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Post by Marco Guldimann on Sept 7, 2018 7:14:07 GMT
Das ist eine wirklich spannende Diskussion, danke @marco Guldimann! Ich frage mich jedoch, wieso ein erhitzen im Elektroofen für das Normalisieren "völlig ungeeignet" sein sollte? Zudem stellt sich mir die Frage, ob man denn um den High-End-Wahn auch in letzter Konsequenz zu verfolgen, nicht mit induktiver Erwärmung zum Härten arbeiten sollte? Desweiteren wäre es mal interessant zu sehen, wie das Gefüge bei z.B. 1.2562 aussieht, nachdem du es thermomechanisch behandelt hast. Vor allem würde mich ein Vergleich zwischen deiner thermomechanischen Behandlung sowieso einer Behandlung bei normalen Temperaturen zum Feuerschweißen (sagen wir mal 1150°C) interssieren - evtl. ergeben sich andere Gefügeveränderungen bei höher legierten Stählen und höherer Temperatur? Grüße, Marius Hallo Marius
1. "Völlig ungeeignet" könnte etwas übertrieben wirken, jedoch kann ich dem Zitat schon zustimmen. Johan van Zahnten hat dazu eine interessante Arbeit verfasst:
2. Induktives Erhitzen halte ich für sehr spannend, für die meisten von uns Messerschmieden ist die Technik noch zu teuer...
3. Vom 1.2562 habe ich auch Proben anfertigen lassen, um zu sehen wie fein das Gefüge durch thermomechanisches Umformen wird.
Falls noch andere daran interessiert sind, wäre ein neuer Thread wahrscheinlich sinnvoll!?? Evtl. hat sogar jemand anderes bereits Proben mit seiner Schmiedetechnik des 1.2562 machen lassen? Ich denke, dass die Wirkung der thermomechanischen Umformung sich positiv bei den niedrig bis mittel legierten Werkzeugstählen zeigt. Bei hochlegierten Stählen habe ich keine Erfahrung.
Grüsse Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 7, 2018 7:21:59 GMT
Ich denke das bezieht sich auf mehrlagige Klingen mit kohlenstoffärmeren Außenlagen. Bei Monostahlklingen wirds relativ egal sein. Im Elektroofen dauert es eben etwas bis das Material bis in den Kern durch erhitzt wird. Das Abkühlen dauert ebenso etwas. Ich glaube mal gelesen zu haben, dass man das am besten mit zwei Salzbädern macht. Dabei ist die wärmeübertragung durch das Salz viel besser als im Elektroofen. Durch die beiden Bäder kann schnell gependelt werden. Da Marco die Temperaturen genannt hat bei denen umgeformt wird vermute ich, dass das nicht jeder Stahl mit macht. Der 1.2510 ist z.B. sehr empfindlich was das Kaltschmieden betrifft und es kann sehr schnell zu Rissen kommen. Der 1.2562 enthält ebenfalls etwas Mangan (0,3%), was die Durchhärtbarkeit steigert und zumindest beim 1.2510 (1,2% Mn) dazu führt, dass er beim abkühlen an der Luft zu härten beginnt. Sollte das beim 1.2562 genau so sein, kann ich mir vorstellen, dass er dieser Behandlung nicht unterzogen werden kann. Aber das ist nur eine Vermutung. Viele Grüße Christian Hallo Christian
Ich behaupte, dass die niedrig bis mittel legierten Werkzeugstähle alle vorteilhaft mit meiner Technik verarbeitbar sind! Das geht aber nur weil die Kraftverhältnisse ganz im Gegensatz zu einem Lufthammer zu einem eher zeitlich verstrichenen Impuls führen.
Jeder der bereits einen Lufthammer in diesen Temp. Zonen benutzt hat weiss, dass das Werkstück beginnt zu tanzen und durch den zeitlich konzentrierten Impuls oft Mikro und Makrorisse entstehen.
Wie oben bereits erwähnt sind auch Proben vom 1.2562 vorhanden, wobei die Wirkung von thermomechanischem Umformen sehr positiv zur Geltung gebracht wurde. Neuer Thread für den 1.2562??
Grüsse Marco
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Post by woka on Sept 7, 2018 7:26:44 GMT
Ja, gerne neuer Thread zu 1.2562! Auch wenn ich nicht viel davon verstehe ist das hier aller sehr spannend zu verfolgen! Danke dafür an alle an der Diskussion Beteiligte!
Beste Grüße, woka
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Post by Banjoko on Sept 7, 2018 8:09:27 GMT
2. Thermomechanisches Umformen geschieht bei mir per schnell eingestellter Friktionsspindelpresse, 60- 80 kN!! Darin eingespannt sind Gesenke welche aus gehärtetem Warmarbeitsstahl bestehen. Habe erst kürzlich diese mit neuen Radien überfräsen lassen. (VHM Highspeed-Fräsen auf einer 5-Achsen Maschine, sehr eindrücklich. Geschah in den Lehrwerkstätten LIBS für angehende Polymechaniker)
Per Handhammer, wie von Dir korrekt bemerkt, wird das Gefüge nur wenig sinnvoll beeinflusst.
... mich würde es brennend interessieren wie sowas von außen aussieht und in welchem Zeitfenster das stattfindet. Auf Deiner Homepage habe ich glaube die Maschine mal im Bild gesehen - hättest Du zu dem Vorgang vielleicht ein Video, welches Du zeigen könntest ?
Falls Du das nicht möchtest ( vonwegen Verfahrensgeheimnis o.ä. ) so kann ich das aber auch verstehen.
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Post by suntravel on Sept 7, 2018 9:04:50 GMT
Moin Marco,
bei van Zahnten lag das Problem glaube ich in der langsamen Luftabkühlung im Ofen das das Gefüge gröber wurde.
Gruß
Uwe
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Post by Xerxes on Sept 7, 2018 19:17:07 GMT
Beim 1.2562 könnte ich deine (also Jannis`s Scholz) Methode und die von Marco Guldimann mal im Vergleich sogar zu meiner und der von schanz mal testen... Habe ich eh schon lange vor, da ich je ein in etwa vergleichbares Stück da habe (also Messer in adequater Länge).
Ein solcher Test würde nur dann Sinn machen, wenn alle anderen Parameter (Härtetemperatur, Haltezeit, Abschreckmedium etc.) gleich wären und sich die Klingen wirklich ausschließlich durch die Methode der Kornfeinung unterscheiden würden.
@ Marco: Als erstes muss ich sagen, dass ich dein Vorgehen in Anbetracht deines Konzeptes für Folgerichtig und Konsequent halte. Und die Akribie, mit der Du das Thema verfolgst, finde ich bemerkenswert. Nur was den tatsächlichen Nutzen angeht, bin ich äußerst skeptisch.
Ich zweifel nicht daran, dass es eine spürbare Leistungssteigerung zwischen einen Stahl mit dem hier gezeigten Walzgefüge und einem Stahl mit einem optimal eingestellten Gefüge gibt. Wo ich aber skeptisch bin, ist, ob man im tatsächlichen Gebrauch einen Unterschied spürt, zwischen einer Klinge, die durch Schmieden im optimalen Temperaturbereich und anschließendes Normalisieren ein sehr gutes Gefüge hat und einer Klinge, die durch deine Methode ein sehr sehr gutes Gefüge hat. Zumal jeder gewissenhafte Messerschmied das grobe Vorschmieden mit großer Umformung im oberen Schmiedetemperaturbereich und das Feinschmieden/Schlichten im unteren Schmiedetemperaturbereich durchführt, wodurch die Bildung von Korngrenzzementit sehr unwahrscheinlich ist.
Außerdem verstehe ich noch immer nicht, warum Du der Meinung bist, dass das Einstellen eines optimalen Gefüges ausschließlich durch Normalisieren nicht möglich sei?
Auch, dass ein Lufthammer zur thermoplasischen Umformung nach deiner Methode nicht geeignet sei, finde ich etwas weit hergeholt. Alles eine Frage der Gesenke und der Schmiedetechnik;-)
Und ja, die Bilder zum 1.2562 fände ich auch sehr spannend;-)
Gruß Jannis
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Post by Marco Guldimann on Sept 7, 2018 21:06:04 GMT
2. Thermomechanisches Umformen geschieht bei mir per schnell eingestellter Friktionsspindelpresse, 60- 80 kN!! Darin eingespannt sind Gesenke welche aus gehärtetem Warmarbeitsstahl bestehen. Habe erst kürzlich diese mit neuen Radien überfräsen lassen. (VHM Highspeed-Fräsen auf einer 5-Achsen Maschine, sehr eindrücklich. Geschah in den Lehrwerkstätten LIBS für angehende Polymechaniker)
Per Handhammer, wie von Dir korrekt bemerkt, wird das Gefüge nur wenig sinnvoll beeinflusst.
... mich würde es brennend interessieren wie sowas von außen aussieht und in welchem Zeitfenster das stattfindet. Auf Deiner Homepage habe ich glaube die Maschine mal im Bild gesehen - hättest Du zu dem Vorgang vielleicht ein Video, welches Du zeigen könntest ?
Falls Du das nicht möchtest ( vonwegen Verfahrensgeheimnis o.ä. ) so kann ich das aber auch verstehen.
Hallo Banjoko
Das Video zeigt, wie ich vor 5 Jahren damit gearbeitet habe! Habe nun viel dazugelernt und die Maschine optimiert, sodass sie wesentlich mehr Kadenz hat als auf dem Video ersichtlich. Und die Gesenke natürlich:-)...
Grüsse Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 7, 2018 21:14:15 GMT
Moin Marco, bei van Zahnten lag das Problem glaube ich in der langsamen Luftabkühlung im Ofen das das Gefüge gröber wurde. Gruß Uwe Hoi Uwe
Ja das stimmt sicherlich. Ergänzend würde ich sagen, dass die Wirksamkeit mittels Elektroofen zu Normalisiern sehr begrenzt ist.
Ich zitiere Achim Wirtz: "Die Dinger sind in Sachen Temperaturwechsel, Temperaturmessung und damit erforderlicher Reaktionsgeschwindigkeit bei unseren so dünnen Werkstücken einfach zu lahm."
Gruss Marco
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Post by Marco Guldimann on Sept 7, 2018 21:59:25 GMT
Beim 1.2562 könnte ich deine (also Jannis`s Scholz) Methode und die von Marco Guldimann mal im Vergleich sogar zu meiner und der von schanz mal testen... Habe ich eh schon lange vor, da ich je ein in etwa vergleichbares Stück da habe (also Messer in adequater Länge).
Ein solcher Test würde nur dann Sinn machen, wenn alle anderen Parameter (Härtetemperatur, Haltezeit, Abschreckmedium etc.) gleich wären und sich die Klingen wirklich ausschließlich durch die Methode der Kornfeinung unterscheiden würden.
@ Marco: Als erstes muss ich sagen, dass ich dein Vorgehen in Anbetracht deines Konzeptes für Folgerichtig und Konsequent halte. Und die Akribie, mit der Du das Thema verfolgst, finde ich bemerkenswert. Nur was den tatsächlichen Nutzen angeht, bin ich äußerst skeptisch.
Ich zweifel nicht daran, dass es eine spürbare Leistungssteigerung zwischen einen Stahl mit dem hier gezeigten Walzgefüge und einem Stahl mit einem optimal eingestellten Gefüge gibt. Wo ich aber skeptisch bin, ist, ob man im tatsächlichen Gebrauch einen Unterschied spürt, zwischen einer Klinge, die durch Schmieden im optimalen Temperaturbereich und anschließendes Normalisieren ein sehr gutes Gefüge hat und einer Klinge, die durch deine Methode ein sehr sehr gutes Gefüge hat. Zumal jeder gewissenhafte Messerschmied das grobe Vorschmieden mit großer Umformung im oberen Schmiedetemperaturbereich und das Feinschmieden/Schlichten im unteren Schmiedetemperaturbereich durchführt, wodurch die Bildung von Korngrenzzementit sehr unwahrscheinlich ist.
Außerdem verstehe ich noch immer nicht, warum Du der Meinung bist, dass das Einstellen eines optimalen Gefüges ausschließlich durch Normalisieren nicht möglich sei?
Auch, dass ein Lufthammer zur thermoplasischen Umformung nach deiner Methode nicht geeignet sei, finde ich etwas weit hergeholt. Alles eine Frage der Gesenke und der Schmiedetechnik;-)
Und ja, die Bilder zum 1.2562 fände ich auch sehr spannend;-)
Gruß Jannis
Hallo Jannis
Bezüglich der Tests, stimme ich dir absolut zu!!
Messbarer Mehrwert des feinen Gefüges:
Deine Skepsis ist absolut verständlich, weil zu viele Variablen unbekannt sind um sagen zu können welches der beiden Verfahren nun einen merkbareren Unterschied liefert. Ein sehr gutes Gefüge gegen ein sehr gutes Gefüge wird leistungstechnisch kaum Unterschiede zu tage fördern:-).
Ich glaube, dass es viele Wege nach Rom gibt. Ich proklamiere meine Vorgehensweise nicht als die alleinig richtige und das habe ich auch nie!
Es ist lediglich meine Art und meine Möglichkeiten in meiner bescheidenen Werkstatt volles Potential auszunutzen.
Um beide Verfahren gegenüber stell-bar zu machen, müssen die Variablen bekannt sein.
Denn was bedeutet nun "optimaler Temperaturbereich" und wie wurde nun "Normalisiert"? Und es müssten Proben angefertigt werden. Wenn die Bilder der beiden Methoden gegenüber gestellt werden und Unterschiede feststellbar sind, dann wird das mit gröberem Austenitkorn, mit gröberen weniger gut verteilten Karbiden schneller Versagen. Ob es nun von jedem einzelnen Menschen bemerkbar ist, welches der beiden Proben nun das mit dem besseren Gefüge ist, wage ich genauso zu bezweifeln. Ein Vergleich: Nicht jeder Mensch ist in der Lage den aromatischen Unterschied zwischen Haselnüssen aus der Türkei und den Haselnüssen vom Piemont "LA NOCCIOLA PIEMONTE I.G.P." zu bemerken. Weil nicht Jeder über die nötige Geschmackssensibilität verfügt! Ich bin übrigens ein grosser Fan der Variante aus dem Piemont:-).
Ausschliessliches Normalisieren: Zuerst muss geklärt werden was Optimal bedeutet. Dann muss die Methode des Normalisierens bekannt sein.
Wenn es darum geht das bestmögliche Gefüge zu erreichen, dann bin ich skeptisch, dass dies über ausschliessliches Normalisieren möglich ist.
Ein ausschliessliches Normalisieren hat begrenzte Wirksamkeit weil die Umwandlungen zu träge geschehen. Je rascher und intensiver umgewandelt wird, desto mehr Keime werden gebildet, an deren die Austenitkörner zu wachsen beginnen. Das selbe mit dem Pendelglühen, dort werden Korngrössen ASTM E112 von max. 11 erreicht, weil die Umwandlung zu träge geschieht und die gröberen Karbide kaum angelöst werden sondern nur die umwandlungsfreudigen kleineren, da diese wesentlich weniger Aktivierungsenergie benötigen... Am Besten es werden Proben gemacht!
Lufthammer: Gerne lasse ich mich von dir überzeugen, wäre sowieso cool sich mal zu treffen!
Ich bin mit meiner Spindelpresse nicht gerade ein Experte für Lufthämmer:-).
Die paar Male auf den Dingern haben halt meine Meinung gebildet.
(Tiefe Temp. führen zum Hüpfen des Werkstücks und der Impuls bleibt zeitlich sehr kurz und kräftig.) Passende Gesenke können sicherlich viel wettmachen, das ist nachvollziehbar.
Grüsse Marco
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