PA-Berichte Sturmschwalbe Eibe und Salamander
May 10, 2019 15:24:02 GMT
flint, kiam, and 18 more like this
Post by MathiasM on May 10, 2019 15:24:02 GMT
Nabend euch allen,
long time no PA von mir. Und diesmal darf ich sogar mal wieder den Anfang machen! Also los geht’s endlich mit den Berichten zum ersten sturmschwalbe PA.
Es geht um ein Messer mit Eibengriff und rostträgem AEB-l Monostahl, sowie ein Workhorse mit experimentellem „Salamandergriff“ und 1.2419 Monostahl.
Um ein paar wichtige Disziplinen abzudecken, aber als erster nicht gleich alles vorweg zu nehmen, vergleiche ich die beiden jeweils mit sehr ähnlichen Pferden aus meinem Stall:
Den Salamander mit dem nur minimal längeren KMS und dem etwas kürzeren (knapp 220 mm nutzbare Schneide) Itinomonn Western WH und die Eibe mit einem von Uwe überarbeiteten und dunkler geätzten 230er Primus.
Los geht’s mit ein paar grundlegenden Infos und einem Vergleich der Kehlshots und Taper. Die Geometrie kann gerne jemand anders vermessen, das gehört nicht zu meinen Spezialitäten
Salamander Workhorse | Eibe Userfriendly | |
Höhe am Kehl | 50 mm | 49,5 mm |
Schneidenlänge | 237 mm | 238 mm |
Gewicht | 215 g | 165 g |
Schwerpunkt vor dem Kehl | ~3,5 cm | 4 cm |
Ansprechende Messer! Ich mag ja seit längerem am liebsten Messer mit Schmiedehaut, aber Mikes Messer fand ich schon letztes Jahr in Köln gut für ausschließlich mit dem Bandschleifer gemacht. Man sieht ihnen an, dass sie handgemacht sind und er großen Wert darauf legt, dass die Griffe bequem sind.
Bei beiden fällt die relativ hoch gezogene Spitze und ein wiegeschnittfreundliches Profil ohne extremen Flatspot auf. Das Bandschleiferfinish ist bei beiden jeweils sehr homogen und das Finish insgesamt sehr gut. @flint hätte da bestimmt was gefunden, aber ich habe keine Schnitzer entdeckt und mich sofort mit beiden wohl gefühlt. Die Fase war bei beiden sauber gesetzt. Der Salamander hatte eine minimale Patina vom diesjährigen Kölner Treffen. Beide Griffe passten für meine mittelgroßen Hände 1a mit Sternchen. Eibe gehört neben Nuss zu einem meiner absoluten „haben wollen“ Hölzer. Also hat mich der Griff besonders angesprochen. Eine sehr sehr schöne Maserung hast du da aus dem großen Stück ausgesucht! Mit 165 g sprechen wir gewichtsmäßig hier eher von einem Userfriendly und weniger einem klassischen Laser alla Ashi. Was mich sehr gefreut hat, ist der mit 4 cm weit vorne liegende Schwerpunkt.
Mein erster Eindruck vom Salamander sah so aus: oh, wirklich eine schöne Workhorse Geometrie. Boah, ist der Griff schrecklich! Anfassgefühl und Optik erinnern trotz der ergonomischen und handschmeichlerischen Form an ein viel billigeres Messer. Das sah auf den vorher von Mike gezeigten Bildern gar nicht so schlimm aus. Aber das Ganze lässt sich relativieren. Meine Freundin z.B. fand den Griff toll. Ich fahre halt sehr auf naturbelassenes Holz ab und war noch nie ein Freund von Kunststoffgriffen. Was hier noch dazu kommt ist, dass der Griff extrem leicht ist. Das verstärkt meinen ersten Eindruck. Nach ein paar Tagen hatte aber auch ich mich ziemlich schnell dran gewöhnt und bis zum Ende nicht mehr drüber nachgedacht. Ansonsten ist der Griff, wie alle zuvor von mir letztes Jahr in Köln befingerten Griffe von Mike, sehr bequem. Der Salamander ist im Vergleich zu anderen WH´s von mir mit nur 215 g ziemlich leicht. Das spürt man aber gar nicht, da es zum Großteil am sehr leichten Griff liegt. Auch der Schwerpunkt ist mit 3,5cm genau nach meinem Geschmack. Im Gegenteil finde ich, dass sich das Messer durch die genannten Punkte recht schwer anfühlt.
Vergleich der Kehlshots und Taper:
Ich beginne mit einem erhobenen Zeigefinger, falls der ein oder andere Messerneuling mitliest. Kehlshots können einen Eindruck darüber vermitteln, wie ein Messer geometrisch angelegt ist und wie gut es schneidet. Tuen sie aber oft nicht. Die Eibe ist da ein gutes Beispiel, weiterhin das KMS. Wer den Kehlshot sieht, glaubt bei letzterem nicht, was da nach vorne noch alles passiert. Stichwort Taper. Und selbst, wenn Taper und Kehlshot ein schneidfreudiges oder nicht so schneidfreudiges Messer vermitteln, kann es trotzdem gut oder schlecht schneiden (siehe Watanabe mit relativ schwach ausgeprägtem Taper und trotzdem sind die Messer geometrisch erste Sahne, da die Musik der Geometrie überwiegend zwischen Fase und Primärphase spielt). Auch das Itinomonn ist so ein Fall. Der Rücken vermittelt, dass der Spitzenbereich nicht besonders leicht schneidet. Tut er aber, da genug Höhe für eine ausgeprägte Geometrie vorhanden ist.
Eibe:
Uwe Primus:
Salamander:
KMS:
Itinomonn:
Wie man auf den ersten Blick sieht, hat die Eibe am Klingenrücken keine so dünne Spitze wie das Primus. Ansonsten haben beide besonders im vorderen Drittel einen ausgeprägten Taper.
Der Salamander lässt mich grinsen. Er hat eine astreine Workhorse Geometrie, die sich sowohl im Taper, als auch im Kehlshot wiederspiegelt. sturmschwalbe du sagtest ja schon, dass du einen guten Tag hattest und dir das erst gar nicht bewusst war. Aber so macht man das! Verdammt guter erster Versuch würde ich mal sagen. Im Vergleich hat das KMS den axtigsten Kehlshot und den brutalsten Taper, wohingegen das itinomonn den „schlechtesten“ Taper und am meisten Schneidfreude zu erwartenden Kehlshot hat. Willkommen beim Hobby Messer! Und doch nehme ich mal vorweg, dass die beiden Letztgenannten in Sachen Schneidfreude gegen den Salamander vorne liegen.
Foodrelease und Schneidfreude:
Bei Kartoffeln habe ich nur die beiden gegeneinander getestet. Hier bekommen beide aufgrund ihrer durchgängigen Balligkeit über der Schneidfase eine 1 mit Sternchen. Die Kartoffel fällt locker nach rechts weg ohne dass man schnell schneiden muss. Auch die linke Flanke klebt nicht so, wie es die Bilder vielleicht suggerieren könnten. Gleiches gilt für so ziemlich jedes Schnittgut. Auch Gurken, Möhren, Zucchini bleiben mindestens liegen und kleben nicht an den Flanken.
Eibe:
Bei hartem Schnittgut knackt es bei der Eibe auf ganzer Länge leicht. Da gehen andere Messer, auch das hier zum Vergleich herangezogene Primus, deutlich leichter und geräuschloser durch. Trotzdem zeigt sich hier, dass die Eibe ein mMn größerer Allrounder als mein Primus ist. durch die Balligkeit direkt oberhalb der Schneide hat es einen deutlich (!!) besseren FR. Z.B. bei Pastinaken hat die Eibe durch die Balligkeit und das Flankenfinish die Nase vorn. Das neu und tiefer geätzte Primus z.B. bremst sehr ordentlich nur speziell bei Pastinaken bzw. je nach Schnittgut mal mehr mal weniger. Möhren top, Pastinaken flop. Die Eibe kann aber beides gut. Ähnliches gilt für Sellerie.
Im Wiegeschnitt läuft die Eibe profilbedingt ziemlich gut. kiam , der absolute Spezialist auch die kleinste Schwäche für einen rund laufenden Wiegeschnitt zu finden, sähe Da sicherlich noch Potential nach oben. Aber das Messer ist davon ab ziemlich universell einsetzbar. Choppen ging auch ganz gut, wobei ich das mit so leichten Messern nicht so gerne mache und daher recht vorsichtig war.
Salamander:
Das Itinomonn und KMS liegen bei Möhren spürbar vorne. Der Salamander knackt und könnte vorne minimal dünner sein. Der Taper ist beim Salamander aber auch viel brutaler alla classic Workhorse. Insgesamt aber überhaupt kein Problem und es kommt Freude beim Schneiden auf. Der Salamander bremst bei Pastinaken (leicht poröse Struktur mit Klebwirkung) vorne extrem. Da schnitt er unter allen Kandidaten am schlechtesten ab. Ist er vorne zu ballig oder nicht dünn genug? Achtet darauf bitte mal liebe nachfolgenden Tester. Auch die sehr spitze Spitze bringt hier einen Nachteil, da zu wenig Höhe für eine ausgeprägte Geometrie in dem Bereich zur Verfügung steht. So wie es ist müsste es mMn nur etwas dünner sein. Bei Zwiebeln merkt man das auch finde ich. Bei Pastinaken macht das Itinomonn den besten Job. Das KMS ist nur ein kaum spürbares µ dahinter. Besonders bei hartem Schnittgut finde ich, laufen Itinomonn und KMS spürbar besser. Ich vermute die Antwort findet sich bei der etwas zu dicken bzw. zu niedrigen Spitzenpartie und auf den ersten Millimetern oberhalb der Schneide.
Im Wiegeschnitt läuft der Salamander sehr gut, aber minimal schlechter als die Eibe. Er „knallt“ minimal mehr aufs Brett.
Am Ende meines Tests hatte der Salamander schon eine recht ansehnliche stabile Patina entwickelt:
Fazit:
Tja, welches ist mein Favorit? Mike prognostizierte, dass ich den Salamander mehr nutzen und mich wegen meiner Vorliebe für schwerere Messer mit starkem Taper für den Salamander entscheiden würde. Eindeutig kann ich da nicht ja oder nein zu sagen. Tatsächlich habe ich den Salamander etwas häufiger genutzt als die Eibe. Aber letztere hat mir erstaunlich viel Freude bereitet, da sie sich wegen der guten Gesamtpackung aus Schneidfähigkeit, Foodrelease, dem Profil und schlussendlich auch sehr tollem Griff als sehr gutes Gesamtpaket herauskristallisiert hat. Den Salamander würde ich aber auch nicht von der Brettkante stupsen, obwohl er ein paar minimale Verbesserungen vertragen könnte
Bei zukünftigen Messern würde ich Mike ans Herz legen, den Spitzenbereich etwas dünner zu schleifen oder einen nicht ganz so spitzen vorderen Bereich auszuprobieren, der mit mehr Höhe in mehr Spielraum für mehr Schneidfreude resultieren würde. Das wäre ein guter Kompromiss, um keine allzu empfindliche Spitze zu bekommen, die bei dem kleinsten Fehler gleich flöten ginge. Auch auf den ersten Millimetern über der Schneide gibt es noch etwas Verbesserungsbedarf. Wir alle wissen mittlerweile, dass dort die Musik am lautesten spielt und es nicht immer einfach ist, da auf den Punkt zu einem herausragenden Ergebnis zu kommen.
Dafür, dass Mike hobbymäßig für sich Messer macht (und das noch nicht besonders lange), finde ich die beiden hier getesteten Exemplare hervorragend gut und beide brauchen sich nirgendwo neben den ganzen hauptberuflichen Messermachern zu verstecken! Das Level der Pickyness, um hier wirklich was verbesserungswürdiges zu finden, war schon hoch. Da wird noch einiges cooles kommen und ich freue mich drauf, weiter so !
Großes Potential für die nachfolgenden Tester sehe ich im Test der Schärfbarkeit und Standzeit, Begutachtung mit dem Mikroskop und genauen Geometrievermessung.
PS: Im Thread zum PA haben wir uns darauf geeinigt, dass ich die messer vor dem versand nicht nachgeschärft habe. Bissige Tomatenschärfe war zu dem Zeitpunkt schon weg, aber ich hatte keine Probleme mit den von Mike angelegten Schneiden. Nur bei der Eibe zeigten sich minimal umgelegte Stellen im vorderen bereich, die nach einer Sekunde mit dem Wetzstab vom nächsten Tester kwie beseitigt werden konnten.
Abschließend bedanke ich mich noch herzlich bei Mike für das Vertrauen und die Gelegenheit die beiden testen zu dürfen
Grüße, Mathias