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Post by Marco Guldimann on Aug 28, 2018 20:41:38 GMT
Wie im B-S-C Thread erwähnt, möchte ich euch die metallurgischen Aufnahmen des SC125 zeigen.
Es ging mir darum, den Ausgangszustand (Roh) sowie den Endzustand des Stahls durch thermomechanischer Umformung zu kennen. Die folgenden Bilder zeigen, dass ein dem Werkstoff angepasstes Umformen ein feineres Gefüge bereitstellt als es ab "Werk" möglich ist. Somit wage ich die Behauptung, dass Messer welche durch ausschliessliches Stockremoval-Verfahren hergestellt werden, kaum das volle Potential des Werkstoffes nutzen können.
Das Ausgangsmaterial (Roh) hatte folgende Abmessungen: 50mm Breite und 6mm Dicke, die Länge weiss ich nicht mehr genau. (ca. 270mm)
Für die Proben des thermomechanischen Umformens, habe ich von dieser Stange 5 Stück zu 50mm Breite abgetrennt, diese blank geschliffen, aufeinander gestapelt und per TIG-Schweissung zugeklebt. Die Idee dahinter ist die, dass je grösser der Abwalzgrad / Umformgrad, desto homogener sind die Gefügebestandteile verteilt. (Unter Umständen zerbröckeln auch die Karbide)
Dieses so umgeformte Paket habe ich anschliessend zu einem weiteren Kundenmesser weiterverarbeitet. Diese Bilder folgen mitte September...
Bild 1 zeigt den Rohzustand, hier sind Karbidzeilen ersichtlich:
Bild 2 zeigt den Rohzustand, hier ist das Karbidnetzwerk ersichtlich:
Bild 3 zeigt den Rohzustand, hier ist der Korngrenzenzementit usw. von nahem zu sehen:
Bild 4 zeigt die thermomechanisch umgeformte Probe, kein Korngrenzenzementit ersichtlich:
Bild 5 zeigt die thermomechanisch umgeformte Probe, sehr feine und homogen verteilte Karbide:
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Post by suntravel on Aug 29, 2018 6:33:21 GMT
Moin Marco, sehr interessant. Ähnliche Verfeinerungen kann man aber auch ohne Umformen, nur durch eine angepasste WB bekommen: kochmalscharf.freeforums.net/post/81813Wäre interessant wie der SC125 sich da im Vergleich zum umformen verändert. Gruß Uwe
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Post by Kozuka on Aug 29, 2018 7:14:41 GMT
Das ist selbst für jemanden wie mich interessant, der absolut nichts mit der Verarbeitung von Stahl zu tun hat.
Vielen Dank dafür!
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Post by Marco Guldimann on Aug 29, 2018 7:22:38 GMT
Hoi Uwe Ähnlich ist ein dehnbarer Begriff:-). Der Vergleich zwischen solch unterschiedlichen Stählen halte ich für wenig sinnvoll.(Eutektoid gegen übereutektoid) Bei niedrig legierten Stählen unter 0.87% C ist per WB vieles möglich. Auch im Verhoeven ausführlich erwähnt; S.115. Sobald jedoch mehr C drin ist, ist nur noch wenig Verbesserung nur über die WB möglich. Bei Aussagen (welche noch niemand gemacht hat), dass eine Kornfeinung (vergleichbar mit meinen Proben) ausschliesslich durch WB ganz easy möglich sei, bin ich skeptisch. Bei der Untersuchung durch Stefan wurde gehärtet, interessant wäre auch der Zustand direkt nach dem Normalisieren. Ich sollte mal noch im gehärteten Zustand was zeigen... Hier ein Link zur Umrechnung der Korngrössen in my (Average Diameter): 2.bp.blogspot.com/_6sy6DITvP_s/TKbiJuZ8OrI/AAAAAAAABnI/oJEIV-kKx6Q/s1600/Blog+SEM+jadual-2.jpgMein Umformen: Korngrösse kaum mehr bestimmbar da so fein, wenn nun pessimistisch gerechnet werden würde: würde ich die Zahl 12-13 nennen. Proben von Stefan: Korngrösse zwischen 8.5 und maximal 10.5 und lange Martensitnadeln... Grüsse Marco PS: stefan Chapeau für die Probenfertigung, weiter so!
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Post by Banjoko on Aug 29, 2018 7:35:49 GMT
Ich finde das soooo spannend was hier gezeigt wird !!!
Danke vielmals !
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Post by lustikus on Aug 29, 2018 7:46:28 GMT
Wir schimpfen uns hier nicht umsonst Fachforum, da bahnt sich eine interessante Diskussion an.
Greez, lustikus
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Post by suntravel on Aug 29, 2018 8:05:45 GMT
Moin Marco, ich versuche Stefan mal zu überreden, Proben aus unterschiedlich behandeltem 102Cr6 zu fertigen Finde Deinen Ansatz mit vielen Untersuchungen und schwerem Gerät das beste aus einem Stahl zu holen sehr beachtlich. Gruß Uwe
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Post by Dr. Rock on Aug 29, 2018 9:15:28 GMT
Vielen Dank für diese sehr eindrücklichen Bilder! Ich bin sehr gespannt, wie weit wir das hier bekommen. Auf Stefan's Ätzbilder vom 1.2067 (102Cr6; entspricht ja auch dem 1.3505) bin ich auch gespannt. Derweilen mach ich meine ersten Härteversuche mit 1.2003 und 1.2235 .... burn baby burn
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Post by christian on Aug 30, 2018 5:50:54 GMT
Servus,
ich denke man sollte sich in diesem Thema auf eine Stahlsorte beschränken. Bei Stählen mit Sonderkarbiden wie dem genannten 1.3505 schaut die Sache vermutlich nochmal anders aus.
Viele Grüße
Christian
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Post by Dr. Rock on Aug 30, 2018 9:01:03 GMT
Servus, ich denke man sollte sich in diesem Thema auf eine Stahlsorte beschränken. Bei Stählen mit Sonderkarbiden wie dem genannten 1.3505 schaut die Sache vermutlich nochmal anders aus. Viele Grüße Christian
Und was wären Eure Vorschläge?
Vielleicht ist es wirklich zielführend mit einem Stahl mal anzufangen und sich in das Thema hineinzuarbeiten. Ich bin gerne dabei.
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Post by stefan on Aug 30, 2018 10:54:39 GMT
Moin!
Marco Guldimann : Wirklich interessant + sehr coole Bilder ... z.B. die lamellaren Strukturen im dritten Bild kommen schön raus. Präzisionsarbeit wie n schweizer Uhrwerk. So rein interessehalber, mit was wurde denn geätzt? suntravel Dr. Rock : Vermutlich wär eine Beschränkung auf eine (oder vllt. zwei) Stahlsorten in der Tat sinnvoll. Der Vergleich Originalzustand - normalisiert vs. thermomech. umgeformt - jew. gehärtet und angelassen wär echt mal was. Hab ja in drei Wochen Prüfung und gerade stapeln sich hier im Zimmer die Bücher + Aktenordner mit Aufzeichnungen und so ganz zurechnungsfähig bin ich auch net momentan. Aber ab Ende September bin ich für allen Quatsch zu haben! LG Stefan
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Post by Dr. Rock on Aug 30, 2018 11:11:27 GMT
.....Hab ja in drei Wochen Prüfung und gerade stapeln sich hier im Zimmer die Bücher + Aktenordner mit Aufzeichnungen und so ganz zurechnungsfähig bin ich auch net momentan. Aber ab Ende September bin ich für allen Quatsch zu haben! LG Stefan
Na dann wollen wir Dich nicht ablenken!
Ich will ja nicht, dass meine Kollegen zuviel Ärger mit der Korrektur haben
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Post by Xerxes on Aug 30, 2018 21:19:39 GMT
Moin moin,
dazu hätte ich mal ein paar Fragen.
- Ich gehe mal davon aus, dass es der gleiche Stahl ist, der von der Fa. Lohmann für Achim Wirtz hergestellt wurde? Hast Du den Stahl von Achim bezogen? Mit 6mm ist das ja meines Wissens keine Standardabmessung?
- Die Umformung im Werk ist in der Regel ja sehr groß, wenn aus einer gegossenen Bramme Blech gewalzt wird. Die thermmechanische Umformung im Werk ist also in jedem Fall größer als die, die man nachträglich in der eigenen Schmiede durchführen kann. Was meinst Du woran es liegt, dass das Gefüge im Rohmaterial nicht optimal eingestellt ist? Geschwindigkeit der Umformung? Überzeiten/Überhitzen?
- Ich verstehe nicht, warum bei übereutektoiden Stählen durch die WB nur geringe Verbesserungen zu erreichen seien sollen? Ich erinnere mich noch gut an U. Gerfins Ausführungen. Korngrenzzementit bei übereutektoiden (niedriglegierten) Stählen durch WB auflösen: Erst die Matrix feinen, dann mehrfach bis nah an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und im Anschluss nochmals die Matrix feinen. Wo kein Grobkorn ist, kann sich auch kein schalenförmiges Korngrenzzementit bilden.
- Und zuletzt unser Diskussionsthema Nummer 1;-)) Wie ist der effektive und spürbare Leistungsgewinn im alltäglichen Gebrauch.
Gruß Jannis
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Post by Peter on Aug 30, 2018 22:42:21 GMT
Vermutlich hat Lohmann den Stahl klassisch Warmgewalzt. Die Brammen oder Blöcke sind dabei Temperatumäßig deutlich über der Rekristallisation in der Austenitphase(Kornwachstum). Wie der Vorgang weitergeht wissen nur Lohmann und/oder achimw, Auslieferung weichgeglüht?
Es gibt auch thermomechanisches Walzen, dies erfolgt sowohl über, als auch unter der oben genannten Temperatur und wird geführt. Das Ganze gibt es auch noch mal mit Wasserkühlung am Ende. Ist mir nur für Baustähle bekannt, welche dann ohne weitere Vergütung verwendet werden. Das Verfahren gilt als nicht wiederholbar und von einer nachträglichen Vergütung wird meist abgeraten. Das Korn ist fein, auch feiner als normalisierend gewalzt und der Stahl belastbarer, dennoch weniger belastbar als vergütet. Soviel zu industriellen Verfahren. Marco Guldimann macht das ähnlich, durchschreitet A1 mehrfach und schreckt gegen Ende nicht ab, falls ich das richtig verstanden habe. Thermomechanisches bearbeiten ist imo eine Vorform des Vergütens. Ob eine folgende "normale Wärmebehandlung" die Eigenschaften verschlechtert, verbessert oder ob nichts passiert, no glue. Die Bilder sehen gut aus, der Vergleich von gehärtet aus SC125 Auslieferung und thermomechanischer Normalisierung könnte mindest in Sachen Korngröße aufklären. Interessantes Vorgehen Marco, innovativ und spannend.
JJB
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Post by christian on Aug 31, 2018 4:14:48 GMT
Ich erinnere mich noch gut an U. Gerfins Ausführungen. Korngrenzzementit bei übereutektoiden (niedriglegierten) Stählen durch WB auflösen: Erst die Matrix feinen, dann mehrfach bis nah an die Temperatur der vollständigen festen Lösung erwärmen und im Anschluss nochmals die Matrix feinen. Wo kein Grobkorn ist, kann sich auch kein schalenförmiges Korngrenzzementit bilden.
Gibts da einen Link?
Gruß Christian
edit: Ich hab mir gerade den Verhoeven zur Brust genommen. Dort gibt es eine interessante Tabelle. Es wurden drei Stahlsorten untersucht (1045, 1086 und 5150). Diese Stähle wurden auf 900° aufgeheizt und 15 Minuten gehalten (das gibt wohl sehr grobes Korn). Anschließend wurde 3x bei 790° vier Minuten austenitisiert und abgeschreckt. Alle drei Stähle wiesen danach ASTM-Korngrößen von 14 bzw. 15 auf. Es wurde auch der Vergleich zu einem Verfahren mit mechanischer Umformung (kalt) gezogen. Hier ließ sich ebenfalls sehr feines Korn erzielen, vergleichbar mit den nur wärmebehandelten Proben.
Wäre noch interessant, wie es bei übereutektoiden Stählen wie dem hier behandelten SC125 aussieht. Da dieser aufgrund des hohen Kohlenstoffanteils Zementit bildet vermute ich , dass es hier nicht so einfach sein wird ultrafeines Korn zu erzeugen. Dass es möglich ist hat uns Marco ja schon bewiesen.
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