Post by severus on May 19, 2019 19:23:17 GMT
Moin,
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Thread in diesem Unterforum richtig ist. Wenn nicht, mögen die Mods bitte verschieben!
Erst einmal vielen herzlichen Dank an die Firma Dick für die Bereitstellung der Geräte zum Passaround und an Wastl BastlWastl für die Organisation des PA!
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, nicht nur den Dick Titan selbst zu testen, sondern mich einmal etwas umfassender mit dem Thema Wetzstähle zu befassen. Daher habe ich ein etwas breiteres Testparcour aufgestellt. Ich werde den Dick Titan an insgesamt neun verschiedenen Messern testen und, zumindest stichprobenartig, mit verschiedenen anderen Wetzmedien vergleichen. Für den Test des ebenfalls im PA befindlichen Dick Rapid werde ich einen separaten Reviewbericht verfassen.
Hier alle beteiligten Gerätschaften:

Die beteiligten Messer sind folgende:
Nr. 1: Ein Sabatier aus Carbonstahl, das schon mehr als 30 Jahre bei mir ist. Der Stahl ist vermutlich ein C75-irgendwas und relativ niedrig gehärtet, also <= 56 HRC.

Nr. 2: Ein Kochmesser aus Solinger Fertigung mit einer Fertigklinge aus 1.4034 und einem selbstgemachten Griff. Härte ist nach Herstellerangabe 56 HRC.

Nr. 3: Ein Kochmesser aus Uddeholm AEB/L mit Griff aus Steineiche von Simon Herde simon , Härte 60 HRC. Mit dieser Klinge muss man sehr vorsichtig sein! Sie hat schon einmal Menschenfleisch geschmeckt und man muss aufpassen, dass sie sich nicht daran gewöhnt. kochmalscharf.freeforums.net/post/84974/thread

Nr. 4: Ein Petty aus SB1, ebenfalls von Simon Herde, ebenfalls 60 HRC.

Nr. 5: Ein Kochmesser von Simon Herde aus 1.2510, gehärtet von Uwe Mattern suntravel auf 65 HRC.

Nr. 6: Das Forumsmesser mit einem Griff von Simon Herde. Bekanntermaßen aus 1.2562 mit >= 65 HRC.

Nr. 7: Ein Gyuto von Ikazuchi mit Schneidlage aus Aogami super. Härteangaben für dieses konkrete Messer habe ich nicht, aber AS wird typischerweise auf 63 – 67 HRC gehärtet.

Nr. 8: Ein Kochmesser aus Böhler M390 MC von Simon Herde. Das Messer wurde von einer Härterei auf maximale Verschleißfestigkeit nach den Prozessvorgaben von Böhler gehärtet und hat 61-62 HRC.

Nr. 9: Ein Petty aus Böhler M390 MC von Simon Herde. Das Messer wurde von Uwe Mattern gehärtet und hat gemessene 67 HRC.

Hat irgendjemand den Eindruck, bestimmte Messermacher wären bei mir ungewöhnlich stark vertreten?
Die Testprozedur:
1. Vorbereitung. Alle Messer werden auf Schärfe getestet und bei Bedarf einem Touch-Up unterzogen. Um die Schärfe zu testen, werden verschiedene Verfahren angewendet: Das Schneiden eines Blatt Küchenpapier, das Schneiden eines zusammengerollten Küchenpapiers, das Streifen der Klinge über das Kopfhaar und über einen Fingernagel mit Fühlen des „Einhakens“, das Schneiden einer reifen Tomate nur mit dem Eigengewicht. Als konsistent, einfach und reproduzierbar haben sich dabei besonders das Schneiden eines Blatts Küchenpapier und der „Kopfhaar-Test“ erwiesen.




2. Abstumpfen.

Für diesen Schritt benutze ich einen Keramikstab, eine Stück dickes Rindsleder von etwa 10x4 cm und je Messer ein Papiertaschentuch. Ich ziehe jede Schneide zweimal mit leichtem Druck im rechten Winkel über den Keramikstab. Danach wurden alle Schärfetests von allen Messern nicht mehr bestanden, die Klingen sind stumpf. Das Leder nehme ich beim Abstumpfen zwischen die Zähne und beiße fest darauf, um Stöhnen und Schmerzenslaute meinerseits zu unterdrücken. Mit dem Papiertaschentuch wische ich mir nach dem Abstumpfen den Stressschweiß und die Tränen ab
.
3. Wetzen. Ich stelle den Wetzstab senkrecht auf die Spitze und fahre mit der Klinge mit wenig Druck über den Stahl. Ich mache jeweils zwei Wechselzüge (also rechts-links-rechts-links), dann teste ich die Schärfe, mache wieder zwei Züge, teste usw. Mein Messpunkt S1 ist erreicht, wenn das Messer wieder Küchenpapier schneidet, wenn auch grob und hakelnd bzw. rupfend. Gemessen wird die Anzahl der Wechselzüge bis zu diesem Punkt. Messpunkt S2 ist erreicht, wenn das Messer wieder glatt und ohne Rupfen durch Küchenpaper schneidet und beim Kopfhaartest aggressiv einhakt.
4. Verfeinern. Anschließend habe ich jedes Messer noch ein paarmal über den Dick Mikrofeinzug gezogen, um zu sehen, ob sich die Schärfe damit noch verfeinern lässt.
Hier die Ergebnisse meines Tests des DICK Titan:

Messer / S1 / S2 / Verfeinerung
1: Sabatier Carbon / 2 / 6 / +
2: Solinger 1.4034 / 4 / 6 / +
3: SH AEB/L / 2 / 4 / +
4: SH SB1 / 2 / 6 / +
5: SH 1.2510 / 2 / 4 / +
6: KMS 1.2562 / 4 / 10 / o
7: Ikazuchi AS / 2 / 8 / +
8. SH M390 @ 61 HRC / 4 / 12 / +
9: SH M390@67 HRC / 12 / 30 / o
Im zweiten Testdurchlauf habe ich statt des DICK Titan den Dick Saphirzug benutzt. Mein Wetzstahl ist die rostfreie Variante mit weißem Griff, nicht die normale Variante mit rotem Griff. Der Testablauf ist wie oben.
Messer / S1 / S2 / Verfeinerung
1: Sabatier Carbon / 6 / 10 / +
2: Solinger 1.4034 / 6 / 10 / +
3: SH AEB/L / 8 / 12 / +
4: SH SB1 / 6 / 12 / +
5: SH 1.2510 / 12 / 22 / +
6: KMS 1.2562 / 16 / 22 / o
7: Ikazuchi AS / 6 / 12 / +
8. SH M390 @ 61 HRC / 14 / 22 / +
9: SH M390@67 HRC / 30 / 60 / -
Unterschiede der Wetzstähle: Der Titan ist alles in allem deutlich schneller als der Saphirzug. Dieser Vorsprung wird umso größer, je verschleißfester der Klingenstahl wird. Beim härtesten Brocken, Messer Nr. 9, tut sich der Saphirzug schon ziemlich schwer, schafft es aber mit sehr vielen Zügen immer noch, die Schärfe wiederzuholen.
Der Saphirzug erzeugt eine etwas feiner und glattere Schärfe als der Titan. Der Schnitt durch Küchenpapier ist etwas glatter, das Einhaken ins Kopfhaar etwas aggressiver. Nach wenigen Zügen über einen feineren Stahl ist dieser Unterschied nivelliert. In der Küchenpraxis ist der feine Unterschied sowieso vernachlässigbar.
Im Weiteren habe ich stichprobenartig noch den Dickoron Superfeinzug und den IOXIO 4000 Keramikstab getestet. Hier die Ergebnisse.
Superfeinzug:
Messer / S1 / S2
1: Sabatier Carbon / 40 / 60
2: Solinger 1.4034 / 22 / 50
Hier zeigt sich bereits bei den „einfachen“ Stählen, dass dieser Wetzstahl eher nicht darauf ausgelegt ist, stumpfe Klingen wieder scharf zu wetzen, sondern darauf, scharfe Klingen scharf zu halten und allenfalls etwas aufzufrischen. Mit den deutlich abgestumpften Klingen im Test ist er überfordert. Auf weitere Tests habe ich verzichtet.
Hier die Ergebnisse für den IOXIO. Es ist die feinste Version der Keramikstäbe von IOXIO mit einer angegebenen Körnung von 4000.
Messer / S1 / S2
1: Sabatier Carbon / 12 / 22
3: SH AEB/L / 8 / 15
8. SH M390 @ 61 HRC / 20 / 40
Die Stichprobe zeigt, dass der Keramikstab von seiner Wirkung etwa in der Liga des Saphirzugs liegt. Weder ist er schneller noch gröber als dieser und insgesamt deutlich langsamer, aber auch etwas feiner als der Titan.
Erkenntnisse:
- Die verbreitete Annahme, dass sich Klingen mit einer Härte über ca. 60 HRC generell nicht wetzen lassen oder dabei die Schneide zerstört wird, ist falsch, jedenfalls, wenn man einen geeigneten Wetzstahl und eine geeignete Technik (leichte, kontrollierte Züge) verwendet. Es mag sein, dass man bei sehr spröden, fein ausgeschliffenen Klingen, wie man sie bei manchen Japanmessern findet, besser auf das Wetzen verzichtet. Einen generellen Ausschluss für sehr harte Klingen oder für Japanmesser allgemein halte ich nicht für gerechtfertigt.
- Ebenso ist die verbreitete Annahme, dass Wetzstähle nichts abtragen, sondern nur „den Grat aufrichten“ würden, offensichtlich falsch. Wäre das so, gäbe es keinen Unterschied zwischen Dick Titan und feinen Zügen und alle müssten überall die gleiche Wirkung haben. Auch zeigt die deutlich geringere Wirkung von feinen Zügen, dass der abrasive Abtrag einen erheblichen Beitrag zur Leistung eines Wetzstahls liefern kann.
- Der Saphirzug lässt sich erfolgreich auch für hoch gehärtete Klingen einsetzen. Bei hoch legierten Stählen sehr hoher Härte wird es jedoch langsam mühsam bzw. langwierig.
- Der Dick Titan wirkt aggressiv und schnell und zeigt eine gute Wirkung selbst noch bei sehr harten und abriebfesten Stählen, wo sich der Saphirzug bereits schwer tut.
- Durch Einsatz eines weiteren, feineren Stahls (hier: Mikrofeinzug) lässt sich die beim ersten Wetzen erreichte Schärfe noch verfeinern. Dieser Effekt wird geringer, je härter und höher legiert die Klinge ist.
- Gröbere Wetzstähle können auch ein abgestumpftes Messer zurückholen, während feine wirklich nur zur Schärfeerhaltung geeignet sind. (Hinweis: alle hier verwendeten Messern verfügen über eine dünne Schneide und dementsprechend eine schmale Schneidfase. Auch das Sabatier und das Solinger sind deutlich ausgedünnt. Bei dickeren Schneiden wird das Wetzen sicher deutlich mühsamer werden.)
Quintessenz
Meine persönlichen Schlussfolgerungen und Empfehlungen für den Einsatz von Wetzstählen in der Küche sehen nach diesem Test wie folgt aus:
Als Ein-Stahl-Lösung für den normalen Haushalt (nicht messeraffin, keine sehr hohen Schärfeansprüche, keine besonders sorgfältige Handhabung der Messer) würde ich den Saphirzug empfehlen. Der macht gut scharf, schafft auch mal ein etwas stumpferes Messer und kommt gut mit allen normalen, verbreiteten Messerstählen klar. Möglich wäre auch der Titan, doch Messer, die den erforderlich machen, würde ich in solchen Haushalten eher nicht erwarten.
Für den messeraffinen Haushalt sehe ich eher den Superfeinzug vorn. Dieser macht die Klinge noch etwas schärfer und glatter. Auch würde ich hier sowohl eine sorgfältigere Handhabung der Messer voraussetzen als auch ein häufigeres und früheres Wetzen, so dass die stärkere Leistung des Saphirzugs gar nicht erforderlich ist. Und wenn`s doch mal etwas mehr sein soll, verfügt man hier bestimmt über andere Mittel wie z.B. Schärfsteine.
Als Top-Lösung für den Messerfan sehe ich allerdings die Kombination aus Titan und Superfeinzug an. Dies wetzt alles zu feiner Schärfe, von stumpfen hochabriebfesten Superstählen bis zur Grabbeltischklinge. Unter Umständen reicht statt des Titan auch der Saphirzug (wie in meinem Haushalt bisher). Man muss dann halt etwas mehr wetzen und sollte nicht so lange damit warten.
Weitere Stähle sind meines Erachtens nicht erforderlich. Ein Polierstahl verfeinert die Schärfe gegenüber dem Superfeinzug nur noch in kaum bis nicht mehr merkbarer Weise. Dies merkt man allenfalls noch beim konzentrierten Testen, in der praktischen Nutzung ist es völlig irrelevant. Gröbere Züge sind ebenfalls verzichtbar. Wenn ein Messer mit einem Titan (oder Saphirzug) nicht mehr scharf wird, ist nicht ein gröberer Wetzstahl, sondern ein neuer Grundschliff auf Steinen angesagt.
Soweit mein Beitrag. Ich freue mich auf weitere Reviews mit Inhalten wie Mikroskop-Aufnahmen von gewetzten Schneiden, dem Wetzen von Japanmessern und HSS-Stählen, noch viel mehr verschiedenen Klingenstählen und und und!
Haut rein, Jungs!
Severus
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Thread in diesem Unterforum richtig ist. Wenn nicht, mögen die Mods bitte verschieben!
Erst einmal vielen herzlichen Dank an die Firma Dick für die Bereitstellung der Geräte zum Passaround und an Wastl BastlWastl für die Organisation des PA!
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, nicht nur den Dick Titan selbst zu testen, sondern mich einmal etwas umfassender mit dem Thema Wetzstähle zu befassen. Daher habe ich ein etwas breiteres Testparcour aufgestellt. Ich werde den Dick Titan an insgesamt neun verschiedenen Messern testen und, zumindest stichprobenartig, mit verschiedenen anderen Wetzmedien vergleichen. Für den Test des ebenfalls im PA befindlichen Dick Rapid werde ich einen separaten Reviewbericht verfassen.
Hier alle beteiligten Gerätschaften:

Die beteiligten Messer sind folgende:
Nr. 1: Ein Sabatier aus Carbonstahl, das schon mehr als 30 Jahre bei mir ist. Der Stahl ist vermutlich ein C75-irgendwas und relativ niedrig gehärtet, also <= 56 HRC.

Nr. 2: Ein Kochmesser aus Solinger Fertigung mit einer Fertigklinge aus 1.4034 und einem selbstgemachten Griff. Härte ist nach Herstellerangabe 56 HRC.

Nr. 3: Ein Kochmesser aus Uddeholm AEB/L mit Griff aus Steineiche von Simon Herde simon , Härte 60 HRC. Mit dieser Klinge muss man sehr vorsichtig sein! Sie hat schon einmal Menschenfleisch geschmeckt und man muss aufpassen, dass sie sich nicht daran gewöhnt. kochmalscharf.freeforums.net/post/84974/thread

Nr. 4: Ein Petty aus SB1, ebenfalls von Simon Herde, ebenfalls 60 HRC.

Nr. 5: Ein Kochmesser von Simon Herde aus 1.2510, gehärtet von Uwe Mattern suntravel auf 65 HRC.

Nr. 6: Das Forumsmesser mit einem Griff von Simon Herde. Bekanntermaßen aus 1.2562 mit >= 65 HRC.

Nr. 7: Ein Gyuto von Ikazuchi mit Schneidlage aus Aogami super. Härteangaben für dieses konkrete Messer habe ich nicht, aber AS wird typischerweise auf 63 – 67 HRC gehärtet.

Nr. 8: Ein Kochmesser aus Böhler M390 MC von Simon Herde. Das Messer wurde von einer Härterei auf maximale Verschleißfestigkeit nach den Prozessvorgaben von Böhler gehärtet und hat 61-62 HRC.

Nr. 9: Ein Petty aus Böhler M390 MC von Simon Herde. Das Messer wurde von Uwe Mattern gehärtet und hat gemessene 67 HRC.

Hat irgendjemand den Eindruck, bestimmte Messermacher wären bei mir ungewöhnlich stark vertreten?
Die Testprozedur:
1. Vorbereitung. Alle Messer werden auf Schärfe getestet und bei Bedarf einem Touch-Up unterzogen. Um die Schärfe zu testen, werden verschiedene Verfahren angewendet: Das Schneiden eines Blatt Küchenpapier, das Schneiden eines zusammengerollten Küchenpapiers, das Streifen der Klinge über das Kopfhaar und über einen Fingernagel mit Fühlen des „Einhakens“, das Schneiden einer reifen Tomate nur mit dem Eigengewicht. Als konsistent, einfach und reproduzierbar haben sich dabei besonders das Schneiden eines Blatts Küchenpapier und der „Kopfhaar-Test“ erwiesen.




2. Abstumpfen.

Für diesen Schritt benutze ich einen Keramikstab, eine Stück dickes Rindsleder von etwa 10x4 cm und je Messer ein Papiertaschentuch. Ich ziehe jede Schneide zweimal mit leichtem Druck im rechten Winkel über den Keramikstab. Danach wurden alle Schärfetests von allen Messern nicht mehr bestanden, die Klingen sind stumpf. Das Leder nehme ich beim Abstumpfen zwischen die Zähne und beiße fest darauf, um Stöhnen und Schmerzenslaute meinerseits zu unterdrücken. Mit dem Papiertaschentuch wische ich mir nach dem Abstumpfen den Stressschweiß und die Tränen ab

3. Wetzen. Ich stelle den Wetzstab senkrecht auf die Spitze und fahre mit der Klinge mit wenig Druck über den Stahl. Ich mache jeweils zwei Wechselzüge (also rechts-links-rechts-links), dann teste ich die Schärfe, mache wieder zwei Züge, teste usw. Mein Messpunkt S1 ist erreicht, wenn das Messer wieder Küchenpapier schneidet, wenn auch grob und hakelnd bzw. rupfend. Gemessen wird die Anzahl der Wechselzüge bis zu diesem Punkt. Messpunkt S2 ist erreicht, wenn das Messer wieder glatt und ohne Rupfen durch Küchenpaper schneidet und beim Kopfhaartest aggressiv einhakt.
4. Verfeinern. Anschließend habe ich jedes Messer noch ein paarmal über den Dick Mikrofeinzug gezogen, um zu sehen, ob sich die Schärfe damit noch verfeinern lässt.
Hier die Ergebnisse meines Tests des DICK Titan:

Messer / S1 / S2 / Verfeinerung
1: Sabatier Carbon / 2 / 6 / +
2: Solinger 1.4034 / 4 / 6 / +
3: SH AEB/L / 2 / 4 / +
4: SH SB1 / 2 / 6 / +
5: SH 1.2510 / 2 / 4 / +
6: KMS 1.2562 / 4 / 10 / o
7: Ikazuchi AS / 2 / 8 / +
8. SH M390 @ 61 HRC / 4 / 12 / +
9: SH M390@67 HRC / 12 / 30 / o
Im zweiten Testdurchlauf habe ich statt des DICK Titan den Dick Saphirzug benutzt. Mein Wetzstahl ist die rostfreie Variante mit weißem Griff, nicht die normale Variante mit rotem Griff. Der Testablauf ist wie oben.
Messer / S1 / S2 / Verfeinerung
1: Sabatier Carbon / 6 / 10 / +
2: Solinger 1.4034 / 6 / 10 / +
3: SH AEB/L / 8 / 12 / +
4: SH SB1 / 6 / 12 / +
5: SH 1.2510 / 12 / 22 / +
6: KMS 1.2562 / 16 / 22 / o
7: Ikazuchi AS / 6 / 12 / +
8. SH M390 @ 61 HRC / 14 / 22 / +
9: SH M390@67 HRC / 30 / 60 / -
Unterschiede der Wetzstähle: Der Titan ist alles in allem deutlich schneller als der Saphirzug. Dieser Vorsprung wird umso größer, je verschleißfester der Klingenstahl wird. Beim härtesten Brocken, Messer Nr. 9, tut sich der Saphirzug schon ziemlich schwer, schafft es aber mit sehr vielen Zügen immer noch, die Schärfe wiederzuholen.
Der Saphirzug erzeugt eine etwas feiner und glattere Schärfe als der Titan. Der Schnitt durch Küchenpapier ist etwas glatter, das Einhaken ins Kopfhaar etwas aggressiver. Nach wenigen Zügen über einen feineren Stahl ist dieser Unterschied nivelliert. In der Küchenpraxis ist der feine Unterschied sowieso vernachlässigbar.
Im Weiteren habe ich stichprobenartig noch den Dickoron Superfeinzug und den IOXIO 4000 Keramikstab getestet. Hier die Ergebnisse.
Superfeinzug:
Messer / S1 / S2
1: Sabatier Carbon / 40 / 60
2: Solinger 1.4034 / 22 / 50
Hier zeigt sich bereits bei den „einfachen“ Stählen, dass dieser Wetzstahl eher nicht darauf ausgelegt ist, stumpfe Klingen wieder scharf zu wetzen, sondern darauf, scharfe Klingen scharf zu halten und allenfalls etwas aufzufrischen. Mit den deutlich abgestumpften Klingen im Test ist er überfordert. Auf weitere Tests habe ich verzichtet.
Hier die Ergebnisse für den IOXIO. Es ist die feinste Version der Keramikstäbe von IOXIO mit einer angegebenen Körnung von 4000.
Messer / S1 / S2
1: Sabatier Carbon / 12 / 22
3: SH AEB/L / 8 / 15
8. SH M390 @ 61 HRC / 20 / 40
Die Stichprobe zeigt, dass der Keramikstab von seiner Wirkung etwa in der Liga des Saphirzugs liegt. Weder ist er schneller noch gröber als dieser und insgesamt deutlich langsamer, aber auch etwas feiner als der Titan.
Erkenntnisse:
- Die verbreitete Annahme, dass sich Klingen mit einer Härte über ca. 60 HRC generell nicht wetzen lassen oder dabei die Schneide zerstört wird, ist falsch, jedenfalls, wenn man einen geeigneten Wetzstahl und eine geeignete Technik (leichte, kontrollierte Züge) verwendet. Es mag sein, dass man bei sehr spröden, fein ausgeschliffenen Klingen, wie man sie bei manchen Japanmessern findet, besser auf das Wetzen verzichtet. Einen generellen Ausschluss für sehr harte Klingen oder für Japanmesser allgemein halte ich nicht für gerechtfertigt.
- Ebenso ist die verbreitete Annahme, dass Wetzstähle nichts abtragen, sondern nur „den Grat aufrichten“ würden, offensichtlich falsch. Wäre das so, gäbe es keinen Unterschied zwischen Dick Titan und feinen Zügen und alle müssten überall die gleiche Wirkung haben. Auch zeigt die deutlich geringere Wirkung von feinen Zügen, dass der abrasive Abtrag einen erheblichen Beitrag zur Leistung eines Wetzstahls liefern kann.
- Der Saphirzug lässt sich erfolgreich auch für hoch gehärtete Klingen einsetzen. Bei hoch legierten Stählen sehr hoher Härte wird es jedoch langsam mühsam bzw. langwierig.
- Der Dick Titan wirkt aggressiv und schnell und zeigt eine gute Wirkung selbst noch bei sehr harten und abriebfesten Stählen, wo sich der Saphirzug bereits schwer tut.
- Durch Einsatz eines weiteren, feineren Stahls (hier: Mikrofeinzug) lässt sich die beim ersten Wetzen erreichte Schärfe noch verfeinern. Dieser Effekt wird geringer, je härter und höher legiert die Klinge ist.
- Gröbere Wetzstähle können auch ein abgestumpftes Messer zurückholen, während feine wirklich nur zur Schärfeerhaltung geeignet sind. (Hinweis: alle hier verwendeten Messern verfügen über eine dünne Schneide und dementsprechend eine schmale Schneidfase. Auch das Sabatier und das Solinger sind deutlich ausgedünnt. Bei dickeren Schneiden wird das Wetzen sicher deutlich mühsamer werden.)
Quintessenz
Meine persönlichen Schlussfolgerungen und Empfehlungen für den Einsatz von Wetzstählen in der Küche sehen nach diesem Test wie folgt aus:
Als Ein-Stahl-Lösung für den normalen Haushalt (nicht messeraffin, keine sehr hohen Schärfeansprüche, keine besonders sorgfältige Handhabung der Messer) würde ich den Saphirzug empfehlen. Der macht gut scharf, schafft auch mal ein etwas stumpferes Messer und kommt gut mit allen normalen, verbreiteten Messerstählen klar. Möglich wäre auch der Titan, doch Messer, die den erforderlich machen, würde ich in solchen Haushalten eher nicht erwarten.
Für den messeraffinen Haushalt sehe ich eher den Superfeinzug vorn. Dieser macht die Klinge noch etwas schärfer und glatter. Auch würde ich hier sowohl eine sorgfältigere Handhabung der Messer voraussetzen als auch ein häufigeres und früheres Wetzen, so dass die stärkere Leistung des Saphirzugs gar nicht erforderlich ist. Und wenn`s doch mal etwas mehr sein soll, verfügt man hier bestimmt über andere Mittel wie z.B. Schärfsteine.
Als Top-Lösung für den Messerfan sehe ich allerdings die Kombination aus Titan und Superfeinzug an. Dies wetzt alles zu feiner Schärfe, von stumpfen hochabriebfesten Superstählen bis zur Grabbeltischklinge. Unter Umständen reicht statt des Titan auch der Saphirzug (wie in meinem Haushalt bisher). Man muss dann halt etwas mehr wetzen und sollte nicht so lange damit warten.
Weitere Stähle sind meines Erachtens nicht erforderlich. Ein Polierstahl verfeinert die Schärfe gegenüber dem Superfeinzug nur noch in kaum bis nicht mehr merkbarer Weise. Dies merkt man allenfalls noch beim konzentrierten Testen, in der praktischen Nutzung ist es völlig irrelevant. Gröbere Züge sind ebenfalls verzichtbar. Wenn ein Messer mit einem Titan (oder Saphirzug) nicht mehr scharf wird, ist nicht ein gröberer Wetzstahl, sondern ein neuer Grundschliff auf Steinen angesagt.
Soweit mein Beitrag. Ich freue mich auf weitere Reviews mit Inhalten wie Mikroskop-Aufnahmen von gewetzten Schneiden, dem Wetzen von Japanmessern und HSS-Stählen, noch viel mehr verschiedenen Klingenstählen und und und!
Haut rein, Jungs!
Severus