt wird. Die thermmechanische Umformung im Werk ist also in jedem Fall größer als die, die man nachträglich in der eigenen Schmiede durchführen kann. Was meinst Du woran es liegt, dass das Gefüge im Rohmaterial nicht optimal eingestellt ist? Geschwindigkeit der Umformung? Überzeiten/Überhitzen? - Ich verstehe nicht, warum bei übereutektoiden Stählen durch die WB nur geringe Verbesserungen zu erreichen seien sollen? Ich erinnere mich noch gut an U. Gerfins Ausführungen. Korngrenzzementit bei übereutektoiden (niedriglegierten) Stählen durch WB auflösen: Erst die Matrix feinen, dann mehrfach bis nah an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und im Anschluss nochmals die Matrix feinen. Wo kein Grobkorn ist, kann sich auch kein schalenförmiges Korngrenzzementit bilden. - Und zuletzt unser Diskussionsthema Nummer 1;-)) Wie ist der effektive und spürbare Leistungsgewinn im alltäglichen Gebrauch. Gruß Jannis
Hallo Jannis
- Ja, das ist der Stahl, den ich von Achim erhalten habe. Achim kennt die Bilder bereits.
- Ja, der Umformgrad ist in den Walzwerken kaum schlagbar. Ich denke, dass die Anfangsschmiedetemperatur zu hoch war, auch war evtl. die Dauer bis zur Erreichung der Temperatur etwas lange. Wichtig ist mir, dass der Umformgrad nicht mit dem eigentlichen thermomechanischen Umformen verwechselst wird. Der Umformgrad beschreibt das Verhältnis der Reduktion zum Anfangsvolumen. Das Thermomechanische Umformen ist das kontrollierte Umformen mit gleichzeitigem Wärmebehandeln.
Ein Problem bei grossen Mengen ist natürlich die Zeit welche es braucht um alles bis in den Kern auf Temp. zu bringen. (Selbiges Problem beim Erschmelzen: Je grösser die Menge, desto langsamer die Abkühlung, desto grösser die Dendriten, desto grösserer Umformgrad wird benötigt um die Karbidzeiligkeit feiner zu machen.) (Sorry für die vielen "destos" :-))
- Bei übereutektoiden niedrig legierten Stählen ist die benötigte Aktivierungsenergie der Karbide für deren Änderung höher, deswegen gelingen die Tests von Verhoeven mit seinen Stählen so gut! Es ist immer eine Frage welchen Weg man einschlagen will, will man Effektiv sein oder nicht...
U. Gerfin hat mit seinen Aussagen recht, auch hat er, glaube ich mich zu erinnern in diesem Post erwähnt, dass er auch lieber ein korrektes Schmieden empfehlen würde um diese Schritte nicht unternehmen zu müssen.
- Der Leistungsgewinn eines gut eingestellten Gefüges bedeutet für den Kunden, mehr potentielle Zähigkeit bei potentiell höherer Härte, was zu mehr potentieller Schneidleistung führen kann. (Wenn alles andere auch richtig gemacht wird) (Stahl bleibt eher Wetzbar bei 65HRC usw....)
Gruss Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 2, 2018 16:06:04 GMT
Marco Guldimann macht das ähnlich, durchschreitet A1 mehrfach und schreckt gegen Ende nicht ab, falls ich das richtig verstanden habe. Thermomechanisches bearbeiten ist imo eine Vorform des Vergütens. Ob eine folgende "normale Wärmebehandlung" die Eigenschaften verschlechtert, verbessert oder ob nichts passiert, no glue. Die Bilder sehen gut aus, der Vergleich von gehärtet aus SC125 Auslieferung und thermomechanischer Normalisierung könnte mindest in Sachen Korngröße aufklären. Interessantes Vorgehen Marco, innovativ und spannend.
JJB
Hallo Peter
Wahrscheinlich habe ich das nur falsch verstanden, ich möchte es deswegen nur hervorheben; alle meine Messer werden nach dem thermomechanischen Umformen gehärtet.
Thermomechanisches Umformen bedeutet für mich zu Schmieden und gleichzeitig zu Wärmebehandeln. Das ist eigentlich nichts neues, nur mache ich es sehr bewusst.
Gruss
Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 2, 2018 16:32:49 GMT
Warmwalzen ist eine thermoplastische Umformung. Und die Umformung im Werk ist um ein vielfaches grösser, als das bisschen, was man in der heimischen schmiede kloppen kann. Von der Theorie her müsste der Zustand aus dem Werk also optimal sein. Wie hier gezeigt würde, ist er das bei dieser Probe nicht. Da drängt sich natürlich die Frage auf, was wurde falsch gemacht? In der Theorie ist eine optimale thermoplastische umformung zur Einstellung eines optimalen Gefüge kein Hexenwerk. Man beginnt mit der Umformung knapp oberhalb von S-E und endet mit der Umformung knapp unter Ar3. Die so gefeinten Körner der Matrix verhindern, dass sich das Zementit schalenförmig an den grossen Korngrenzen als Korngrenzzementit ausscheidet. Zusätzlich werden die Karbide durch die Umformung gestreckt und "zertrümmert". Leider finde ich den Beitrag von U. Gerfin nicht mehr. Aber mal angenommen es liegt ein Gefüge mit grober Matrix und Korngrenzementit vor. Dann feinen wir erst die Matrix durch ein schnelles Pendeln zwischen knapp oberhalb der oberen Härtetemperatur und Ar3. Im Anschluss lösen wir das Zementit auf, indem wir schnell bis an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und schnell abkühlen. Das sich rekristallisierende Zementit hat ja gar nicht die Möglichkeit, sich als Korngrenzzementit auszuscheiden, wenn die Matrix bereits fein ist. Im Anschluss feinen wir die Matrix erneut durch Mehrfachhärtung im unteren Härtetemperaturbereich, um sicherzugehen, dass sich beim Lösen des Zementits kein erneutes Grobkorn gebildet hat. Soviel zur Theorie. Für mich als Hersteller ist aber in erster Linie die tatsächliche Leistungssteigerung im Gebrauch interessant. Was bringt es mir, wenn ich einen enormen Aufwand betreiben muss, nur um sagen zu können, dass das Gefüge perfekt eingestellt ist, wenn die Kunden im täglichen Gebrauch keine oder nur eine minimale Leistungssteigerung feststellen können. Genau darauf will ich ja hinaus! Wie du selber siehst ist der Aufwand enorm:
"Aber mal angenommen es liegt ein Gefüge mit grober Matrix und Korngrenzementit vor. Dann feinen wir erst die Matrix durch ein schnelles Pendeln zwischen knapp oberhalb der oberen Härtetemperatur und Ar3. Im Anschluss lösen wir das Zementit auf, indem wir schnell bis an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und schnell abkühlen. Das sich rekristallisierende Zementit hat ja gar nicht die Möglichkeit, sich als Korngrenzzementit auszuscheiden, wenn die Matrix bereits fein ist. Im Anschluss feinen wir die Matrix erneut durch Mehrfachhärtung im unteren Härtetemperaturbereich, um sicherzugehen, dass sich beim Lösen des Zementits kein erneutes Grobkorn gebildet hat."
Wie ich empfehle: Wer thermomechanisch Umformt, erspart sich das ganze oben beschriebene und macht nicht auch noch die Sandwichkonstruktion weniger leistungsbereit, da während des ganzen herum Erhitzens zu viel C-Diffusion in die Decklagen geschieht und was sonst noch alles passieren könnte... (Dies zu verhindern mittels Nickelfolie ist für mich als Allergiker keine Option).
Ich finde, dass meine Kunden bei meinen Preisen ein perfekt eingestelltes Gefüge erwarten dürfen, denn ein schlecht eingestelltes Gefüge hält kaum was aus... Das bringt mir zufriedene Kunden und ich darf meinem Forscherdrang nachkommen, ich liebe das Messerschmieden und alles was darum herum benötigt wird um seine Arbeit zu verbessern.
So schlafe ich nachts sehr gut und freue mich jeden Tag auf die Arbeit. Ja, ich bin in einer privilegierten Position, in der ich Lust darauf haben darf, mehr als das nur dem Kunden Merkbare zu bieten.
Das machst Du aus meiner Sicht mit Deinen schönen Hochleistungswerkzeugen auch nicht anders, Du bist für mich einer der Besten Messerschmiede die es gibt!
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Post by Marco Guldimann on Sept 2, 2018 16:38:52 GMT
Hallo Marco, vielen Dank dafür, sehr anschaulich! Du schriebst: (Unter Umständen zerbröckeln auch die Karbide) Wäre das nicht erwünscht für den weiteren Fertigungsprozess? Hallo Thundersnake
Wenn dieser Vorgang nicht zu stark ausgedehnt wird, bieten feine Karbide bei Benutzung viele Vorteile. Soweit ich mich an das Gespräch mit Roman Landes erinnere, gibt es eine kritische Grösse der Karbide die nicht unterschritten werden sollte, da diese aufgrund zu kleiner Bindungsenergie zur Matrix bei Belastung zu einfach herausfallen könnten...
Gruss Marco
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Post by KAMON Messer on Sept 4, 2018 7:38:32 GMT
Servus Marco Guldimann, Würdest du sagen, dass niedriges normalisieren deinem thernomechnisch umgeformten gefüge schadet und wenn ja, inwiefern? Ich frage deshalb weil mich die variable Mensch bei deiner Methode etwas irritiert/stört und ich versuchen würde diese auszuschließen oder zu minimieren. Konkret: Man kann jetzt Temperatur gesteuert schmieden um einen Teil dieser variable (Temperatur auf sicht) auszuschließen aber wie kannst du sicher sein, dass du mit dem handhmmer wirklich jede Stelle deines materials in der selben Hitze umformst? Oder machst du den Hauptteil der umforumg schon ganz zu Beginn mit dem dicken Paket aus mehreren lagen Stahl? Wenn ja dann gehst du beim schmieden auch zu Beginn nie über ~900°C? Mein Gedanke wäre, dass dir normalisieren bei niedriger Temperatur am Ende des schmiedens etwaige fehlstellen die du nicht umgeformt hast, ausgleicht. Was meinst du? So oder so... Meine Bewunderung zu deiner Arbeitsweise und deinen Wissenschaftlichen Methoden ist dir sicher aber das weißt du glaub ich eh . Lg Benjamin
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Post by Marco Guldimann on Sept 5, 2018 6:21:49 GMT
Servus Marco Guldimann , Würdest du sagen, dass niedriges normalisieren deinem thernomechnisch umgeformten gefüge schadet und wenn ja, inwiefern? Ich frage deshalb weil mich die variable Mensch bei deiner Methode etwas irritiert/stört und ich versuchen würde diese auszuschließen oder zu minimieren. Konkret: Man kann jetzt Temperatur gesteuert schmieden um einen Teil dieser variable (Temperatur auf sicht) auszuschließen aber wie kannst du sicher sein, dass du mit dem handhmmer wirklich jede Stelle deines materials in der selben Hitze umformst? Oder machst du den Hauptteil der umforumg schon ganz zu Beginn mit dem dicken Paket aus mehreren lagen Stahl? Wenn ja dann gehst du beim schmieden auch zu Beginn nie über ~900°C? Mein Gedanke wäre, dass dir normalisieren bei niedriger Temperatur am Ende des schmiedens etwaige fehlstellen die du nicht umgeformt hast, ausgleicht. Was meinst du? So oder so... Meine Bewunderung zu deiner Arbeitsweise und deinen Wissenschaftlichen Methoden ist dir sicher aber das weißt du glaub ich eh . Lg Benjamin Hallo Benjamin
Vielen Dank für Deine sehr wichtigen Fragen! Das meine ich ernst, denn ich bemerke gerade, dass ich kaum beschrieben habe, wie wichtig das Umformwerkzeug ist!!!!!!
1. Niedriges Normalisieren schadet dem Gefüge wenig bis gar nicht, die Frage ist, wie dicht oberhalb Ac1 und wie wird erhitzt? Beim erhitzen von Sandwichaufbauten geschieht die Diffusion hin zu den Aussenlagen, was wenn immer möglich zu vermeiden sein soll. Nach Achim Wirtz ist ein erhitzen im Elektroofen (fürs Normalisieren) Zitat: "Vollkommen ungeeignet".
Dies lässt darauf schliessen, dass ein genaues erhitzen dicht oberhalb Ac1 im Schmiedefeuer sehr schwierig ist: Variable Mensch UND Technik!
2. Thermomechanisches Umformen geschieht bei mir per schnell eingestellter Friktionsspindelpresse, 60- 80 kN!! Darin eingespannt sind Gesenke welche aus gehärtetem Warmarbeitsstahl bestehen. Habe erst kürzlich diese mit neuen Radien überfräsen lassen. (VHM Highspeed-Fräsen auf einer 5-Achsen Maschine, sehr eindrücklich. Geschah in den Lehrwerkstätten LIBS für angehende Polymechaniker)
Per Handhammer, wie von Dir korrekt bemerkt, wird das Gefüge nur wenig sinnvoll beeinflusst.
3. Ja, das zur Probe verwendete Paket besteht aus 5 Lagen Sc125 und wurde bei nicht mehr als 850-890 Grad verbunden und anschliessend bei 850-680 umgeformt.
Habe ich somit weitergeholfen?
Vielen Dank für Deine netten Worte!
Grüsse Marco
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Post by christian on Sept 5, 2018 8:08:47 GMT
Vielen Dank Marco, dass Du uns einen so detaillierten Einblick in Deine Arbeitsweise gewährst. Es ist ein sehr interessantes Thema und es macht Spaß den Thread mitzuverfolgen, da hier sehr sachlich auf gehobenem Niveau diskutiert wird. Danke an alle dafür.
Gruß Christian
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Post by mmm1294 on Sept 5, 2018 14:14:48 GMT
Das ist eine wirklich spannende Diskussion, danke @marco Guldimann!
Ich frage mich jedoch, wieso ein erhitzen im Elektroofen für das Normalisieren "völlig ungeeignet" sein sollte? Zudem stellt sich mir die Frage, ob man denn um den High-End-Wahn auch in letzter Konsequenz zu verfolgen, nicht mit induktiver Erwärmung zum Härten arbeiten sollte?
Desweiteren wäre es mal interessant zu sehen, wie das Gefüge bei z.B. 1.2562 aussieht, nachdem du es thermomechanisch behandelt hast. Vor allem würde mich ein Vergleich zwischen deiner thermomechanischen Behandlung sowieso einer Behandlung bei normalen Temperaturen zum Feuerschweißen (sagen wir mal 1150°C) interssieren - evtl. ergeben sich andere Gefügeveränderungen bei höher legierten Stählen und höherer Temperatur?
Grüße, Marius
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Post by christian on Sept 6, 2018 7:40:07 GMT
Ich denke das bezieht sich auf mehrlagige Klingen mit kohlenstoffärmeren Außenlagen. Bei Monostahlklingen wirds relativ egal sein. Im Elektroofen dauert es eben etwas bis das Material bis in den Kern durch erhitzt wird. Das Abkühlen dauert ebenso etwas. Ich glaube mal gelesen zu haben, dass man das am besten mit zwei Salzbädern macht. Dabei ist die wärmeübertragung durch das Salz viel besser als im Elektroofen. Durch die beiden Bäder kann schnell gependelt werden.
Da Marco die Temperaturen genannt hat bei denen umgeformt wird vermute ich, dass das nicht jeder Stahl mit macht. Der 1.2510 ist z.B. sehr empfindlich was das Kaltschmieden betrifft und es kann sehr schnell zu Rissen kommen. Der 1.2562 enthält ebenfalls etwas Mangan (0,3%), was die Durchhärtbarkeit steigert und zumindest beim 1.2510 (1,2% Mn) dazu führt, dass er beim abkühlen an der Luft zu härten beginnt. Sollte das beim 1.2562 genau so sein, kann ich mir vorstellen, dass er dieser Behandlung nicht unterzogen werden kann. Aber das ist nur eine Vermutung.
Viele Grüße
Christian
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Post by KAMON Messer on Sept 6, 2018 10:30:16 GMT
Servus Marco Guldimann , Würdest du sagen, dass niedriges normalisieren deinem thernomechnisch umgeformten gefüge schadet und wenn ja, inwiefern? Ich frage deshalb weil mich die variable Mensch bei deiner Methode etwas irritiert/stört und ich versuchen würde diese auszuschließen oder zu minimieren. Konkret: Man kann jetzt Temperatur gesteuert schmieden um einen Teil dieser variable (Temperatur auf sicht) auszuschließen aber wie kannst du sicher sein, dass du mit dem handhmmer wirklich jede Stelle deines materials in der selben Hitze umformst? Oder machst du den Hauptteil der umforumg schon ganz zu Beginn mit dem dicken Paket aus mehreren lagen Stahl? Wenn ja dann gehst du beim schmieden auch zu Beginn nie über ~900°C? Mein Gedanke wäre, dass dir normalisieren bei niedriger Temperatur am Ende des schmiedens etwaige fehlstellen die du nicht umgeformt hast, ausgleicht. Was meinst du? So oder so... Meine Bewunderung zu deiner Arbeitsweise und deinen Wissenschaftlichen Methoden ist dir sicher aber das weißt du glaub ich eh . Lg Benjamin Hallo Benjamin
Vielen Dank für Deine sehr wichtigen Fragen! Das meine ich ernst, denn ich bemerke gerade, dass ich kaum beschrieben habe, wie wichtig das Umformwerkzeug ist!!!!!!
1. Niedriges Normalisieren schadet dem Gefüge wenig bis gar nicht, die Frage ist, wie dicht oberhalb Ac1 und wie wird erhitzt? Beim erhitzen von Sandwichaufbauten geschieht die Diffusion hin zu den Aussenlagen, was wenn immer möglich zu vermeiden sein soll. Nach Achim Wirtz ist ein erhitzen im Elektroofen (fürs Normalisieren) Zitat: "Vollkommen ungeeignet".
Dies lässt darauf schliessen, dass ein genaues erhitzen dicht oberhalb Ac1 im Schmiedefeuer sehr schwierig ist: Variable Mensch UND Technik!
2. Thermomechanisches Umformen geschieht bei mir per schnell eingestellter Friktionsspindelpresse, 60- 80 kN!! Darin eingespannt sind Gesenke welche aus gehärtetem Warmarbeitsstahl bestehen. Habe erst kürzlich diese mit neuen Radien überfräsen lassen. (VHM Highspeed-Fräsen auf einer 5-Achsen Maschine, sehr eindrücklich. Geschah in den Lehrwerkstätten LIBS für angehende Polymechaniker)
Per Handhammer, wie von Dir korrekt bemerkt, wird das Gefüge nur wenig sinnvoll beeinflusst.
3. Ja, das zur Probe verwendete Paket besteht aus 5 Lagen Sc125 und wurde bei nicht mehr als 850-890 Grad verbunden und anschliessend bei 850-680 umgeformt.
Habe ich somit weitergeholfen?
Vielen Dank für Deine netten Worte!
Grüsse Marco
Servus Marco, Mir ist schon einiges klarer. Auf gut deutsch ist es ein ständiges normalisieren das du während dem schmieden durchführst wobei du auch beim Feuerschweißen sehr niedrige Temperaturen ansetzt und mehr Material, in weniger Zeit, bei niedrigeren Temperaturen umformst als "gewöhnlich"... Könnte man das so sagen? 1. Dass der elektroofen völlig ungeeignet ist, wie Achim meint, verstehe ich nicht ganz. Hat er sich da nicht vielleicht auf größere Querschnitte in der Industrie bezogen? Wenn ein Messer nämlich innerhalb von 5 Minuten im Ofen auf 800°C erhitzt ist, ist meiner Ansicht nach nicht mit kornvergröberung oder Diffusion an die außenlagen oder Atmosphäre zu rechnen. Ich mein klar findet beides statt aber bestimmt nicht in schädlichem Maße bei so kurzen Zeiten und niedriger Temperatur. Optimal wäre vermutlich die salzschmelze (auch an dich mmm1294). Ausgezeichnete Wärmeleitung und demnach kürzere Zeiten im Ofen. Außerdem findet zumindest an die Atmosphäre keine Diffusion statt. Ob Induktion bei geometrisch so komplexen Dingen wie kochmessern funktionieren würde weiß ich nicht. Ich vermute aber, dass dünnere Querschnitte ziemlich schnell heiß wären und dicke eben noch nicht. Die andere Frage wäre ob man die Induktion wie einen Ofen steuern kann oder ob sich die Hitze im Material da nur durch eine Kombination aus Zeit in der Spule und Leistung zusammensetzt. Wenn dem so ist, dann ist es am Ende wieder mit der leidigen variable Mensch behaftet und eher ungeeignet 😅. 2. Deine Presse hab ich gesehen... Unglaublich das Gerät 😳. 3. Bei so niedriger Hitze Feuerschweißen... Genial. Gut jetzt weiß ich wie du die gleichmäßigkeit gewährleisten kannst und das klingt auch sinnvoll. Deine Herangehensweise ist schon sehr durchdacht. Der einzige limitierende Faktor ist eigentlich, dass du von dem großen Paket in mehr oder weniger einem Zug runter auf eine definierte materialdicke musst. Oder schmiedest du die klingen dann einzeln noch unterhalb ac1 mit dem handhammer? Find leiwand, dass du uns da so detaillierte Einblicke in deine Arbeitsweisen gewährst 👌. Lg Benjamin
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